Niklas Östberg (39) beim Gespräch mit Gründerszene und NGIN Food im Berliner Büro von Delivery Hero.

Niklas Östberg ist einer der bekanntesten Köpfe der deutschen Startup-Szene. Der gebürtige Schwede gründete 2011 den Lieferdienst Delivery Hero und baute das Unternehmen zu einem der ersten Berliner Unicorns auf.

Im Dezember verkaufte Östberg das Deutschlandgeschäft seines Unternehmens für rund eine Milliarde Euro an den Wettbewerber Takeaway, erhielt obendrein Aktien an der Lieferando-Mutter.

Niklas, wann wusstest du, dass Delivery Hero den deutschen Markt verkaufen muss?

Wir wussten schon lange vorher, dass dieser Markt nicht einfach zu lösen ist. Wir wussten auch, dass Takeaway niemals sein Deutschlandgeschäft verkaufen würde. Wenn es eine Transaktion hätte geben sollen, hätten wir der Verkäufer sein müssen. Es gab aber viele Gründe wie den Preis und den Zeitpunkt, weswegen wir den Markt erst nicht abgeben wollten. Aber am Ende wurde uns klar, dass es sinnvoller wäre, in größere Märkte zu investieren. Die Entscheidung fiel also etwa Mitte vorigen Jahres.

Wie fühlt es sich an, wenn man den Heimatmarkt verkaufen muss?

Es tut ein bisschen weh. Aber so ist das nun mal. Wenn ich als Unternehmer meine Entscheidungen von Stolz oder Emotionen abhängig mache, werde ich nicht erfolgreich.

Siehst du Delivery Hero als gescheitert an, weil der Heimatmarkt abgetreten werden musste?

Nein. Wenn du eine Milliarde Euro für einen sehr kleinen Teil deines Unternehmens bekommst – in dem Fall waren es acht Prozent – dann nein. Niemand hätte mehr als eine Milliarde Euro für einen Reinfall bezahlt.

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Was ist effizienter: pro Land nur eine Liefermarke zu unterhalten oder mehrere Dienste zu betreiben, wie es in Deutschland der Fall war?

Wir versuchen, so viele Einzelmarken wie möglich zu haben. In Schweden und Finnland beispielsweise gibt es mehre. Aber ich denke, die werden wir demnächst zusammenschließen.

Delivery Hero hat den Betrieb von Foodora in der Vergangenheit in zahlreichen Ländern eingestellt. Aktuell ist der pinke Lieferdienst nur noch in vier Staaten aktiv. Wird es die Marke Foodora auf lange Sicht noch geben?

Mit den Markennamen, die Delivery Hero hat, sind wir zufrieden. In den lokalen Märkten funktionieren die auch, beispielsweise ein arabischer Name für den arabischen Raum. Es wäre also nicht notwendig, bestehende Marken in Foodora umzubenennen. Abgesehen davon verfügen alle Märkte über Fahrerflotten, sodass der Unterschied zwischen Foodora und den anderen Marken nur der Name ist.

Finnland und Schweden sind zwei der wenigen Länder, in denen die Marke Foodora noch aktiv ist. Wenn dort die Dienste fusionieren, wird dann Foodora übrig bleiben oder der jeweils andere Service?

Wir sind ziemlich zufrieden mit der Marke Foodora, sie ist in den nordischen Ländern sehr beliebt. Es ist also wahrscheinlicher, dass Foodora die führende Marke sein wird.

Die Logistik profitabel aufzustellen, ist eine der größten Herausforderungen von Lieferdiensten. Glaubst du, dass es möglich ist?

Sicher, aber das hängt vom Markt und der Gesetzgebung ab. Und wie viel der Kunde bereit ist, für den Lieferservice zu zahlen. Je mehr Vorschriften und Einschränkungen es in Bezug auf das Beschäftigungsverhältnis gibt, desto mehr beeinflusst das den Preis für den Verbraucher. Im Schnitt werden 60 Prozent der Bestellungen vom Restaurant ausgeliefert, 40 Prozent von unseren Fahrern.

Seit Anfang des Jahres liefert Delivery Hero in ausgesuchten Ländern auch Supermarkteinkäufe und Medikamente aus. Wie viel Prozent des Umsatzes macht dieser neue On-Demand-Service aus?

Wir machen das noch nicht so lange, aber dafür läuft es gut. Der Umsatz verdoppelt sich mehr oder weniger auf Monatsebene. Mehr kann ich dazu noch nicht sagen.

In welche Richtung wird Delivery Hero in Zukunft gehen?

Wir müssen sehen, was die Verbraucher wollen. Aber wir wollen alles bedienen, was an die Haustür geliefert werden kann. Wir werden nicht unbedingt zur Super-App, mit der man Hotels buchen kann. Aber alles, bei dem wir unsere Fahrerflotte und unseren Lieferservice einsetzen können. 

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Werdet ihr denn generell ein Lieferdienst für Essen bleiben?

Also, Medikamente sind ja auch keine Lebensmittel. Aber Essenslieferungen werden wohl immer bestehen bleiben. Ich wäre überrascht, wenn nicht.

Du hast im August Delivery-Hero-Anteile im Wert von über zehn Millionen Euro verkauft. Warum?

Das hatte persönliche Gründe. Seitdem ich mit Delivery Hero gestartet bin, habe ich nicht viel verkauft. Den Großteil meiner Beteiligung habe ich behalten.

Bild: Michael Reinhardt für Gründerszene