Gründerszene-Redakteurin Elisabeth Neuhaus im Gespräch mit Marius Rodert (Katjesgreenfood), Andre Klan (Little Lunch) und Hans Stier (Urban Coffee Club) (v.l.n.r.)

Geld von der Crowd einsammeln? Gerade bei Food-Startups sind die Kampagnen eine beliebte Finanzierungsform. Denn institutionelle Investoren sind in der Branche traditionell zurückhaltend – und Banken bei Startups generell vorsichtig. Für die Pizzateig-Macher von Lizza, den Wasseraufbereiter Mitte oder die Röst-Kaffeemaschine von Bonaverde gaben Kleinanleger in mehreren Kampagnen viele Millionen Euro. 

Doch wie viel Vorbereitung ist für diese Finanzierungsmaßnahme eigentlich notwendig? Und wann ist Venture Capital vielleicht doch die bessere Wahl? Um diese Fragen ging es bei einem Panel auf der diesjährigen Future of Food Conference.

Mit Hans Stier, Gründer und (Noch-)CEO von Bonaverde, Little-Lunch-Finanzchef Andre Klan und Katjesgreenfood-CFO Marius Rodert haben wir über die Vor- und Nachteile der Crowdfinanzierung gesprochen. Für wen und wann ist sie aus Sicht der Experten sinnvoll?

1. Wenn du wirklich Geld brauchst

Eines der gängigsten Vorurteile gegenüber der Finanzierungsform ist, dass Startups sie nur zu Werbezwecken nutzen – und gar nicht wirklich Kapital benötigen. Andre Klan sagt dazu, Little Lunch, das in den letzten Jahren mehr als 2,5 Millionen Euro durch Crowdlending einsammelte, habe das Geld wirklich benötigt, um weiter wachsen zu können. „Als Startup braucht man immer Geld“, witzelt der Finanzchef. Schon vorher hatte Little Lunch ein Investment von Frank Thelen und Judith Williams bei der TV-Show „Die Höhle der Löwen“ bekommen. Die Gründer wollten danach keine weiteren Anteile abgeben, deshalb entschieden sie sich für Crowdlending. „So konnten wir auch unser Standing, etwa bei Banken, verbessern, weil das eingesammelte Kapital ähnlich wie Eigenkapital behandelt wird“, so Klan. Wer hingegen nicht nur Kapital, sondern auch strategisches Know-how suche, der sei tendenziell besser bei Business Angels oder VCs aufgehoben, sagt Katjesgreenfood-CFO Marius Rodert.

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2. Wenn du (auch) die Öffentlichkeit suchst

Eine erfolgreiche Crowd-Kampagne kann für viel Aufmerksamkeit sorgen, auch von Journalisten. Das müssen Gründer vorab einplanen. Zusätzlich könne sie beweisen, dass es eine Nachfrage nach einem Produkt gebe, sagt Bonaverde-Gründer Hans Stier. Im Umkehrschluss heiße das aber auch: Sei eine Kampagne erst einmal live, gebe es keinen Stopp-Button mehr. Eine Crowdfinanzierung könne für ein junges Startup also genauso nach hinten losgehen, warnt Stier, der selber Fehler eingesteht und im Gespräch mit NGIN Food und Gründerszene sagt, dass er die plötzliche Aufmerksamkeit vorab „total“ unterschätzt habe. „Wer seine Kampagne verhaut, hat auch bewiesen, dass es keinen Markt gibt“, findet er.

3. Wenn dein Produkt innovativ ist

Mit neuartigen, greifbaren Produkten kann man bei Anlegern punkten. Startups müssen also unter anderem dafür sorgen, dass ihr Geschäftskern in einer Kampagne verständlich erklärt ist. Wenn es ein Produkt oder eine Produktpositionierung dagegen schon zigfach gebe, sei eine Crowdfinanzierung nicht zu empfehlen, findet Klan. Die drei Panelisten sind sich einig: Es ist schwieriger, die breite Masse von komplexen Produkten zu begeistern. Umso wichtiger sei es, sich möglichst „spitz“ zu positionieren. Die Empfehlung der Gesprächspartner: Es sollte möglich sein, das Geschäftsmodell in wenigen Sätzen herüberzubringen.

4. Wenn du bereit bist, in die Kampagne zu investieren

Etwa 50.000 Euro sollte man für die Vorbereitung einer guten Crowdfunding-Kampagne einplanen (Videodreh und -schnitt, Pressematerialien, PR-Agentur). Das schätzt Stier: „Das schießt man nicht mal eben aus der Hüfte.“ Dem stimmen Rodert und Klan zu. „Man muss die Arbeit vorher machen“, sagt Rodert. Für Bonaverde-Gründer Stier ist diese Empfehlung auch mit einer Art Ankündigung verbunden. Eine Schwarmfinanzierung für seinen frisch ausgegründeten Urban Coffee Club schließt er für die Zukunft nicht aus. Für ihn wäre es seit der Bonaverde-Gründung 2013 schon die fünfte Kampagne. Crowdfunding bleibe vorerst „Teil seiner DNA“.

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Bild: Dominik Tryba