Holten begehrte Snacks aus England nach Deutschland: Kay und Diana Höppner.
Holten begehrte Snacks aus England nach Deutschland: Kay und Diana Höppner.

Essen könne man nicht digitalisieren, lautete lange Zeit die Meinung von Managern der Food-Branche. Durch die Corona-Krise bekommt das Thema neuen Rückenwind. Die Deutschen testen Lieferdienste, lassen sich Wein nach Hause schicken oder zwingen kleine Händler, es mit einem Onlineshop zu versuchen. In dieser Woche schauen wir uns an, was die Krise für solche Unternehmen bedeutet und ob der Trend auch nach dem Lockdown anhält.

Ein überteuerter Kaffee in der einen Hand, ein überzuckerter Snack in der anderen – das muss nicht sein: Dass eine Pausenbelohnung durchaus auch gesund sein kann, wollen Kay und Diana Höppner beweisen. In seinem Onlineshop Pausenfudder verkauft das Hamburger Paar seit zwei Jahren vegane Produkte, die eine ganze Reihe Kriterien erfüllen müssen: Energyballs, Pralinen, Cracker und Kekse sollen „glutenfrei, biologisch hergestellt, roh, frei von industriellem Zucker, Fairtrade sowie frei von Gentechnik“ daherkommen. Aktuell listet Pausenfudder rund 300 Produkte.

Noch leiten die Eheleute ihren Shop und die vier Angestellten nebenberuflich. Aufgrund der Pandemie-Einschränkungen können sich die Höppners derzeit aber voll ihrem Startup (und ihren zwei Kleinkindern) widmen. Normalerweise – ohne Corona und die damit verbundene Kurzarbeit – arbeiten Kay und Diana Höppner nämlich in einem Casino. Der Sprung ins Unternehmertum gelang ihnen ohne Ausbildung oder abgeschlossenes Studium im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich trotzdem. 

Kay, du arbeitest, wie auch deine Frau, als Croupier. Wie kamt ihr darauf, einen Onlineshop für vegane Snacks hochzuziehen? Das klingt weit entfernt von Poker und Roulette.

Letztendlich haben wir unser Startup wahrscheinlich dem relativ dürftigen Angebot an gesünderen oder nahrhaften Lebensmitteln in den deutschen Snack-Automaten zu verdanken. Wir haben in Nachtschichten schon mal Kollegen beobachtet, die vor dem Automaten standen und sich entscheiden mussten zwischen Snickers oder der – vielleicht noch gesünderen Variante – Studentenfutter. Also haben wir uns überlegt, dass es doch längst bessere Produkte geben muss. Damals stellten wir gerade unsere Ernährung um, fingen an zu recherchieren und entdeckten, dass es tatsächlich längst Unternehmen in dem Bereich gibt. Wir fanden Hersteller, die nachhaltiger sind als die großen, bekannten Marken. So ist die Idee zum eigenen Shop entstanden. 

Wolltet ihr gleich online verkaufen?

Wir wollten zuerst auf Unternehmen zugehen, damit sie ihren Mitarbeitern unsere Snack-Auswahl anbieten können. Das machen wir auch nach wie vor, aber den Gros des Umsatzes erreichen wir durch den Onlineshop, also den B2C-Bereich. 

Wie sieht denn der Umsatz aus? 

Die Zahl der Bestellungen ist im ersten Jahr schnell angestiegen. In 2019 konnten wir dann schon einen sechststelligen Umsatz erreichen. 

Wie sieht es denn mit der Marge aus – lohnt sich das Geschäft mit veganen Snacks überhaupt, wenn die Zielgruppe recht überschaubar ist?

Bei Lebensmittel gibt es generell keine allzu hohen Margen, denn es handelt sich um einen umkämpften Markt. Auch wenn wir Produkte verkaufen, die in Deutschland nicht im Handel, sondern nur online erhältlich sind, fallen die Margen nicht so hoch aus wie bei Kosmetik oder Kleidung. Das nehme ich zumindest an. Aber natürlich lässt sich in dem Bereich Geld verdienen. 

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In der Corona-Krise bleibt den Leuten ja mehr Zeit, sich mit ihren Essgewohnheiten zu beschäftigen. Konntet ihr schon eine verstärkte Nachfrage bemerken? 

Ob sich der Effekt tatsächlich durch die Krise eingestellt hat, weiß ich nicht. Allerdings haben wir Glück, dass wir uns in einem Bereich bewegen, der definitiv nicht so stark betroffen ist wie zum Beispiel die Gastronomie. Also solche Unternehmen, die gar keine oder nur sehr wenige Umsätze machen. Außerdem sind wir als Pausenfudder noch relativ unbekannt – wobei sich das zu unserer Freude immer mehr ändert.

Inwiefern?

Wir wachsen ganz ordentlich, von daher ist es aktuell schwer zu sagen, ob sich die Krise negativ oder positiv auswirken wird. Niemand kann voraussehen, wie sich das Konsumverhalten ändern wird, und manch einer betrachtet unsere Snacks vielleicht als Luxusgut. Schließlich sind sie auch teurer als das vorhin erwähnte Snickers. Aktuell sind wir mit der Entwicklung, die wir durchlaufen, aber sehr zufrieden. Und wir können zum Glück auch ohne großen Aufwand weiterarbeiten: von zu Hause aus, allein im Büro oder zu zweit im Lager, denn die Pakete für die Kunden müssen natürlich gepackt werden. 

Wie sucht ihr die Produkte aus, die ihr anbietet? 

Wir haben viel im Netz recherchiert, wobei wir uns inzwischen glücklich schätzen können, dass Unternehmen auch auf uns zukommen. Wir achten auf verschiedene Kriterien, die Snacks sollen möglichst gluten- und zuckerfrei und biologisch hergestellt sein. Auch eine nachhaltige Komponente finden wir gut – sei es, dass Gewinne vom Unternehmen für soziale Projekte eingesetzt werden oder ein besonderer Wert auf eine nachhaltige Verpackung gelegt wird. Langsam entwickeln wir auch ein Know-how dafür, was gerade angesagt ist oder was unsere Kunden besonders gerne mögen. 

Wie die Snacks von Deliciously Ella, der Marke der in Großbritannien sehr bekannten Bloggerin und Kochbuchautorin Ella Mills.

Genau, ihre Produkte sind von Anfang an gut angekommen. In England ist das Bewusstsein für gesunde Lebensmittel auch schon viel verbreiteter als hierzulande. Dort gibt es die Snacks zum Beispiel sogar schon an Bahnhöfen, während wie hier in Deutschland in Drogerien oder Bio-Supermärkte gehen müssen – und selbst dort gibt es oft nur ein Regal. Die große Masse erreicht man derzeit noch nicht mit Snacks dieser Art.

Wie seid ihr überhaupt zu eurem Wissen als Unternehmer gekommen? Ihr seid beide Croupiers, wofür es keine Ausbildung gibt, und du hast nur ein paar Semester BWL studiert.

Kein Gründer lernt je aus. In etlichen Aspekte müssen wir uns immer wieder neu reindenken und überlegen, wie wir Probleme angehen. Das ist das Reizvolle an der Aufgabe – das, was Spaß macht. Rat geholt haben wir uns bei Freunden und bei der Handelskammer, und auch wenn wir uns jetzt schon sicherer fühlen als Unternehmer, fragen wir immer mal wieder nach. 

Wollt ihr eure Jobs als Croupiers bald aufgeben? 

Der Gedanke ist natürlich da, vor allem, weil die Arbeit in einer Spielbank sehr viel Zeit am Wochenende und in der Nacht in Anspruch nimmt; das passt für uns als kleine Familie nicht mehr so gut zusammen. Aber in greifbare Nähe ist das Aufgeben der Casino-Jobs noch nicht gerückt. Aber das kann sich natürlich in Zukunft ändern.

Bild: privat