In Frankreich gibt es seit November 2017 eine Lebensmittelkennzeichnung, den Nutri-Score.
In airaaaarankreich gibt es seit November 2017 eine Lebensmittelkennzeichnung, den Nutri-Score.

Als Jens Jetzki für seine Kinder einkaufen wollte, hatte er das Gefühl, als würden ihm entscheidende Informationen über die Lebensmittel, die da im Supermarkt vor ihm standen, fehlen. „Ursprünglich wollte ich mich informieren, wie ich gesunde Lebensmittel für meine Kinder erkenne“, erzählt der 37-Jährige NGIN Food. „Dabei habe ich festgestellt, dass es dafür kaum brauchbare Hilfen gibt.“ Auf den Verpackungen müssen zwar die Nährwerte angegeben werden, aber die seien häufig nicht sonderlich hilfreich, stellt er fest. Der Tagesbedarf an Nährstoffen und Kalorien bezieht sich nämlich auf eine durchschnittliche Frau, also 2.000 Kalorien, sagt Jetzki. Für Kinder, dachte er sich, passt das überhaupt nicht. 

Die Idee einer Lebensmittelkennzeichnung, die dem Verbraucher schnell und übersichtlich zeigt, welche Nährstoffe in welcher Menge enthalten sind, ist nicht neu. Über eine solche Lebensmittelampel diskutieren Politik, Verbraucherschützer und die Industrie seit Jahren. Dabei sollen die Farben rot, gelb und grün signalisieren, wie gesund ein Produkt ist. Die Ampelkennzeichnung bewertet jeweils den Gehalt von Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz mit einer der drei Farben. Zuletzt hatte die Diskussion wieder an Fahrt aufgenommen, eine Lösung zeichnet sich derzeit allerdings nicht ab. Eine Chance für Jetzki?

Julia Klöckner zeigt sich skeptisch

Er gründete das Unternehmen Fair Friend und programmierte unter diesem Dach „Meine Lebensmittelampel“. In dieser App soll jeder seine individuellen Nährwert-Check erhalten. Zunächst muss der User einige Daten, wie etwa Gewicht, Geschlecht und Größe eingeben. Dann errechnet die App, wie viele Nährstoffe der Nutzer pro Tag braucht und zeigt ihm seinen Tagesbedarf in einer Art Schautafel. „Mit meiner Lebensmittelampel benötigst Du nur einen Blick auf dein Handy, um ein für dich gesundes Lebensmittel zu erkennen“, heißt es auf der Internetseite der App.

Jens Jetzki, Gründer von Fair Friend und Schöpfer der personalisierten Lebensmittelampel
Jens Jetzki, Gründer von Fair Friend und Schöpfer der personalisierten Lebensmittelampel

Noch ist die App relativ simpel gehalten. Das weiß auch Jetzki. „Wir würden die App gerne noch benutzerfreundlicher machen“, erklärt er. „Man sollte mit der App etwa Barcodes scannen können.“ Außerdem soll eine Datenbank entstehen, mit der der User zu jedem Produkt direkt die passenden Farben der Lebensmittelampel sieht und immer genau auswählen kann, was er an einem Tag schon zu sich genommen hat. „Aber das ist natürlich eine Frage des Geldes, das uns zur Verfügung steht“, sagt Jetzki.

Der Gründer, der hauptberuflich eigentlich bei einer großen Unternehmensberatung arbeitet, ist derzeit auf der Suche nach Investoren. Bisher wurde seine Firma Fair Friend vom Social Impact Lab und dem Förderprogramm Invest des Bundeswirtschaftsministeriums unterstützt. Jetzki plant außerdem eine umfangreichere App zum Thema Verbraucherinformation, die den Usern mittels künstlicher Intelligenz noch mehr Informationen zu den Produkten bieten soll.

Die Debatte um die Einführung einer Lebensmittelampel war vor zehn Jahren noch konkreter als heute. Die Grünen hatten 2008 einen entsprechenden Antrag in den Bundestag eingebracht, doch Union, SPD und FDP lehnten ab. Auch in Brüssel war damals die Einführung einer europaweit einheitlichen Kennzeichnungspflicht diskutiert worden. Im Gesundheitsausschuss des Europaparlaments scheiterte die Vorlage allerdings.

Die Industrie schafft selbst Fakten

So sieht die App Meine Lebensmittelampel aus.
So sieht die App Meine Lebensmittelampel aus.

In der neuen GroKo hat die Ampel ebenfalls schlechte Karten. Zwar vereinbarten Union und SPD im Koalitionsvertrag, bis Sommer 2019 ein Modell zur Nährwertkennzeichung erarbeiten zu wollen. Die Ernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) zeigte sich allerdings ablehnend. „Die vereinfachte Ampelkennzeichnung bringt Verwirrung“, sagte sie der FAZ. Sie verwies auf das Beispiel eines frischgepressten Orangensafts, der Zucker enthalte und deshalb eine rote Kennzeichnung bekäme. „Daneben steht eine Light-Limonade mit grüner Ampel. Ist das Naturprodukt wirklich ungesünder?“ Klöckner betonte, sie halte es für den falschen Weg, „dass wir einzelne Rohstoffe zum Sündenbock für Fehlernährung machen“. Nötig sei eine Gesamtstrategie zur Reduzierung von Kalorien.

Derweil nutzt die Industrie das Zögern der Politik, legt selbst Kennzeichnungen fest. Im vergangenen Jahr taten sich Nestlé, Mondelez, Unilever, Coca-Cola, Pepsi und Mars zusammen, um ein eigenes System zu entwickeln. Es soll den Namen Evolved Nutrition Labelling tragen. Vor wenigen Wochen teilte Mars allerdings mit, nicht mehr an dem Projekt mitwirken zu wollen. Die Verbraucherschützer von Foodwatch hatte die geplante Kennzeichnung der Industrie scharf kritisiert. Sie bemängelten, dass die Mengenangabe, auf die sich eine solche Ampel beziehen soll, nicht einheitlich und das Ergebnis somit kaum vergleichbar sei. 

Bild: Getty Images / JEFF PACHOUD / Staff