Wolt-Lieferant im Restaurant
In Berlin sind etwa die Restaurants Good Bank, Chupenga und Ma’loa Poke Bowl bei Wolt registriert.

Lieferando hat einen neuen Mitstreiter in Deutschland: Seit dieser Woche ist der Lieferdienst Wolt in Deutschland aktiv. Erst einmal startet das finnische Portal in den Berliner Stadtteilen Prenzlauer Berg und Mitte. Aktuell sind 100 Restaurants auf dem Portal gelistet, so das Unternehmen. 

Das Konzept ähnelt dem von Foodora: Wolt listet nur ausgewählte Restaurants, verlangt eine Liefergebühr zwischen 1,90 Euro und 2,90 Euro und liefert alle Bestellungen selbst aus. Das Startup wurde 2014 von Miki Kuusi gegründet, dem Macher der Tech-Messe Slush. Bislang steckten Investoren 258 Millionen Euro in das Portal, etwa Mark Zuckerbergs Investoren-Club Iconiq Capital, der Just-Eat-Finanzier 83North, EQT Ventures und ein Fonds von Goldman Sachs.

„Wir trauen uns den deutschen Markt zu“

Anders als die europäischen Wettbewerber Delivery Hero oder Takeaway hat sich Wolt zunächst den Weg von Skandinavien nach Osteuropa gebahnt. Erst in diesem Jahr ist der Lieferdienst große Länder wie Japan und Deutschland angegangen. Weil das Startup jetzt die nötige Reife für solche einwohnerstarken Märkte hat, wie Patrick Dümer im Gespräch mit Gründerszene erzählt. Der Deutsch-Däne arbeitet seit drei Jahren bei dem Startup, kümmerte sich um die globale Skalierung und ist jetzt Chef für die nordischen Länder, worunter derzeit auch Deutschland zählt.

Dass die Foodora-Mutter Delivery Hero und Deliveroo den deutschen Markt im vergangenen Jahr verlassen haben, weil er nicht rentabel war, bereite Wolt keine Angst – allenfalls Respekt, so Dümer. Aber auch, weil die Bundesbürger sehr kritisch und qualitätsbewusst seien. 

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„Wir trauen uns den deutschen Markt zu“, sagt er. Der Lieferdienst habe noch keinen seiner mittlerweile 23 Märkte verlassen, sondern baue seinen Service schrittweise auf: „Stadtteil für Stadtteil, Stadt für Stadt und nicht: schnelles Wachstum um jeden Preis.“

Lohn angepasst an den „skandinavischen Wohlfahrtsstaat“

Wolt-Regionalmanager Patrick Dümer
Patrick Dümer baut gerade das Deutschlandgeschäft für Wolt auf.

Eine Strategie, die aufzugehen scheint, denn Wolt hat allein in den vergangenen zwei Jahren ein riesiges Wachstum erlebt. Von 100 Büromitarbeitern ist das Startup auf 1.200 Angestellte gewachsen. Der Lieferdienst beschäftigt rund 20.000 Kurierfahrer weltweit. Das Startup finanziert sich über eine Provision pro aufgegebener Bestellung und behält die Liefergebühren ein. Umsatzzahlen hält Wolt bedeckt. Laut Financial Times erwirtschaftete das Essensportal 2018 rund 30 Millionen Euro, 2015 waren es noch 190.000 Euro. Rein rechnerisch ergibt das ein Wachstum von mehr 15.000 Prozent.

Mit wie vielen Fahrern Wolt in Berlin starten will, soll laut Dümer erst einmal geheim bleiben. Die Fahrer stellt die finnische Firma fest ein, die müssen ihr eigenes Fahrrad, Auto oder ihren Scooter mitbringen. Das Kernteam von Wolt ist laut Dümer im „skandinavischen Wohlfahrtsstaat“ aufgewachsen, von daher sei dem Unternehmen ein guter Umgang mit den Mitarbeitern und Partnern wichtig. „Wir zahlen einen fairen Lohn und obendrauf bekommen die Fahrer noch ein Kilometerentgelt“, so der Regionalmanager. Wie viel das letztendlich ist, möchte er allerdings nicht sagen. Aus Wettbewerbsgründen. Wolt wollte seine Bezahlung auch nicht mit Lieferando vergleichen: Die Takeaway-Marke gibt ihren Fahrern etwa neun bis elf Euro pro Stunde.

Pläne für einen Börsengang

Um gegen den Monopolisten anzutreten, wollen die Finnen reichlich Marketingbudget in das deutsche Geschäft pumpen. „Aber diese Investition tragen wir gern“, so der Manager. Denn am Ende würden Service und Qualität entscheiden. Dümer betont mehrfach, wie wichtig das „Kundenerlebnis“ sei. Nehmen die Hauptstädter den Service an, sollen in diesem Jahr noch weitere Bezirke folgen. Eventuell gehe Wolt 2020 auch noch in andere Städte. „Für die weitere Expansion haben wir klare Vorstellungen, aber die will ich noch nicht verraten.“

In der vergangenen Woche berichtete CEO Kuusi der finnischen Tageszeitigung Helsingin Sanomat, dass Wolt über einen Börsengang in den nächsten Jahren nachdenke.

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Bilder: Wolt