Miguel McKelvey will die Öko-Bilanz seines Unternehmens verbessern.
Miguel McKelvey will die Öko-Bilanz seines Unternehmens verbessern.

Als die Grünen den „Veggie-Day“ im Bundestagswahlkampf 2013 in öffentlichen Kantinen forderten, warfen Twitter-Nutzer der Partei eine Umerziehungsgesinnung vor. Die CDU sah die „Bundes-Verbots-Republik“ aufziehen und die „Bild“ titelte „Die Grünen wollen uns das Fleisch verbieten“. Ein veritabler Shitstorm. Das Vorpreschen wurde zum Synonym für die vermeintliche Verbotsmentalität der Grünen, eine nüchterne öffentliche Debatte über die Sinnhaftigkeit von Fleischverzicht ist seitdem kaum noch möglich.

Doch der Veggie-Day ist nicht tot zu kriegen. Nun ist er in der Startup-Welt angekommen. Diesmal allerdings noch konsequenter. Wie in der vergangenen Woche bekannt wurde, zahlt der Co-Working-Anbieter WeWork seinen Mitarbeitern ab sofort das Mittagessen nicht mehr, wenn Fleisch auf dem Teller lag. Zudem wird es auf Firmenevents kein Fleisch mehr geben. Das teilte der Mitgründer Miguel McKelvey seinen rund 6.000 Mitarbeitern in der vergangenen Woche in einer E-Mail mit. Die Regelung soll auch für die Standorte in Deutschland gelten.

Ein Grund für den nächsten Shitstorm? Absolut nicht! Der leidenschaftlich gern Fleisch essende Autor dieses Textes findet: Der Vorstoß von WeWork ist absolut legitim. 

Es schränkt niemandes Freiheit ein

Zum einen ist die Regelung eben kein Verbot. Es ist lediglich die Verweigerung einer Unterstützungszahlung, die das Unternehmen freiwillig leistet. Auch weiterhin kann jeder WeWork-Mitarbeiter nach Belieben Burger, HotDogs oder Steaks in der Mittagspause essen – einzig der Preis wird ihm nicht erstattet. Anders als von Kritikern bemängelt, schränkt die Neuerung also niemanden in seiner Freiheit ein. Es zwingt niemanden Vegetarier zu werden. Welches Essen auf Firmenfeiern serviert wird, liegt ohnehin im Hoheitsbereich der Firma. 

Zum anderen hat McKelvey gewichtige Argumente auf seiner Seite. „Neue Untersuchungen zeigen, dass Fleischverzicht zu den wichtigsten Dingen gehört, die jeder einzelne zum Umweltschutz beitragen kann — das bringt mehr, als auf ein Hybrid-Auto umzusteigen“, schreibt McKelvey in seinem Statement. WeWork schätzt, dass der Schritt die eigene Umweltbilanz um rund 200.000 Tonnen CO2 und 63 Millionen Liter Wasser verbessert. Werte, die die Entscheidung von WeWork durchaus rechtfertigen, so sie denn eintreten.

Doch selbst wenn man der Ansicht wäre, es handele sich bei der ganzen Maßnahme vor allem um Imagepflege, so sollte man die Signalwirkung, die von dieser E-Mail ausgeht nicht unterschätzen. Sie ist ein Denkanstoß, deren Wirkung sogar größer sein könnte, als die von WeWork verbreiteten Zahlen zur Umweltbilanz, die ohnehin niemand nachprüfen kann.

Man könnte zwar einwenden, dass der Umwelt auch nicht geholfen sei, wenn alle Mitarbeiter nun Ersatzprodukten wie Soja verspeisen, die ebenfalls große Umweltauswirkungen haben. Oder dass man ja Bio-Fleisch essen könnte, anstatt ganz zu verzichten. Doch beide Argumente greifen nicht. Studien zeigen, dass die Umweltauswirkungen von Bio-Fleisch sogar noch größer sind als die von herkömmlicher Haltung. Und dass alle bisher Fleisch essenden Mitarbeiter plötzlich auf Soja-Nuggets oder Tofu-Burger umsteigen, darf auch bezweifelt werden. Da hört sich ja Penne Aglio e Olio noch reizvoller an! 

WeWork befreit den Veggie-Day von seinem Stigma

Dass Angewohnheiten, die das Potenzial haben, der Allgemeinheit zu schaden, nicht subventioniert oder sogar mit Zusatzzahlungen belegt werden, ist von Zigaretten bis zu schmutzigen Autos völlig normal. Und dass Fleischkonsum im hierzulande durchschnittlichen Maße durch seine Auswirkungen aufs Klima ebenfalls der Allgemeinheit schadet, ist leider hinlänglich bekannt. 

Deshalb ist die Idee eines Veggie-Days auch nicht neu. Ganz ohne Shitstorm hat Bremen einen fleischfreien Tag schon 2010 in den öffentlichen Kantinen des Bundeslandes eingeführt. In anderen Ländern wie Israel oder Singapur hat sich der Meatless Monday ebenfalls etabliert. Und auch das Norwegische Militär kommt seit 2016 einen Tag in der Woche ohne Fleisch aus. 

Dass mit WeWork ein privatwirtschaftliches Unternehmen einen ähnlichen Weg einschlägt, ist zu begrüßen. Denn es befreit den Veggie-Day vom Stigma eines vom Staat auferlegten Diktats. Stattdessen ebnet es den Weg für eine deutlich rationalere Sichtweise: Es ist ein Schritt im Sinne der Allgemeinheit.

 

Bild: Getty Images / VCG / Contributor, Getty Images / REDA&CO / Contributor (Umfrage)