Luke Schlueter, Michael Farid, Kale Rogers, Sam Benson, Brady Knight und Daniel Boulud (von links)

Sie haben Maschinenbau am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) studiert, jetzt sind sie Restaurantbesitzer. Das passt nicht zusammen? Vielleicht muss man dazu wissen, dass im Restaurant von Michael Farid, Kale Rogers, Luke Schlueter und Brady Knight keine Köche das Essen zubereiten – sondern Roboter. Schon stimmt das Bild wieder.

Im Spyce-Restaurant in Boston bestellen die Gäste ihr Essen per Tablet. Der Roboter holt die Zutaten dann aus dem Kühlschrank, schneidet sie zurecht und bereitet sie vor den Augen der Gäste zu. Die sperrige Maschine ähnelt dabei einer Beton-Mischanlage, denn das Essen wird in den insgesamt sieben rotierenden und per Induktion erhitzten Woks permanent geschleudert. Anschließend stürzt das fertige Essen in eine Schüssel. Ums Saubermachen kümmert sich die Anlage ebenfalls. Bis zu 200 Gerichte schaffe die Maschine so pro Stunde, in weniger als drei Minuten sei das Essen fertig, verspricht Spyce.

Doch wie kamen die vier Maschinenbau-Studenten auf die Idee, in die Gastronomie zu gehen? Schon früher, so schreiben sie auf ihrer Webseite, hätten sie als passionierte Wasserball-Spieler auf ihre Ernährung geachtet. Unsummen für teures oder ungesundes Fast Food hätten sie nicht ausgeben wollen. Und da Kochen bekanntlich anstrengend ist, hätten sie sich, so schreiben sie weiter, einen Roboter gewünscht, der ihnen leckere und nahrhafte Gerichte zubereite. Und natürlich später alles wieder aufräume.

So sehen die Spyce-Bowls aus

Im Keller ihrer Studentenverbindung tüftelten die Maschinenbauer an einem Prototypen ihrer Wunschmaschine. Know-how bei der Zusammenstellung ihrer Rezepte holten sie sich vom französischen Koch Daniel Boulud, dessen Restaurants in der Vergangenheit bereits mit mehreren Michelin-Sternen ausgezeichnet wurden. An den Sternekoch seien sie gekommen, indem sie seine E-Mail-Adresse erraten und ihn auf gut Glück angeschrieben hätten. Diese Geschichte erzählt das Startup zumindest in seinem Werbevideo. Boulud habe das, so schildert er, zunächst ein bisschen verwundert. Er sei dann aber doch „neugierig“ gewesen. „Ich musste nach Boston kommen“, sagt er.

Dort eröffneten die Spyce-Gründer Anfang Mai nach mehreren Jahren Entwicklungszeit ihr erstes Roboter-Restaurant. Sternekoch Boulud ist als Investor und „Kulinarischer Leiter“ dabei, Küchenchef ist dessen Zögling Sam Benson.

200 Gerichte pro Stunde

Auf der Speisekarte im Spyce stehen derzeit sieben verschiedene „Bowls“ – Schüssel-Gerichte – mit Zutaten wie Reis, Getreide und viel Gemüse. Die Gerichte schlagen mit je 7,50 US-Dollar zu Buche.

In dem Restaurant soll alles so effizient wie möglich ablaufen, für menschliches (und bezahltes) Personal, das Pausen braucht und hin und wieder krank wird, ist da kein Platz. Bleibt die Frage, wie viele Arbeitsplätze durch das Gastronomie-Konzept von Spyce wegfallen werden und wie viel günstiger die menschenlosen Abläufe tatsächlich sind. Spyce-Mitgründer Farid will sich dazu gegenüber der Washington Post nicht äußern.

In Berlin verfolgt die von SAP unterstützte Data Kitchen einen vergleichbaren Ansatz, hinter dem futuristisch wirkenden Mittagessen-Automaten stehen aber Köche, die die Mahlzeiten kochen. Gleiches gilt für die US-Kette Eatsa. Auch bei Spyce sind noch nicht alle Jobs ersetzt: Es gibt Angestellte, die das Essen am Ende mit Koriander garnieren und solche, die Gäste am Eingang mit dem in den USA obligatorischen „How are you?“ begrüßen.

Ob Arbeitsplatz-Vernichter oder nicht: Die Gäste strömen gerade ins Bostoner Restaurant. Auf Yelp wird Spyce bislang mit vier von fünf Sternen bewertet. Eine Nutzerin schreibt etwa, das Essen sei gut gewesen, aber nicht spektakulär. Der kochende Roboter ist eben vor allem eine Attraktion – für’s Auge.

Bild: Spyce