Wiesenhof ist einer der größten deutschen Geflügelzüchter

Seit etwa drei Jahren arbeiten verschiedene Startups daran, künstliches Fleisch aus Muskelzellen herzustellen. Promi-Investoren wie Bill Gates, Richard Branson und Elon Musks Bruder Kimbal glauben an das Laborprodukt, investieren Millionen in junge BioTech-Unternehmen. Eines davon ist das israelische Startup Supermeat, an dem sich im Januar auch die PHW-Gruppe beteiligt hat. Hinter dem Geflügelzüchter aus Niedersachsen stecken Marken wie Wiesenhof und Bruzzzler.

Wiesenhof hat 2015 eine Veggie-Reihe in den Handel gebracht und will diese Sparte mit pflanzlichen Ersatzprodukten nach und nach ausweiten. Vor drei Wochen gab der Fleischhersteller eine Partnerschaft mit dem US-Startup Beyond Meat bekannt. Wiesenhof übernimmt demnach den Vertrieb für die populären veganen Burger auf dem europäischen Markt. 

Marcus Keitzer leitet die Beteiligungen und Übernahmen der PHW-Gruppe. Im Interview spricht er über die Startup-Pläne des Geflügelzüchters.

Herr Keitzer, wann werden die Burger von Beyond Meat in Deutschland erhältlich sein?

Wir planen im Sommer anzufangen, unsere Kunden zu bedienen – zunächst in der Systemgastronomie. Man darf allerdings nicht vergessen, dass Beyond Meat noch ein Startup ist und in der Produktion in den USA daher sehr ausgelastet ist. Wir müssen da also auch ein bisschen flexibel sein.

Wird es die veganen Burger auch im Handel geben?

Absolut. Wir werden uns keineswegs auf bestimmte Kanäle beschränken. Aber wann genau das passieren wird, kann ich nicht sagen.

Im Januar hat Supermeat seine Finanzierungsrunde abgeschlossen, darunter mit Kapital von der PHW-Gruppe. Wann wurde beschlossen, in das Startup aus Israel zu investieren?

Wir haben das Thema In-Vitro-Fleisch über zwei bis drei Jahre beobachtet und im letzten Jahr analysiert, wie Wiesenhof noch näher an das Thema herankommen kann. 2017 haben wir entschieden, dass die Gruppe nur nah an der Branche sein kann, wenn sie in eines der Startups einsteigt, das im In-Vitro-Bereich unterwegs ist.

Marcus Keitzer

Wie sieht ihre Beteiligung bei Supermeat konkret aus?

Zunächst sind wir dort in der Beobachterrolle. Im jetzigen ersten Schritt unterstützen wir, wo wir können, aber die In-Vitro-Technologie ist natürlich nicht unsere Kernkompetenz. Unser Beitrag kommt ganz klar zum Tragen, wenn das Produkt zur Marktreife geführt wurde. Wir überlegen dann beispielsweise, welche Produktkategorien sich anbieten  könnten, wie der Verkauf im europäischen Markt organisiert wird und werden dann sicherlich auch im Bereich Logistik und Distribution Unterstützung leisten können.

Gibt es schon Pläne, wann das Laborfleisch auf den Markt kommen soll?

Ich wünschte, ich könnte eine Antwort geben. Aber realistisch reden wir hier von drei bis fünf Jahren. Und selbst das ist eine nicht abschließend belastbare Aussage. Einen einzigen In-vitro-Burger oder eine In-vitro-Hähnchenbrust herzustellen, ist die eine Sache, in die industrielle Herstellung zu gehen, eine andere. Da steht die Branche noch vor großen Herausforderungen.

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Vor der Finanzierungsrunde von Supermeat ist die PHW-Gruppe nie als Investor in Erscheinung getreten. An welchen Startups ist die PHW-Gruppe noch beteiligt?

Für uns ist das Thema Startup und Investitionen nicht neu. Supermeat ist nicht die erste Beteiligung, aber sicherlich die prominenteste. Wir sind relativ aktiv in dem Bereich und suchen den Austausch mit jungen Unternehmern. Für uns macht es Sinn, Startups erstmal mit kleineren Investitionen weiterzuhelfen ­– machen das aber nicht immer öffentlich.

Tyson Foods ist einer der weltweit größten Fleischproduzenten und ebenfalls an Beyond Meat beteiligt. Inwieweit ist das US-Unternehmen Konkurrenz zu Wiesenhof?

Ich glaube, deren und unsere Strategie gehen ein Stück weit in die gleiche Richtung. Tyson Foods nimmt die gleichen Trends auf wie wir und die haben ebenfalls ihren eigenen Venture Capital Fonds – auch wenn Tyson eine andere Größenordnung ist. Die Beteiligung an Beyond Meat ist für uns aber kein Thema der Konkurrenz, weil Europa kein Kernmarkt für Tyson Foods ist und wir den amerikanischen Markt nicht beliefern.

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Der Großschlachter Tönnies hat seine Veggie-Linie wieder eingestampft, weil die Verkaufszahlen gesunken sind. Und auch laut der Gfk ist der Markt mit Fleischersatzprodukten rückläufig. Wie stellt sich Wiesenhof darauf ein?

Hähnchen bleibt unser Kerngeschäft. Wir stellen aber unsere Produktpalette breiter auf und wollen uns auch als Anbieter von hochwertigen Proteinen definieren. Und dazu gehören auch vegane Proteine. Die Marktentwicklung sehen wir natürlich auch, aber man muss da differenzierter hinschauen.

Inwiefern?

Früher konnten Hersteller diese Lebensmittel verkaufen, weil da vegan draufstand. Heute sind die Produkte Mainstream, der Flexitarier hat das Thema aufgegriffen. Unsere Zielgruppe ist nicht mehr nur der vegane Konsument, sondern der Flexitarier; der nach wie vor seine Hähnchenbrust essen will, aber auch mal Lust auf ein qualitativ hochwertiges veganes Produkt hat. Diese Entwicklung ist für uns relevant. 

Solche pflanzlichen Ersatzprodukte machen derzeit vier Prozent des Gesamtabsatzes von Wiesenhof aus. Wie soll sich das in Zukunft entwickeln?

Die veganen Produkte sind ein kleiner, aber durchaus wichtiger Bestandteil unseres Portfolios, in die Wiesenhof entsprechende Summen investiert. Wir wollen uns in dem Bereich breiter aufstellen und sind zuversichtlich, dass wir da entsprechende Erfolge erzielen können. Natürlich sind Fleischersatzprodukte noch immer ein Nischenmarkt und das wird auch tendenziell so bleiben. Aber trotzdem ist auch ein Nischenmarkt attraktiv.

Das Osnabrücker Startup Bugfoundation hat in Deutschland gerade den ersten Burger aus Insekten auf den Markt gebracht. Ist das auch ein mögliches Fleischersatzprodukt, was Wiesenhof interessiert?

Das kann ich pauschal so nicht beantworten. Insekten-Lebensmittel haben auf jeden Fall eine sehr interessante Entwicklung genommen und wir nehmen das als Thema wahr. Aber es bleibt die Frage, ob die Produkte derzeit vom Kunden akzeptiert werden und inwiefern das nachhaltig erfolgreich sein kann.

Bilder: Wiesenhof