Ramin Goo Gruender Kochhaus
Leidenschaftlicher Koch und Unternehmer: Ramin Goo in Kochschürze

Ramin Goo wählte nach seinem Abschluss an der Gründer-Universität WHU zunächst den risikolosen Weg: Er ging erst einmal zu einer Beratung, wollte dann eine Doktorarbeit über Gründungstheorien verfassen. Doch der heute 36-Jährige merkte schnell, dass er lieber selbst etwas gründen wollte, statt nur theoretisch darüber zu forschen.

Trotz vieler Einwände startete er deswegen 2008 gemeinsam mit Max Renneberg und Dorothée Karsch das Startup Kochhaus. Die Idee: Läden, in denen Menschen Lebensmittel nach Rezepten einkaufen können. Die dafür nötigen Zutaten sind passend abgewogen und verpackt erhältlich, die Gerichte wechseln regelmäßig.

Zwölf Filialen betreibt Kochhaus mittlerweile, 200 Mitarbeiter sind dafür beschäftigt. Neben den Gerichten bietet das Startup auch Kochbücher und -kurse sowie passendes Equipment an, beispielsweise Gewürze, Schneidebretter oder Kochschüsseln. Rund 11,5 Millionen Euro setzte das Unternehmen so 2016 um.

Jetzt soll das Online-Geschäft wachsen – auch mithilfe von Amazon. Gründer Ramin Goo spricht über seine Zukunftspläne:

Ramin, anders als andere junge Firmen in der Berliner Gründerszene haltet ihr Euch mit Meldungen zurück. Eure Finanzierungsrunde im vergangenen Herbst habt ihr beispielsweise geheim gehalten. Wieso?

Unsere Investoren wollen nicht gerne in Erscheinung treten. Ich liefere ihnen natürlich regelmäßig Zahlen, aber sie wollen operativ nicht mitmischen. Die Finanzierungsrunde im vergangenen Jahr haben wir gemacht, um mehr Geld für unser Online-Wachstum zur Verfügung zu haben, insbesondere für unseren Lieferservice.

Die meisten Kunden kennen nur eure Offline-Filialen. Wie wichtig ist das Online-Geschäft für Euch?

2016 haben wir 15 Prozent unseres Umsatzes online generiert. Das ist schon mal was. Aber den Anteil wollen wir erhöhen.

Ihr verschickt auch Kochboxen mit Zutaten für die Gerichte, die sonst in Euren Filialen verkauft werden. Warum ist dieser Geschäftsbereich bisher so klein?

Wir wollten erst mal eine bundesweite Präsenz mit unseren Geschäften erreichen. Denn die Läden vor Ort liefern auch die Kochboxen aus. Das hat den großen Vorteil, dass die Lieferzeiten sehr viel kürzer sind. Der Kunde kann also bis morgens um 10 Uhr sagen, was er abends bekommen möchte. Wir liefern zwar auch außerhalb der Kochhaus-Städte, aber der Fokus ist die lokale Lieferung. Und die können wir erst anbieten, wenn wir in vielen Städten vertreten sind.

Wie schwer ist es, passende Standorte für neue Läden zu finden? Schließlich müssen die Anwohner offen für neue Konzepte sein und bereit sein, mehr Geld für Essen auszugeben als im Supermarkt.

Klar, einfach ist das nicht, zumal wir keine wahnsinnig hohen Mieten zahlen können. Wir würden gerne Läden in Düsseldorf, Stuttgart, Hannover oder in Berlin am Rosenthaler Platz sowie im Stadtteil Zehlendorf eröffnen. Natürlich ist Kochhaus nicht die günstige Variante, um Lebensmittel zu kaufen. Aber es ist längst auch nicht so teuer, wie viele glauben. Man bekommt bei uns auch schon für acht Euro ein Abendessen für zwei Personen.

Machen euch bekannte Kochboxen-Versender wie HelloFresh oder Marley Spoon den Ausbau des Onlinegeschäfts schwer?

Ein Stück weit machen sie es uns sogar einfacher. HelloFresh hat sehr viel Geld in Online-Marketing für Kochboxen gesteckt. Für uns ist es daher leichter, Kunden zu generieren, weil das Produkt bekannt gemacht wurde. Dauerhaft gibt es Platz für mehrere Anbieter.

Wie unterscheiden sich eure Kochboxen von denen von HelloFresh?

Bei uns sind die Rezepte etwas kulinarischer und für anspruchsvollere Esser. Bei den Wettbewerbern steht der Bequemlichkeits-Faktor stärker im Vordergrund.

Nun hat HelloFresh im vergangenen Jahr fast 600 Millionen Euro umgesetzt und ihr 11,5 Millionen Euro. Ärgerst du dich nicht manchmal, dass ihr nicht von Beginn an auf den Online-Versand eurer Kochtüten gesetzt habt?

Nein, überhaupt nicht. Das ist aus Gründer-Perspektive und für das gesamte Unternehmen eine komplett andere Strategie. Wir sind super glücklich mit unserem Team, dem Feedback unserer Kunden sowie unserem Modell. Und ich persönlich bin überhaupt nicht traurig, dass ich nicht auch noch in Australien oder Belgien mein Geschäft skalieren muss oder der IPO kurz bevorsteht.

Ebenso wie Dominik Richter, Gründer von HelloFresh, hast du an der WHU studiert. Was treibt dich als Gründer an?

Wir sind als Team extrem nah am Produkt dran. Das gilt im besonderen Maße auch für mich, ich war von Anfang dabei und bin dem Kochhaus seither verbunden. Ich bin selbst leidenschaftlicher Koch und habe schon häufiger Rezepte für uns entwickelt und den passenden Wein ausgewählt. Selbst mein Vater, der chinesischer Abstammung ist, hat schon Rezepte entwickelt (lacht). Um zu verstehen, was in unseren Filialen gut und schlecht läuft, stehe ich mindestens alle vier Wochen mal hinter der Kasse. Das hilft enorm.

Hast du ein Lieblingsrezept?

Ich habe keinen Dauer-Favoriten. Aber generell bin ich für die Pasta-Rezepte zuständig.

Wie viele Kochhaus-Rezepte hast du schon ausprobiert?

Ich koche nicht mehr wie am Anfang jedes einzelne Gericht, aber mindestens einmal die Woche. Da kommt schon etwas zusammen, vielleicht ein Drittel aller Rezepte. Ich mache auch häufig Abende mit Freunden, wo mir alle beim schnippeln helfen dürfen.

Ihr bietet in euren Filialen ebenfalls Kochkurse an. Wie wichtig sind die für euren Umsatz?

Die sind mittlerweile eine wichtige Komponente, auch weil wir so unsere Ladenfläche nach 20 Uhr sinnvoll nutzen können.

Außerdem verkauft ihr jetzt auch kleine Kochhaus-Boxen bei Rewe oder Edeka. Amazon Fresh holt Kochtüten in euren Filialen und bringt sie zum Kunden. Welches Ziel verfolgt ihr mit dieser Strategie?

Wir wollen uns als Marke für hochwertige Kochsets immer stärker positionieren. Mit diesen Kooperationen erreichen wir nun noch mehr Kunden. Diese Reichweite ist für uns so spannend, weil so ganz andere Kunden in Kontakt mit der Marke Kochhaus kommen. Besonders von Amazon versprechen wir uns ein großes Wachstum.

Ich habe eure Produkte bisher nur sehr selten bei Rewe oder Edeka gesehen. Wieso?

Weil wir das bisher nur für jeweils wenige Wochen in bestimmten Märkten testen.

Ihr testet also viele neue Konzepte. Was war bisher die größte Herausforderung seit der Gründung?

Wir haben uns ständig gefragt: Brauchen wir jemanden, der schon 20 Jahre Erfahrung im Handel hat und uns erklärt, wie das Geschäft funktioniert? Doch wir haben immer wieder gemerkt, dass das nicht zu uns passen würde. Allerdings haben wie so etliche Fehler gemacht. An einigen Stellen haben wir es auch bewusst anders gemacht als alle anderen, aber das war immer ein schwieriger Weg. Trotzdem: Irgendwann haben wir immer eine Lösung gefunden…

Seht ihr Euch als Teil der Startup-Szene?

Naja, wir sind ja nun nicht Teil der klassischen Online-Szene. Aber natürlich habe auch ich von meinem Startup-Netzwerk profitiert.

Danke für das Interview, Ramin.