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_O9A1459 Die Recup-Gründer Fabian Eckert (links) und Florian Pachaly

Wieder keine Zeit gehabt, zuhause einen Kaffee zu trinken? Dann kauft man eben einen „Coffee to go“ auf dem Weg zur Arbeit – wie immer in einem Pappbecher, der später weggeschmissen wird.

Der Koffeinkick unterwegs sorgt für eine Menge Abfall: Die Deutsche Umwelthilfe fand heraus, dass pro Jahr etwa drei Milliarden dieser Einwegbecher verbraucht werden. Ein Recycling dieser Becher findet oft nicht statt: „Der Einwegbecher wird unterwegs leer getrunken und auch unterwegs entsorgt. Entweder landet er im öffentlichen Abfallbehälter und wird dann verbrannt oder er verdreckt die Umwelt“, gibt Thomas Fischer von der Umwelthilfe zu bedenken. „Selbst wenn es Verbraucher gut meinen und den Pappbecher in den gelben Sack schmeißen, wird er ebenfalls verbrannt.“ Der Grund: die Becher-Beschichtung aus Kunststoff, die sich kaum von den Papierfasern trennen lässt. Kein Wunder also, dass immer mehr Initiativen entstehen, die dieses Problem lösen wollen. So gibt es in Freiburg das Mehrwegsystem „Freiburg Cup“ und in Hamburg „Refill it“.

Auch Fabian Eckert und Florian Pachaly aus Rosenheim sagen dem Einwegbecher den Kampf an. Seit Ende 2016 verkaufen sie mit ihrem Startup Recup Becher aus Kunststoff an Café-Betreiber, die diese bis zu 500 Mal nutzen können. Gegen ein Euro Pfand können Kunden ihren Kaffee zum Mitnehmen darin serviert bekommen, in jedem anderen Partner-Café können sie den leeren Becher wieder abgeben.

Eine erste Testphase hat das Jungunternehmen inzwischen beendet – jetzt wollen die beiden Gründer ihr Konzept in ganz Deutschland verbreiten. Im Interview verrät uns Mitgründer Fabian Eckert mehr Details.

Fabian, Ihr habt direkt nach dem Studium Recup gegründet. Wie habt Ihr angefangen?

Wir wollten so schnell wie möglich an den Markt, um unser Konzept auszuprobieren. Wir haben uns auf Rosenheim als Testmarkt geeinigt, weil München viel zu groß ist, um so ein System auszuprobieren. Also sind wir einfach mal durch die Stadt gelaufen, haben an ein paar Türen geklopft und gehört, ob dafür ein offenes Ohr da ist. Das hat geklappt: Alle 26 Cafés, die wir angesprochen haben, haben auch in unserem Testlauf mitgemacht.

Wie erklärst Du dir die positive Resonanz?

Die Cafés sind sich zum Großteil bewusst, dass die Einwegbecher unnötiger Müll sind. Zwei der Café-Besitzer wollten sogar selber ein Pfandsystem ausprobieren. Das Problem ist aber, wenn man das als Café initiiert, machen die Wettbewerber nicht so gern mit. Wenn es von außen kommt, ist die Bereitschaft es auszuprobieren größer. Wir probieren jetzt, das Konzept flächendeckend auszurollen. Das Pilotprojekt ist beendet.

Woraus bestehen Eure Becher?

Die Becher sind aus Polypropylen, also Kunststoff, auch verschrien als Plastik. Wir haben uns sämtliche Materialien angeschaut, die für Becher infrage kommen, und sind zu dem Schluss gekommen, dass Kunststoff am Ende der beste Wertstoff ist. Er erfüllt alles, was wir für ein Pfandsystem brauchen: Er ist leicht, robust und fast zu 100 Prozent recyclebar. Die Becher lassen sich gut stapeln und haben keine dicken Wände. Andere Materialien wie Metall, Keramik oder Glas waren entweder zu schwer oder nicht bruchsicher.

Was passiert, wenn die Becher nicht mehr benutzbar sind?

Wir bieten all unseren Teilnehmern an, dass wir nicht mehr benutzbare Becher wieder zurücknehmen und recyclen. Sie gehen direkt an die Hersteller, der sie dann schreddert und für andere Dinge einsetzt. Allerdings nicht mehr für Becher, das geht aus lebensmitteltechnischen Gründen nicht. Polypropylen ist aktuell die nachhaltigste Alternative, wenn es richtig eingesetzt wird. Natürlich muss man darauf achten, dass die Becher nicht in den Müll wandern.

Kauft Ihr die Plastikbecher ein?

Genau, wir werden sie auch in Zukunft einkaufen. Wir haben einen neuen Becher entworfen, der in einigen Monaten auf den Markt kommt. Den haben wir gemeinsam mit dem Hersteller entwickelt. Der sitzt am Bodensee und produziert die Becher in Deutschland.

Becherpaar reCup Kopie

Gerade frisch aus dem Studium und schon gegründet: Wie konntet Ihr die Umsetzung von Recup finanzieren?

Ich habe vor dem Studium schon ein paar Jahre gearbeitet und den Master sozusagen nachgeschoben. Daraus hatte ich noch Rücklagen. Florian hatte auch noch Geld gespart, er hatte dual studiert und nebenher gearbeitet. So konnten wir den Start finanzieren. Das ist aber jetzt auch vorbei. (Lacht)

Also braucht Ihr nun Geld von Investoren?

Die erste Finanzierungsrunde, die wir jetzt anstoßen, wird erst einmal von Family, Friends und Fools kommen. Also von allen, die Lust haben und an uns glauben. Wir müssen dafür erst einmal alle rechtlichen Grundlagen glatt ziehen, eine GmbH gründen. Für größere Investments sind wir aktuell noch nicht so weit.

Wie finanziert Ihr Euch sonst?

Wir verkaufen die Becher für den Pfandpreis an die Cafés, das ist ein durchlaufender Posten. Die Becher gehen für ein Euro pro Stück an das Café und der Kunde des Cafés, der einen Becher mitnimmt, lässt diesen wieder im Laden. So gesehen ist es für das Café eine Vorfinanzierung. Sobald der Pfand durch den Kunden gezahlt wurde, ist der Euro wieder da. Sollten die Recups nicht wieder zurückkommen oder woanders abgegeben werden, kann der Anbieter mit dem Euro wieder einen neuen Becher bestellen. Zusätzlich bekommen wir noch eine monatliche Gebühr, die in etwa dem entspricht, was auch Einwegbecher kosten würden.

Wie hoch ist die Gebühr?

Nur so viel: Wer auf Mehrwegbecher umstellt, kann sich die Einwegbecher sparen. Wir bieten nicht zwingend ein System an, mit dem die Cafés Geld verdienen. Aber man kann es kostenneutral gestalten, sodass die Cafés zumindest keine finanzielle Belastung haben.

Was sind denn dann die Anreize für ein Café?

Wir sehen, dass viele Filialen jetzt erst die Problematik der Einwegbecher sehen und etwas dagegen unternehmen möchten. Da ist eine kostenneutrale und nachhaltige Alternative durchaus attraktiv. Wenn man für den gleichen finanziellen Aufwand etwas Nachhaltiges anbieten kann – warum sollte man das nicht tun? Hinzu kommt: Nachhaltigkeit ist sexy. (Lacht) Ein Café hat eine Nachhaltigkeitswirkung nach außen, wenn es sich so einem System anschließt.

Ein netter Nebeneffekt ist die App, in der die Filialen vermerkt sind. Wir haben durchaus Feedback von Cafés bekommen, dass dadurch neue Kunden reingekommen sind, die mal einen Becher und manchmal auch einen Euro Pfand da gelassen haben.

Es gibt in einigen Städten wie Freiburg ähnliche Konzepte. Wie könnt ausgerechnet Ihr Erfolg haben?

Wir sind der erste unabhängige Anbieter, der das Ziel verfolgt, ein flächendeckendes Pfandsystem für Mehrwegbecher einzuführen. Im Vergleich zu vielen anderen Initiativen probieren wir, ein langfristig tragfähiges Konzept zu erstellen. Dabei unterscheiden wir uns vor allem dadurch, dass wir unser Unternehmen von Grund auf nachhaltig aufbauen wollen.

Wir sind fest davon überzeugt, dass sich ökologisch und sozial nachhaltiges Handeln sehr gut mit Profitabilität vereinen lässt und der größte Gewinn für die Gesellschaft entsteht, wenn wir anschließend einen großen Teil der erwirtschafteten Gewinne wieder in Nachhaltigkeit investieren können.

Danke für das Gespräch, Fabian!

Bild: Recup