Kitchentown in San Francisco. Die Produktionsstätte in Berlin soll rund 1000 Quadratmeter groß werden.
Kitchentown in San Francisco. Die Produktionsstätte in Berlin soll rund 1000 Quadratmeter groß werden.

Im Jahr 2014 erkannte Rusty Schwartz einen ganz besonderen Need. „Ich habe beobachtet, dass viele Food-Startups ein tolles Produkt haben, dass sie bewiesen haben, dass ihr Konzept funktioniert, aber nicht die Möglichkeiten haben, zu skalieren“, erklärt Schwartz im Gespräch mit NGIN Food und Gründerszene. Es hätte kaum Produktionsflächen gegeben. Eine eigene Fabrik könne sich nicht jeder leisten. „Das war die Lücke, in die wir gestoßen sind. Innerhalb von sechs Monaten war Kitchentown in San Francisco ausgebucht“, sagt er und trotz der brüchigen Skype-Verbindung kann man den Stolz in seiner Stimme erkennen. 

Heute, rund vier Jahre später, plant Schwartz einen großen Schritt: Er bringt seinen Food-Inkubator Kitchentown nach Berlin. Gemeinsam mit dem Familienunternehmen Bahlsen soll eine Produktionsstätte nach Vorbild von Kitchentown in Kalifornien auch in der deutschen Hauptstadt entstehen. 

Doch was genau ist Kitchentown? Der Food-Inkubator ist eine Art Coworking-Space für Food-Startups – eine Art Großküche. In dieser Produktionsstätte stehen den jungen Unternehmen Küchengeräte und sonstiges Equipment zur Verfügung, mit der eine Massenproduktion möglich sein soll. Zudem stellt Kitchentown Lagerfläche und Räume für die Abwicklung des Online-Geschäfts zur Verfügung. 

Neben der Unterstützung bei der Produktion sollen die Gründer auch Hilfe in anderen Geschäftsfeldern bekommen. So organisiert Kitchentown Workshops und Mentorenprogramme, um den Gründern Hilfe zu bieten – angefangen vom Businessplan bis hin zum Packaging. „Vertrieb, Supply Chain, Logistik – das sind Themen, von denen viele Gründer, die aus der Wissenschaft oder aus der Gastronomie kommen, keine Ahnung haben“, sagt Schwartz. „Wir helfen auch bei der Kapitalbeschaffung, stellen Kontakte zu den richtigen Acceleratoren her.“ Im Tech-Sektor gebe es viele Inkubatoren, aber der Lebensmittelsektor habe seine eigenen Herausforderungen. „Die wollen wir angehen.“ 

Die Berliner Dependance von Kitchentown bauen Lukas Neuss und Eike Kieras auf. Beide haben zuvor bei Bahlsen gearbeitet. „Diesen Sommer über wollen wir zusammen mit Startups erarbeiten, wie genau unser Angebot in Berlin aussehen muss“, erklärt Neuss. Welche Geräte in der Produktionsstätte benötigt werden, welche Bezahlmodelle gefragt sind – das alles sei noch nicht klar, sondern werde in Zusammenarbeit mit den Berliner Startups geklärt. „Wir werden das Konzept aus San Francisco nicht eins zu eins kopieren, sondern genau prüfen, was davon in Berlin nachgefragt wird.“ 

Wo genau Kitchentown seinen Coworking-Space in der Hauptstadt eröffnen will, steht noch nicht fest. „Wir haben derzeit verschiedene Locations im Blick, natürlich am besten möglichst zentral“, sagt Kieras. Am Ende soll die Produktionsstätte rund 1.000 Quadratmeter groß sein. Anfangs sollen sich Startups mit einem einfachen Stundenpreis einmieten können, der im mittleren zweistelligen Eurobereich liegen werde, so Kieras. Auch längerfristige Mietverträge oder Equity-Modell seien möglich.  

Für den Bau der Berliner Kitchentown wollen die Macher insgesamt einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag ausgeben. Die Höhe hänge allerdings maßgeblich von der konkreten Ausgestaltung der Produktionsstätte ab. Bahlsen ist zwar Hauptanteilseigner, aber aus San Francisco kommen das Konzept, die Idee und die Erfahrung, so Kieras.

Für den Keks-Hersteller ist Kitchentown das zweite Projekt, mit dem die junge Food-Szene angesprochen werden soll. In der Torstraße im Berliner Bezirk Mitte betreibt das Familienunternehmen seit dem Sommer 2017 das Hermann’s, eine Mischung aus Co-Working-Space und Restaurant. Hier finden neben dem täglichen Betrieb Veranstaltungen rund um die Ernährung von morgen statt, auf der Player aus Industrie und Handel mit Startups und Food-Entwicklern zusammengebracht werden sollen.  

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„Kitchentown stellt für Bahlsen einen wechselseitigen Wissensaustausch dar“, teilt das Unternehmen mit. „Natürlich wollen wir den Startups mit unserer Erfahrung von 130 Jahren Unternehmensgeschichte helfen, aber wir können auch von deren Ansätzen lernen.“

Bild: Kitchen Town