Bienen
 

Bienen sind ungebetene Gäste beim Picknick und der Gartenparty und stechen ständig? Das sind reine Vorurteile, sagt Dieter Schimanski. Er will, dass es wieder mehr Bienen in Deutschland gibt und hat vor drei Jahren Bee-Rent gegründet, ein Startup, bei dem man Bienenvölker mieten kann. Imker-Kenntnisse sind dafür nicht erforderlich – aber Appetit auf bis zu 54 Kilogramm Honig.

Bee-Rent ist Schimanskis dritte Gründung, vorher hat er die Werbeagentur KSK und das Einkaufsnetzwerk EK-Group aufgebaut. An beiden Firmen ist er noch beteiligt, seit Januar 2018 konzentriert er sich aber nur noch auf sein Bienen-Startup. In seinem Büro in Bremen arbeitet Schimanski mit zwei Angestellten, außerdem kooperiert er mit elf Imkern. 

Dass immer mehr Pestizide eingesetzt werden, ist dem Unternehmer zufolge nur ein sekundärer Grund für den Bienenmangel. Im Interview mit Gründerszene und NGIN Food erklärt er, was seiner Ansicht nach das Hauptproblem ist – und, wie sein Startup bei dessen Behebung helfen soll.

Herr Schimanski, warum gibt es in Deutschland so wenige Bienen?

Vor allem, weil in Deutschland viel zu wenige Leute Bienen halten. Das liegt aus meiner Sicht primär daran, dass es nicht sexy ist, zu imkern. Imkern ist mit viel Aufwand verbunden und körperlich harte Arbeit, und ab und zu wird man vielleicht sogar gestochen. Ich möchte Imkern sexy machen.

Wie denn das?

Attraktiv ist eine Tätigkeit insbesondere dann, wenn man damit Geld verdienen kann. Daher können Imker bei uns Franchisenehmer werden. Wir machen Marketing und Vertrieb, sie vermieten ihre Bienen, schauen regelmäßig nach ihnen und ernten am Ende den Honig. Wir arbeiten in Deutschland mit elf Imkern zusammen, die von dem Mietertrag leben können.

Und was hat der Bienenstock-Mieter davon?

Einmal im Jahr bekommt er den Honig von den gemieteten Bienen – also etwas Einzigartiges, das man so nicht kaufen kann. Und man hilft der Natur und der Wirtschaft.

Wieso hilft das Mieten eines Bienenvolkes der Wirtschaft?

Für die Wirtschaft ist die Biene das weltweit drittwichtigste Nutztier. Allein die deutschen Bienen sorgen pro Jahr für Obst und Gemüse im Wert von weit über zwei Milliarden Euro. Dazu kommt der Honig.

Kann ein einziger Bienenstock denn wirklich etwas ausrichten?

Bee-Rent-Gründer Dieter Schimanski
Bee-Rent-Gründer Dieter Schimanski

Auf jeden Fall. Ein Volk besteht aus 50.000 Bienen, wovon ungefähr 10.000 für die Bestäubung zuständig sind. Eine einzelne Biene besucht 6.000 Blüten am Tag. Bei 10.000 Bienen sind es also 60 Millionen Blüten. Das entspricht einem volkswirtschaftlichen Nutzen von über 2.000 Euro pro Jahr für ein einziges Bienenvolk. 

Mit wie viel Honig kann man bei einem gemieteten Bienenvolk rechnen?

Das fragt uns natürlich jeder Kunde, eine genaue Auskunft können wir aber nicht geben. Im vergangenen Jahr hatten wir Erträge zwischen fünf und 54 Kilo Honig pro Bienenvolk.

Müssen die Bienen-Mieter Vorkenntnisse haben?

Nein, wir übernehmen die Pflege der Bienen. 15 Mal im Jahr einen Imker durch die Wohnung gehen zu lassen, gefällt nicht jedem. Daher vermieten wir die meisten Bienen an Firmen. Das hat auch einen zweiten Grund: Das Bienenmieten kostet.

Wie viel?

Zwischen 180 und 200 Euro pro Monat, je nach Laufzeit. Angefangen habe ich mit 99 Euro pro Monat, das war aber nicht haltbar. Ich trage eine Verantwortung unseren Imkern, den Bienen und den Kunden gegenüber. Das ist nur mit höheren Preisen erfüllbar.

Wie viele Bienenstöcke haben Sie schon vermietet?

Wir haben jetzt rund 200 Bienenstöcke vermietet. Unter den Mietern sind etwa 100 Unternehmen, zum Beispiel der Drogeriemarkt dm und die G.U.T-Gruppe.

Wieso kommt Ihr Geschäftsmodell bei Unternehmen so gut an?

Viele Unternehmen wollen heute ihr Image aufbessern und pflanzen dann zum Beispiel Bäume. Wir zeigen ihnen, dass man auch mit dem Mieten von Bienen etwas Gutes tun kann. Bei den Mitarbeitern kommt das meist auch sehr gut an. Kürzlich haben wir Bienenstöcke bei einem Unternehmen mit 200 Angestellten aufgestellt. Der Geschäftsführer hatte allen Mitarbeitern freigegeben, damit sie zusehen konnten. Damit, dass tatsächlich fast die ganze Firma draußen stand, hat er nicht gerechnet.

Könnte man sich einen Bienenstock auch auf den Balkon stellen?

Ja, natürlich – sofern der Mietvertrag Tierhaltung hergibt. Man kann die Bienen einfach auf den Balkon stellen, sich daneben setzen und das Feierabendbier trinken. Allein in Berlin gibt es 700 Balkon-Imker.

Den Nachbarn dürfte es aber durchaus stören, wenn er auf dem Balkon nebenan ein Marmeladenbrot isst und sich ständig Bienen daraufsetzen.

Der Nachbar bekommt von dem Bienenvolk überhaupt nichts mit. Bienen merkt man nicht, sie interessieren sich weder für Kuchen noch Cola – das wären dann Wespen. Aus diesem Grund darf Bienenzucht, solange sie verhältnismäßig bleibt, nicht verboten werden.

Angenommen, jemand lebt in City-Lage direkt neben den Bahngleisen. Schmeckt der Honig dann überhaupt?

Stadthonig ist von der Qualität her Eins a. Die Biene kann Nektar filtern, sodass alle Schadstoffe draußen bleiben. Die Lebensbedingungen sind für Bienen in der Stadt sogar grundsätzlich besser als auf dem Land.

Wieso?

Eine Biene bewegt sich in einem Radius von drei bis fünf Kilometern um ihr Zuhause. In Städten befinden sich in diesem Umkreis eine Menge Gärten, Parks und Friedhöfe, wo zu jeder Zeit irgendetwas blüht. Auf dem Land sieht es heute durch die Monokulturen anders aus. Im Frühjahr gibt es zwar ein paar Wochen Raps ohne Ende, aber danach gleichen die Felder Wüsten. Der Honigertrag fällt dadurch auf dem Land schwächer aus.

Bild: Alessandro Rota / Contributor; Bild im Text: Bee-Rent