Essen mit Freunden

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) ist überzeugt, dass Essen mehr ist als pure Nahrungsaufnahme: „Es ist ein Spiegel unserer Gesellschaft.“ Daher wollte er wissen, worauf die Deutschen beim Einkauf achten, wie sie sich über Lebensmittel informieren und mit wie viel Lust und Freude sie in der heimischen Küche am Herd stehen.

Herausgekommen ist der „Ernährungsreport 2017“, den der Minister an diesem Dienstag in Berlin vorgestellt. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat dafür 1.000 Bundesbürger ab 14 Jahren zu ihren Ess- und Einkaufsgewohnheiten befragt. Es ist nach 2016 die zweite Umfrage dieser Art. Das sind die überraschendsten Ergebnisse:

1. Essen, was schmeckt

Die Deutschen lassen sich von niemandem vorschreiben, was auf ihren Teller kommt. Und schon gar nicht orientieren sie sich an dem Gehalt von Zucker, Fett und Kalorien: 97 Prozent kaufen einfach, was ihnen schmeckt. 73 Prozent der Verbraucher legen beim Einkauf Wert auf regionale Produkte. Gut die Hälfte der Befragten achtet darauf, dass es preiswert ist. Etwas weniger als die Hälfte bevorzugt bestimmte Marken. Gerade einmal ein Drittel probiert gern neue Produkte aus, die sie aus der Werbung kennen.

Bei Trendlebensmitteln gehen die Ansichten der deutschen Konsumenten auseinander. Skeptisch sind die Deutschen bei sogenanntem Superfood wie Smoothies. Jeder zweite ist überzeugt, dass sie nur eine kurzlebige Modeerscheinung sind – Frauen noch mehr (55 Prozent) als Männer (47 Prozent). Vegane Lebensmittel dagegen halten drei von vier Befragten langfristig für relevant.

2. Kinder kochen gern

Von wegen BigMac, Döner und Currywurst: Die Jugend steht gern selbst am Herd und probiert Rezepte aus. 90 Prozent der 14- bis 18-Jährigen begeistern sich für das Kochen. Das sind deutlich mehr als der bundesweite Durchschnitt aller Altersgruppen. Dort sind es 75 Prozent. Diese Begeisterung will der Minister aufgreifen und ein Schulfach Ernährung einführen: Neun von zehn Deutschen finden Ernährungsunterricht so wichtig Deutsche, Mathematik und Physik.

Allerdings kochen die Jugendlichen nicht täglich. Nur jeder fünfte bereitet täglich eine warme Mahlzeit zu. Insgesamt wird in Deutschland jedoch nicht mehr so oft gekocht: 39 Prozent der Bundesbürger kochen täglich, zwei Prozentpunkte weniger als vor einem Jahr. Die Kochlust lässt also nach – trotz der vielen Kochshows im Fernsehen und des großen Angebots an Kochbüchern.

3. Pizza weit abgeschlagen

Wenn es um die Lieblingsspeisen der Deutschen geht, standen bislang Pizza und Pasta ganz weit vorn. Tatsächlich aber nennen 53 Prozent der Befragten Fleischgerichte an erster Stelle, gefolgt von Nudeln und Gemüsegerichten. Erst an siebter Stelle wird Pizza genannt, gleichauf mit Geflügelgerichten. Das ist umso überraschender, als es in der Küche möglichst unkompliziert zugehen soll. 55 Prozent der Verbraucher wünschen sich eine einfache und schnelle Zubereitung; zehn Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr.

Auch der Anteil derer, die gern mal eine Tiefkühlpizza oder andere Fertigprodukte essen, hat deutlich zugenommen – von 32 auf 41 Prozent. Dabei sind es vor allem die Frauen, die nicht so viel Zeit in der Küche verbringen wollen. Mehr als die Hälfte der Männer lässt sich gern Zeit beim Kochen.

4. Butterbrote statt Kantine

Der Speiseplan der Kantine kann sich noch so verlockend lesen. Die Mehrheit der Deutschen schmiert sich zu Hause eine Stulle für die Mittagspause. 57 Prozent der Arbeitnehmer, Schüler und Studierenden hat eine Brotdose dabei. Allerdings ist der Trend rückläufig: Im vergangenen Jahr waren es noch 65 Prozent. Ein Fünftel der Bundesbürger geht in der Mittagspause in die Kantine, 15 Prozent holen sich einen Snack vom Bäcker oder von einem Schnellimbiss. Nur fünf Prozent essen mittags in einem Restaurant.

Männer lassen sich ihr Mittagessen mehr kosten. So geben Frauen für die Mittagsmahlzeit im Durchschnitt 5,40 Euro aus, Männer dagegen 6,80 Euro. Immerhin jeder fünfte Befragte verzichtet ganz aufs Mittagessen.

5. Zu Fuß zum Einkaufen

Es ist keineswegs so, dass heute jeder mit dem Auto zum Supermarkt fährt und keinen Schritt mehr tut. Knapp die Hälfte der Deutschen geht zu Fuß zu seinem bevorzugten Lebensmittelgeschäft.

Knapp zwei Drittel der Verbraucher erledigen fast ihren gesamten Einkauf in einem Supermarkt. Das ist im Vergleich zum Vorjahr ein leichter Anstieg um drei Prozentpunkte auf 62 Prozent. 43 Prozent kaufen auch regelmäßig bei Aldi und Co. Das sind deutlich mehr als im Vorjahr. Da waren es noch 35 Prozent. Die Vorliebe für Supermärkte und Discounter geht vor allem zulasten der Wochenmärkte. Dort kaufen nur noch acht Prozent der Verbraucher ein; sechs Prozent weniger als im Vorjahr.

Auch das Interesse am Hofladen beim Bauern ist mit fünf Prozent nur noch halb so groß wie im Vorjahr. Der Bioladen hat ebenfalls an Attraktivität eingebüßt; sechs Prozent der Verbraucher kaufen dort regelmäßig ein; zwei Prozentpunkte weniger als vor einem Jahr.

6. Auch ältere Menschen googeln vor dem Einkauf

Da sage noch einer, die über 60-Jährigen würden sich mit Computer und Smartphone nicht auskennen. Immerhin 40 Prozent dieser Altersgruppe informieren sich über bestimmte Lebensmittel oder Sonderangebote zu Hause im Internet. Oder sie googeln, wenn sie vor dem Regal im Supermarkt stehen.

Für die Orientierung beim Einkauf werden auch Etiketten und Siegel immer wichtiger. Fast die Hälfte der Verbraucher achtet inzwischen auf Tierwohl-Label als Kennzeichen für eine besonders tiergerechte Haltung von Schweinen, Kühen und Geflügel. Von einem Landwirt erwarten 70 Prozent der Verbraucher, dass er vor allem gut mit seinen Tieren umgeht. Erst an zweiter Stelle – mit 69 Prozent – steht die Qualität der Produkte, gefolgt von einer fairen Entlohnung der Mitarbeiter. Dieser Aussage stimmen 57 Prozent der Befragten zu.

7. Essen, zu gut für die Tonne

Die Deutschen werfen Lebensmittel nicht leichtfertig in den Müll. Nur fünf Prozent entsorgen ein Produkt, sobald das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. 76 Prozent prüfen zunächst, ob zum Beispiel der Joghurt nicht doch noch genießbar ist. Eltern sind aus Sorge um ihre Kinder offensichtlich entschiedener beim Aufräumen von Kühlschrank und Vorratskammer: Wo Kinder im Haushalt leben, landen verderbliche Lebensmittel eher in der Tonne – zehn Prozent – als bei Kinderlosen, von denen nur drei Prozent Essen wegwerfen.

Minister Schmidt hält das Mindesthaltbarkeitsdatum für ein „gesellschaftliches Auslaufmodell“. Er plant ein „Verbrauchsverfallsdatum“. Denkbar wäre, Verpackungen mit einer Art Verzehr-Ampel auszustatten: Ein Chip leuchtet grün, solange das Lebensmittel frisch ist. Verfärbt er sich gelb, wird es höchste Zeit, das Produkt zu verbrauchen. Bei Rot ist es nicht mehr zu genießen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Welt Online

Bild: Gettyimages/Hinterhaus Productions