#foodporn, #yummy, #delicious. Ohne Hashtags lassen sich mittlerweile Restaurantbesuche in Szenelokalen nicht mehr absolvieren. Gerade servierte Gerichten werden nicht verspeist, sondern erst fotografiert und dann mit Überbegriffen auf sozialen Netzwerken wie Instagram gepostet. Manche Gastronomen treiben diesen Trend noch weiter auf die Spitze und inszenieren ihr Essen mit Effekten.

Ein Beispiel dafür sind etwa die Flying Noodles. Ein Gericht, das es bei vielen vietnamesischen Restaurants weltweit gibt. Erscheint der Kellner mit dem Gericht, öffnen sich bei den meisten die Münder. Allerdings nicht zum Essen. Die erste Reaktion ist eine andere: Das Smartphone wird gezückt, um die scheinbar in der Luft schwebenden Nudeln zu fotografieren. Erst dann wird gegessen. Kein Wundern, denn das Gericht ist so drapiert, dass die Essstäbchen scheinbar in der Luft schweben.


Ein Trend, der auch im normalen Alltag das Essverhalten der jungen Generation verändert. Aufwendig werden Gerichte oder Getränke zubereitet und arrangiert, um sie anschließend zu fotografieren. „Foodstagramming“ geht mitunter so weit, dass der reine Genuss zweitrangig wird. 

Deshalb achten viele Restaurants seit Jahren darauf, „instagramable“, also Instagram-tauglich, zu sein. Das Phänomen existiert international und geht über markante Beispiele, wie die Flying Noodles hinaus. Die Restaurantkette Dirty Bones in England hat sich beispielsweise schon voll auf Instagram ausgerichtet. Hier werden die Burger besser ausgeleuchtet als Foto-Models. 

Wie wird man „instagramable“?

Dazu gehört, dass jeder tolle Fotos von den Gerichten machen kann. „Instagram-tauglich ist ein Gericht, wenn das Essen so präsentiert wird, dass auch Amateure gute Fotos von ihm machen können“, erklärt Mader. Dafür müssen die Gastronomen einige Dinge beachten: Beispielsweise auf eine bunte und farbenfrohe Zusammenstellung des Essens, so Trendbeobachter Mathias Haas. Oft werden die Zutaten auch außergewöhnlich positioniert oder beispielsweise mit Kräutern garniert.

„Wichtig ist auch, dass die Teller wenig Rand haben, damit die Menge des Essens nach mehr aussieht“, so Simon Mader. Auch die Beleuchtung im Restaurant spiele eine Rolle. Es sollte gemütlich sein, aber gleichzeitig auch hell genug, um schöne Fotos zu machen. Extra geschultes Personal achtet darauf, dass die Gäste perfekte Fotos schießen können oder machen selbst welche für die Besucher. 

Der Status „instagramable“ lohnt sich schließlich für die Restaurants. Schicke Fotos auf sozialen Netzwerken sind für sie eine gute und günstige Werbeform. Das Restaurant muss zwar teilweise aufwendige Rahmenbedingungen dafür schaffen. Doch das Schießen und die Verbreitung der Fotos übernehmen die Besucher selbst und sorgen so für gratis Reklame. Wie selbstverständlich markieren sie das Restaurant auf ihren Fotos und machen es damit für andere Gäste einfach auffindbar.

Instagram ergänzt so die persönliche Weiterempfehlung noch mit dem perfekt inszenierten Bild. Freunde „werden auf das Gericht aufmerksam und bekommen Appetit“, so Simon Mader. Besonders gut muss das Instagram-Menü allerdings nicht sein. „Die Gerichte schmecken nicht unbedingt anders als anderes asiatisches Essen, aber die Inszenierung ist besonders. Das ist wichtig“, sagen zum Beispiel Besucher des Berliner Restaurants Anjoy, bei dem ebenfalls Flying Noodles auf der Karte stehen.

Schnelle Bekanntheit ist möglich

Viele Nutzer lassen sich von dem Aussehen der Gerichte und den Likes blenden. Sie sagen nicht unbedingt etwas über die Qualität des Essens oder die Anzahl der Kunden aus, so Daniela Kögler, Marketing-Chefin von Anjoy. Social Media sei allerdings auch nicht alles. „Am Anfang hilft es um neue Kunden zu erreichen, aber es ist essenziell die Kunden auch nach dem ersten Besuch begeistern zu können.“ Wirklich zufriedene Gäste seien immer noch die beste Werbung, so Kögler.

Trotzdem werde Social-Media-Marketing laut Trendbeobachter Haas immer wichtiger. „Die Menschen verbringen ihre Zeit auf sozialen Medien. Dort kann man sie erreichen.“ Heutzutage würden Menschen ihre Reisen oder Dinge wie Abendessen oft mithilfe der Bildersuche auf Google oder Instagram vorbereiten, so Haas.

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Viele ansprechende Bilder auf Instagram können deshalb mindestens genauso, wenn nicht noch mehr wert sein als eine gute Bewertung bei Tripadvisor oder Yelp. Im Gegensatz zu den Restaurantvergleichsportalen werden auf Instagram zudem die Emotionen der Kunden geweckt, so Simon Mader. Dies biete vor allem speziellen Restaurants eine Chance. Durch extravagante Designs und besonders gestaltete Gerichte können Restaurants auffallen und schnell bekannt werden.

Im Endeffekt müssen aber auch sie anders überzeugen: „Kurzfristig ist es vielleicht wichtiger, wie das Essen aussieht, da es erst einmal Aufmerksamkeit generiert. Langfristig muss das Essen allerdings durch Geschmack überzeugen“, so Haas. So sieht es auch Daniela Kögler. Die Flying Noodles des Lokals seien zwar ein witziger Marketinggag, aber man dürfe nicht die Dinge drum herum vergessen. Ohne gute Qualität, leckere neue Gerichte und einen netten Service blieben auch die Likes auf Instagram aus.

Dieser Text erschien zuerst auf welt.de.

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