Gründer Michael Hofmann setzt mit seinem Algenladen monatlich über 50.000 Euro um.
Gründer Michael Hofmann setzt mit seinem Algenladen monatlich über 50.000 Euro um.

Wer hierzulande Algen isst, erntet häufig verwunderte bis angeekelte Blicke. Michael Hofmann will das ändern. Vor einem Jahr gründete er in Gießen gemeinsam mit Eva Timmermann und Jan Ringeis das Startup Algenladen. Mit dem Vertrieb und eigener Abfüllung von Algen-Lebensmitteln will Hofmann dazu beitragen, dass sich die Meerespflanzen auf den Tellern der Deutschen etablieren. Hofmann ist gelernter Koch, hat aber vor seinem Leben als Gründer in der IT-Abteilung eines Unternehmens gearbeitet. Jetzt hat er, wie er sagt, seine Leidenschaft zum Beruf gemacht.

Herr Hofmann, in anderen Ländern sind Algen ganz selbstverständlicher Teil des Speiseplans, in Deutschland noch nicht. Erklären Sie doch mal: Warum sollte ich Algen essen?

Zunächst einmal weil Algen gesund sind. Sie sind proteinreich, kalorienarm und fleischlos, häufig in Bio-Qualität. Zudem ist pflanzliches Eiweiß besser für den Körper als tierisches. Sie sind also ein sehr passender Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung. Außerdem ist die Umweltbilanz viel besser als bei anderen Lebensmitteln: Es werden keine Landflächen urbar gemacht, es werden weniger Treibhausgase emittiert und Algen wachsen sehr viel schneller nach als Landpflanzen.

Wie groß ist der Algenmarkt in Deutschland denn schon?

Blicken wir zunächst nach Japan, denn in Asien sind Algen ja traditionell ein normales Lebensmittel. Dort werden pro Jahr rund zwei Milliarden Euro umgesetzt. Nun hat Japan etwas mehr Einwohner als Deutschland und den dortigen Pro-Kopf-Verbrauch werden wir nicht erreichen. Aber etwas über 50 Millionen Euro pro Jahr sind auch in Deutschland drin.

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In welchen unterschiedlichen Formen kann man Algen essen?

Es gibt natürlich schon etablierte Formen wie etwa das Geliermittel Agar-Agar oder das Verdickungsmittel Carrageen. Mikroalgen, zum Beispiel Spirulina oder Chlorella, werden bereits als Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt. Damit werden in Deutschland schon jetzt über fünf Millionen Euro pro Jahr umgesetzt. Und dann gibt es noch Makroalgen, also die Arten mit Blättern, die hier noch nicht so bekannt sind, die sich aber etwa als Snack auch hervorragend eignen.

Statt Bier und Chips also bald Bier und Algen?

Das wäre schön, wobei das Bedürfnis noch geweckt werden muss. Wir müssen da in der Tat noch viel Aufklärungsarbeit leisten, aber wir spüren schon ein sehr neugieriges und innovatives Publikum. Nach Ingwer, Chia oder Couscous hat vor ein paar Jahren auch niemand verlangt und jetzt sind sie Mainstream.

Ist der Algenladen also auch eine Mission?

Algenladen.de ist schon jetzt eher eine Info-Plattform als ein reiner Online-Shop. Wir versuchen, den Verbraucher und die Alge zusammenzubringen. Unser Ziel ist es, dass es bald frische Algen in jeder Gemüse-Abteilung gibt, Algen-Gewürze in jedem Gewürzregal stehen und Algen auch in Salaten, Snacks oder Fertiggerichten integriert werden. Algen statt Pasta in der Tiefkühl-Lasagne.

Über welche Kanäle verkaufen Sie Ihre Produkte?

Wir sind inzwischen in einigen Edeka- und Karstadt-Filialen gelistet, vertreiben schon länger an einzelne Lebensmittel- und Feinkost-Händler und Kunden aus Gastronomie, Fitness und Wellness. Der Verkauf über den Online-Shop kommt noch hinzu.

Sind Sie mit dieser Vision allein?

Nein, wir stimmen uns eng mit den Produzenten sowohl der Algen als auch der Food-Innovationen ab. Die Gründung eines Branchenverbandes Algae-Food mit etwa 50 gleichgesinnten Unternehmen und Hochschulen ist der nächste Schritt. 

Sind die Wettbewerber Startups oder konkurriert der Algenladen mit großen Playern wie Nestlé oder Danone?

In Ostasien sind die Algen-Unternehmen deutlich größer als Startups, in Europa haben wir es allerdings noch mit kleinen Firmen zu tun, die ihre Produkte hauptsächlich lokal vertreiben. Gelegentlich bekommen wir Kooperationsanfragen für Produktentwicklungen von „Großen“.

Wie groß ist denn Algenladen aktuell?

Im Moment beuten nur wir drei Gründer uns selbst aus (lacht). Und was den Umsatz angeht, liegen wir aktuell bei über 50.000 Euro im Monat. Man muss dazu sagen, dass der Markt in Deutschland deutlich schwieriger ist als in anderen Ländern, weil er sehr viel strenger reguliert ist.

Bild: Algenladen