Würmer und Heuschrecken sind proteinreich und pflegeleicht in der Züchtung

Proteinriegel aus gemahlenen Grillen, Nudeln aus gefriergetrockneten Larven und Burger aus zerkleinerten Würmern: Was eklig klingt, könnte das Essen der Zukunft sein. Insekten sind reich an Proteinen und lassen sich – im Vergleich zu Fleisch – umweltfreundlicher züchten. Viele Startups standen schon vor Monaten in den Startlöchern, durften ihre Insekten-Produkte hierzulande allerdings nicht verkaufen. Grund war eine EU-Verordnung, wonach die Krabbeltierchen in Deutschland nicht als Lebensmittel zugelassen waren.

Zum Jahresbeginn wurde diese Novel-Food-Verordnung allerdings überarbeitet, die EU-Kommission ist nun aufgeschlossener gegenüber Insekten. Hersteller müssen die Zulassung ihrer Produkte zwar weiterhin beantragen, der Genehmigungsprozess soll aber unkomplizierter und schneller ablaufen. Bislang ist noch keine Insektenart offiziell zugelassen, so die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit. Was nicht bedeutet, dass die Produkte gefährlich oder illegal sind. Eine rechtliche Grauzone gibt es nämlich: Sobald Unternehmen einen Antrag gestellt haben, dürfen sie ihre Lebensmittel in den Handel bringen. Die ersten Startups haben bereits losgelegt.

Der Einzelhandel macht sich bereit

Plumento Foods aus Pforzheim war eines der ersten Unternehmen, das seine Produkte auf den Markt gebracht hat. Das 2017 gegründete Startup mischt seine Pasta mit Insektenpulver. Die Buffalo-Würmer sorgen für eine nussige Geschmacksnote, heißt es. Seit Februar testet Plumento Foods seine Nudeln im Startup-Regal der Metro. Die Nachfrage sei groß und die Produktion gestiegen, so der Hersteller gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

In einem Aachener Rewe-Markt gibt es seit Mitte April Burger aus Würmerlarven zu kaufen, ab Mai in mehr als 100 Rewe-Filialen in Süddeutschland. Weitere Städte sollen folgen. Der Fleischersatz kommt vom Osnabrücker Startup Bugfoundation. Vier Jahre lang haben die Gründer Baris Özel und Max Krämer am Rezept gefeilt. Bisher wurden die Patties nur in wenigen Restaurants in Belgien und den Niederlanden gebraten.

NGIN Food hat die Insektenburger bereits im Januar auf der Grünen Woche probiert.

Das Kölner Startup Isaac darf sein Proteinpulver laut Mitgründerin Charlotte Binder zwar schon seit Dezember offiziell verkaufen. Weil das Produkt noch nicht ausgereift war, hat das junge Unternehmen den Start allerdings verzögert. Seit Mitte April bietet Isaac in seinem Onlineshop nun Fitness-Pulver und Insektenmehl aus Buffalo-Würmern an. Der hohe Proteingehalt sei ideal für Sportler, so Binder. Deshalb kooperieren die Kölner auch mit Fitnessstudios. In den Einzelhandel will das Startup mit seinem Nahrungsergänzungsmittel zunächst nicht.

Eine Lücke in der Gesetzgebung

Die beliebteste Produktkategorie unter den Insekten-Startups scheint der Proteinriegel zu sein. Daran versuchen sich gleich drei deutsche Firmen. Das Startup Snack Insects ist eines der Pioniere und sein Bug-Break-Riegel schon seit einiger Zeit auf dem Markt. Gründer Folke Dammann hatte vor fünf Jahren eine Lücke in der EU-Regelung entdeckt. Darin war nur von Insektenteilen die Rede, nicht aber von ganzen Tieren. In seinem Onlineshop finden sich daher Produkte, die mit ganzen Würmerlarven und Grillen übersät sind. 2015 pitchte Dammann in der TV-Show „Die Höhle der Löwen“, lehnte einen Deal mit Jochen Schweizer jedoch ab.

Die Bio-Riegel des Berliner Startups Bearprotein sind ab Mai in Filialen der Bio-Company und Basic Bio erhältlich, hauptsächlich im Berliner Raum und in Süddeutschland. Das 2017 gegründete Unternehmen nutzt für seine Insektensnacks die Kurzflügelgrille. Das Kölner Startup Swarm bastelt ebenfalls an einem Proteinriegel aus gemahlenen Grillen, ist jedoch noch nicht auf dem Markt.

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Das Münchener Team von Wicked Cricket produziert geröstete Grillen, die Verbraucher als Topping für Salat oder als Mini-Snack nutzen können. Die Gründer Josef Hirte und Mathias Rasch profitieren ebenfalls von der Gesetzeslücke und verkaufen ihre ganzen Insekten seit einem Jahr über ihren Onlineshop und in ausgewählten Fachgeschäften.

Die Investoren trauen sich noch nicht

So revolutionär wie Lebensmittel aus Würmern und Heuschrecken auch sein mögen, die Nudeln, Pülverchen und Snacks sind auch vergleichsweise teuer. Eine 250 Gramm schwere Packung Insektenpasta kostet derzeit 4,49 Euro, zwei tiefgekühlte Burger 5,99 Euro und ein Proteinriegel rund drei Euro.

In Deutschland dürfen bislang keine essbaren Insekten gezüchtet werden. Die Startups beziehen ihre krabbelnden Zutaten daher aus Kanada, Thailand und den Niederlanden – Zollprobleme miteingeschlossen. Die Produktion haben alle Gründer größtenteils aus eigener Tasche bezahlt. Hohe Investitionen sind bisher nicht geflossen, die deutschen Insekten-Startups finanzieren sich vor allem über staatliche Förderprogramme und Crowdfunding-Kampagnen.

Geldgeber wie der Fleischproduzent Wiesenhof beobachten die Insekten-Trendwelle zwar, sind aber skeptisch, ob die Produkte vom Kunden angenommen werden oder die Hemmschwelle noch zu hoch ist. In den USA sammeln Insekten-Startups hingegen Millionen ein. Wie der deutsche Markt auf die ungewöhnlichen Produkte reagiert, werden die nächsten Monate zeigen.

Bilder: Getty Images /KAREN BLEIER; Messe Berlin