So sieht das Traumauto der Gründerszene-Redaktion aus. Einfach über den Stau bis in die City fliegen

Man hatte es fast vergessen. Elon Musk baut nicht nur Elektroautos oder Raketen, sondern hatte auch die Idee für ein sogenanntes Hyperloop-System. Da steht der grundsolide deutsch-amerikanische Manager Dirk Ahlborn auf der Bühne der ersten Mobility-Konferenz von Wired und Gründerszene und erzählt, dass schon bald Menschen in Schallgeschwindigkeit durch ein Fast-Vakuum reisen werden. Und niemand lacht. Ahlborn ist Berlin geboren und aufgewachsen und will das Projekt mit Hilfe einer Mischung aus Crowdsourcing und Crowdfunding umsetzen. Sein Kernteam bestehe aus 400 Mitarbeitern aus 21 Ländern. Dazu kommt eine weltweite Community aus mehr als 10.000 Unterstützern, die sich an den Überlegungen beteiligen und ihre Ideen einbringen. „Wir sind keine Firma, wir sind eine Bewegung“, sagt Ahlborn. Inzwischen wird an einer acht Kilometer langen Teststrecke in der Nähe von Los Angeles gewerkelt. Ahlborn: „Das alte Transportsystem muss disrupted werden.“

Genau das haben auch die meisten anderen Sprecher und Gründer auf der Konferenz im Sinn. Dabei zeichnen sich zwei generelle Trends ab, die sich bei allen Überlegungen und Projekten zur Zukunft der Mobilität in Variationen wiederholen: Car Sharing und selbstfahrende Autos. Aus dem Fahrer wird in nicht allzu ferner Zukunft ein Passagier. Das Auto kennt den Weg und fährt selbstständig – und wir werden uns Fortbewegungsmittel teilen. Aber auch der öffentliche Nahverkehr wird gerade neu erfunden. Maxim Nohroudi von Ally erklärt, wie er mit Hilfe von Daten stundenlange Fahrten zur Arbeit und vollgestopfte Innenstädte vermeiden will: „Heute ist alles statisch. Fahrpläne gibt es seit 100 Jahren. Es wird Zeit, dass sich etwas ändert.“ Transportiert wird in Zukunft dort, wo es Bedarf gibt. Mit Hilfe von GPS-Tracking werden Verkehrsströme verfolgt und der Einsatz von öffentlichen Verkehrsmitteln optimiert. In Städten wie Daressalam oder Mexico City wird das schon getestet. Nohroudi: „Wir verstehen, wie sich Leute bewegen und wohin sie wollen.“

Den fantasievollsten Blick in die Zukunft präsentierte Stefan Liske von PCH Innovations. In seinem Vortrag sprach er darüber, dass Autos „humanisiert“ werden müssten. Sie sollten emotional gemacht werden, veränderbar sein, mit Hilfe von Nanomaterialien, Holografie und Bionik-Materialien. „Warum sollte nicht alle vier Wochen ein neues Auto entwickelt werden?“ Updates für die Hardware, nennt Liske das. „Langsamkeit ist die verwundbarste Stelle der Autoindustrie.“ Außerdem fehle immer noch das Verständnis dafür, wie durch Digitalisierung eine neue Wertschöpfungskette auch für die Autohersteller entstünde. In Zukunft ginge es nicht mehr darum, mit dem Verkauf von Autos Geld zu verdienen. Sondern das Fahrzeug sei nur noch eine Plattform für neue Geschäftsmodelle. Deshalb sei es Google völlig egal, wie viel ein selbstfahrendes Auto in der Herstellung koste. Wer nicht mehr selber fahren muss, hat Zeit Geld auszugeben. Hier liege das Geschäftsfeld der Zukunft.

Eine neue Art und Weise der der Autoherstellung präsentierte Damien Declercqe, Vorstandsmitglied bei Local Motors. Er stellte in einem Video das erste Fahrzeug vor, das aus dem 3D-Drucker kommt. Es dauerte nur 44 Stunden, um den Rally Fighter von Designer Sangho Kim aus Korea auszudrucken. Auch bei Local Motors geht es um den Plattformgedanken. Mehr als 51.000 Menschen aus aller Welt sollen bei Local Motors inzwischen gemeinsam an ihren automobilen Visionen arbeiten. Viele von ihnen an kleinen Aspekten eines neuen Fahrzeugs. Ihre Ideen seien rechtlich geschützt und wenn sie eingesetzt werden, bekommt der Entwickler Geld. Die Autos sollen dann in Mikrofabriken in der Nachbarschaft gedruckt und fertiggestellt werden. Kunden können sich ihr Traumauto zusammenklicken und ein paar Tage später damit losfahren.

Von Tanktaler kommt die Idee, bestehende Autos digital zu verknüpfen, um sie „schlauer zu machen“. Johannes Martens, Managing Director des Startups, bietet einen Dongle an: „Einfach in das Auto stecken und schon bist du verbunden.“ Damit soll es möglich sein, an Tankstellen oder Parkhäusern zu bezahlen, ohne an die Kasse zu gehen. Außerdem werden Fahrzeugdaten wie der Zustand der Batterie auf das Handy geliefert. Auch ziemlich praktisch: Der Locator in der App merkt sich, wo das Fahrzeug geparkt wurde. Martens: „Der Vorteil unseres Systems ist, dass sich auch alte Autos sofort aufrüsten lassen.“ Wir haben uns den Dongle bestellt und werden berichten, wie das System funktioniert.

Nach dieser Druckbetankung in Sachen mobiler Zukunft, blieb eigentlich nur die Frage, wie die Zukunft der deutschen Autohersteller aussieht. Kann unsere Vorzeige- und Erfolgsindustrie dieses Tempo mitgehen? Bettina Bernhardt von Audi sprach in ihrer Keynote von den diversen Bemühungen ihres Unternehmens den „Vorsprung durch Technik“ irgendwie zu halten. Diverse Projekte sind inzwischen auf dem Weg und zum Teil bereits umgesetzt. Am Rande der Veranstaltung wurde aber in vielen Gesprächen noch einmal deutlich, dass viele große deutsche Autohersteller das Tempo der Entwicklung unterschätzt haben. Ein Mitarbeiter von Volkswagen sagte beim Kaffee: „Viele Dinge, die wir hier heute gesehen haben, sind bei uns seit Jahren im Gespräch. Aber es passiert einfach nichts oder es dauert alles zu lange.“

Hier ein paar Eindrücke von der Mobility-Konferenz von Wired und Gründerszene:

Autos aus dem 3D-Drucker und Reisen durch die Vakuum-Röhre

Artikelbild: Attribution Some rights reserved by JD Hancock; Galeriebilder: Michael Berger / Gründerszene