Bier ist eines der liebsten Getränke der Deutschen

Die Werbesprüche der Brauerei Clemens Härle aus Leutkirch im Allgäu klingen bodenständig. „Unser Bier von Hier“ zum Beispiel oder der Anspruch, das Produkt sei „bekömmlich“. Doch die letztere Behauptung hat Gottfried Härle, in vierter Generation Chef der Lokalbrauerei, viel Ärger und einen Verfahrensmarathon bis hin zum Bundesgerichtshof (BGH) eingebracht.

Der entschied am Donnerstag in letzter Instanz: Härle darf sein Bier künftig nicht mehr als „bekömmlich“ bezeichnen, auch kein anderer Brauer. Es handele sich um eine gesundheitsbezogene Angabe, die nach EU-Recht für alkoholische Getränke nicht erlaubt sei (AZ.: I ZR 252/16). 

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Damit beendeten die Richter einen seit Jahren schwelenden Streit. Der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) aus Berlin hatte vor drei Jahren eine einstweilige Verfügung gegen die Leutkircher Brauerei erwirkt und die Werbung mit dem Begriff untersagt. Die dagegen gerichtete Revision von Brauerei-Chef Gottfried Härle blieb nun auch vor dem BGH erfolglos.

Härles Anwalt hatte sich darauf berufen, der umstrittene Begriff sei Teil der deutschen Bierkultur. Schon sein Urgroßvater habe Biere als bekömmlich bezeichnet, sagte der Firmenchef. Die Richter ließen die Einwände jedoch nicht gelten.

Manche Slogans sind erlaubt

Die seit über zehn Jahren geltende Health-Claims-Verordnung soll verhindern, dass Hersteller positive gesundheitliche Wirkungen ihrer Produkte behaupten, die sie wissenschaftlich nicht belegen können. Mal hieß es in der Vergangenheit, der Genuss von Traubenzucker mache „schneller im Kopf“, mal hilft Schokolade angeblich beim Wachsen, mal stärkt Joghurt vermeintlich das Immunsystem. Viele solcher Aussagen sind vor Gericht und bei der EU-Kommission durchgefallen, weil die Hersteller die segensreichen Effekte nicht nachweisen konnten. 

Dagegen darf für den Mehrfruchtsaft „Rotbäckchen“ weiter mit den Aussagen „lernstark“ und „mit Eisen und Vitamin B-Komplex zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit“ geworben werden. Das gestattete der Bundesgerichtshof dem Hersteller Rabenhorst vor drei Jahren mit der Begründung, eine offizielle Liste mit zulässigen Nährstoffangaben enthalte Eisen, da es zur „normalen kognitiven Entwicklung“ beitrage.

Das Etikett dürfe daher den Hinweis enthalten, Eisen trage zur Konzentrationsfähigkeit und Lernstärke bei. Der Verbraucherzentrale Bundesverband, der sich auch in diesem Fall auf das Verbot gesundheitsbezogener Aussagen gestützt hatte, musste eine Niederlage hinnehmen.

Verbraucherschützer kritisieren Hintertür

Verbraucherschützer halten es für eine Schwäche der Verordnung, dass sie eine Hintertür lässt: Fügen die Hersteller Zusätze wie Vitamin C oder Mineralstoffe bei, dürfen sie auf den Etiketten legalerweise mit deren Eigenschaften werben, auch wenn das Produkt überzuckert ist oder viel Fett enthält. Für einen süßen Joghurt kann beispielsweise mit dem Spruch geworben werden, er stärke das Immunsystem, schon wenn er geringe Mengen Vitamin C enthält.

Auf dieses Mittel kann ein Bierbrauer allerdings nicht zurückgreifen, solange er sich auf das Reinheitsgebot bezieht. Die im Jahr 1516 durch Wilhelm IV. erlassene Verordnung verlangt, dass nur die Rohstoffe Wasser, Gerstenmalz und Hopfen ins Bier dürfen. Von Vitamin C oder Zinkzusätzen ist darin nicht die Rede.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Welt.de.

Bild: Philipp Guelland / Getty Images