Zwischen Lieferando und seinen Kurieren gibt es schon lange Streit – nun erreicht er eine neue Eskalationsstufe.

In der Corona-Krise gibt es nur wenige Gewinner. Angesichts geschlossener Restaurant gehört Lieferando sicherlich dazu. Doch das Management des Bringdiensts und dessen Kurierfahrer streiten sich seit Monaten über die Wahlen eines Betriebsrats. Zuletzt landete der Schlagabtausch vor dem Landesarbeitsgericht in Köln – die Richter hatten im Januar zugunsten neuer Wahlen entschieden. Nun hat der Streit eine neue Eskalationsstufe erreicht.

Nach Informationen von Business Insider hat es am Montag bei Lieferandos Betriebsratswahlen in Köln einen Polizeieinsatz gegeben, der eine Anzeige wegen Nötigung und unzulässiger Beeinflussung von Betriebsratswahlen nach sich zog. Eine Sprecherin der Kölner Polizei bestätigte den Vorfall, äußerte sich aber aufgrund laufender Verfahren nicht zum Inhalt der Anzeige.

Standortleiter soll Prügel angedroht haben

Wie Business Insider aus Betriebsratskreisen erfuhr, richtet sich die Anzeige gegen Lieferandos Standortleiter in Köln. Dieser hatte selbst auf der arbeitnehmernahen Liste für den Posten als Betriebsrat kandidiert.

Die Wahl fand am Montagmittag an der Kölner Adresse des Betriebsratsbüros statt. Laut Augenzeugen, die der Arbeitnehmerseite angehören, soll der Mann vor dem Eingang des Wahllokals zunächst Flyer verteilt und später auch Leute abgewiesen haben. Der Aufforderung des Wahlleiters, das Gelände zu verlassen, sei er nicht nachgekommen. In der darauffolgenden Auseinandersetzung soll der Standortleiter seinen Widersachern zudem Prügel angedroht haben.

Nach aktueller Rechtslage ist Kandidatenwerbung bei Betriebsratswahlen auch während des bereits laufenden Wahlvorgangs erlaubt. Im Gegensatz zur Bundestagswahl ist die persönliche Ansprache von Wählern vor dem Wahllokal also kein Problem. Nicht erlaubt ist es jedoch, Mitarbeiter an der Wahl zu hindern oder diese unter Druck zu setzten.

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Lieferando-Management will Vorfall untersuchen

Lieferando-Chef Jörg Gerbig schrieb in einer E-Mail an Business Insider, dass man die Vorkommnisse untersuchen werde.

„Leider haben wir von individuellen Teilnehmern und Unterstützern der Betriebsratswahl unterschiedliche Vorwürfe gegeneinander gehört. Die Wahl fand nicht in den Räumlichkeiten unseres Unternehmens statt. Wir als Unternehmen bleiben neutral und werden, soweit erforderlich, Untersuchungen einleiten. Insgesamt unterstützen wir als Unternehmen die Zusammenarbeit mit den Betriebsräten und ihren Mitgliedern und freuen uns auf eine fruchtbare Zusammenarbeit.“

Streit mit Betriebsrat schwelt seit Foodora-Übernahme

Die Arbeitnehmerseite sieht die „fruchtbare Zusammenarbeit“ offenbar ganz anders. Ein Vertreter der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hatte dem Unternehmen zuletzt vorgeworfen, die Bildung eines neune Betriebsrats aktiv zu sabotieren.

Zwischen dem Lieferando-Management und dem Kölner Betriebsrat schwelt seit September 2019 ein Streit. Hintergrund ist die Zusammenführung mit dem Konkurrenten Foodora, den die Lieferando-Mutter Takeaway.com zuvor gekauft hatte.

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Mit Foodora hatte sich Lieferando auch deren Betriebsräte ins Haus geholt. Im Zuge der Verschmelzung beider Lieferdienste hatten die Arbeitnehmer neue Wahlen für einen Betriebsrat angestrebt, der dann alle 400 Mitarbeiter von Lieferando in Köln vertreten soll – und nicht nur die 22 Ex-Foodora-Fahrer.

Lieferando lehnt derzeit einen Betriebsrat ab, wie aus Gerichtsakten hervorgeht, die Business Insider vorliegen. Das Management argumentiert, dass es sich bei Foodora und Lieferando nach wie vor um zwei getrennte Betriebe handele. Dieser Auffassung hat das Landesarbeitsgericht Köln im Januar mit Verweis auf die gemeinsame App und die einheitliche Kleidung der Fahrer widersprochen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Business Insider Deutschland.
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Bild: Takeaway