Soziale Geschäftsideen: Ist Idealismus bald der neue Marktmotor?

Die Welt ein bisschen besser machen… davon träumt wohl jeder hin und wieder. Doch spätestens, wenn man nach der Mittagspause zurück am Schreibtisch ist und der alltägliche schneller-besser-weiter-Wahnsinn wieder auf einen einrieselt, wird klar: Mit dem Weltverbessern wird es wohl so schnell nichts.

Dass das nicht sein muss, zeigen aktuelle Entwicklungen hierzulande in der Startupszene. Laut des Deutschen Social Entrepreneurship Monitorsist seit 2014 eine starke Gründungsdynamik im Bereich der sozial orientierten Startups zu erkennen. Doch: An der Anerkennung hapert es noch – vor allem unter Investoren. Klaus Wiesen, Co-Founder und CEO des EXIST-geförderten Social Startups sustainabill, erklärt im Interview, auf welche Challenges Social Startups vorbereitet sein müssen und räumt außerdem mit einem gängigen Vorurteil auf.


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Klaus, was genau steckt hinter sustainabill? Und welche Technologie verbirgt sich hinter der Lösung?

sustainabill ist eine Cloud-Plattform, die Unternehmen dabei hilft, ihre Lieferketten transparent zu machen. So können sie ihre gesamte Supply Chain visualisieren, Materialien bis zum Ursprung zurückverfolgen und Nachhaltigkeitsrisiken basierend auf Daten von Lieferanten und Vorlieferanten bewerten.
Technologisch setzen wir bei unserer Plattform auf modernste Cloud-Infrastruktur und Graph-Technologie, mit der wir komplexe Lieferketten in beliebiger Größe abbilden und auswerten können. Blockchain ist beim Thema Lieferketten-Management ja ein regelrechter Hype. Wir sehen es aber nicht als Schlüssel-Technologie für nachhaltige Lieferketten. Natürlich gibt es durchaus sinnvolle Anwendungsfälle für die Blockchain, die Praxistauglichkeit muss sich aber erst noch zeigen.“

Was denkst du: Warum ist Nachhaltigkeit mittlerweile ein so elementarer Erfolgsfaktor?

„Ich bin überrascht, warum es erst jetzt ein Erfolgsfaktor ist. Schließlich verbraucht die Menschheit schon lange mehr natürliche Ressourcen, als die Erde langfristig liefern kann. Doch erst seit einigen Jahren wird dieses Problem auch wirklich für die Menschen spürbar: Etwa durch trockene Sommer, Unwetter oder den Verlust der Artenvielfalt. Das alles kann man inzwischen auch vor der eigenen Haustür wahrnehmen. Dadurch finden Unternehmen, die nicht nachhaltig wirtschaften, zumindest in den Industrieländern immer weniger Akzeptanz. Außerdem werden Unternehmen zunehmend für externe Kosten verantwortlich gemacht, also Schäden an Mensch und Natur, die sie verursachen. Dadurch werden Firmen, die nachhaltiger wirtschaften, zukünftig günstiger produzieren können.“

Verstehst du dich als Social Entrepreneur?

„Den Begriff ‚Social‘ finde ich eigentlich etwas veraltet. Soziale Nachhaltigkeit ist ja nur eine Dimension einer nachhaltigen Entwicklung. Auch wenn der Begriff inzwischen etwas überstrapaziert ist, finde ich Sustainable Entrepreneur passender. Was mich antreibt, ist einen positiven Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung zu leisten – etwas, von dem Menschen in 50 oder 100 Jahren noch profitieren. Über die Hälfte der globalen Treibhausgas-Emissionen kommen aus Lieferketten. Doch die tiefere Lieferkette ist den großen Marken weitgehend unbekannt. Hier liegt also ein enormes Potenzial, um nachhaltiges Wirtschaften zu ermöglichen. Denn gerade die großen Marken am Ende der Lieferkette spüren den Druck der Öffentlichkeit, etwas zu verändern, und sie haben die finanziellen Möglichkeiten dazu. Indem wir Unternehmen mit unserer Plattform helfen, die Lieferkette sichtbar zu machen und Nachhaltigkeitsprobleme zu identifizieren, tragen wir also entscheidend dazu bei, dieses Potential zu heben.“

Müssen nachhaltige und soziale Startups andere Hebel bedienen, um erfolgreich zu werden?

„In erster Linie muss  man andere Investoren ansprechen – Investoren, die auch den gesellschaftlichen Mehrwert sehen. Hiervon gibt es inzwischen einige, auch wenn es bei weitem noch nicht die Mehrzahl ist. Meistens wachsen Unternehmen mit einem nachhaltigen Geschäftsmodell nicht ganz so schnell wie Startups, die sich in klassischen Geschäftsfeldern bewegen. Daher kommt man kaum ohne Förderungen aus, um Zeiträume zwischen Investments zu überbrücken. Bisher wird dabei leider noch viel zu wenig auf Nachhaltigkeit geachtet. Wenn ein Unternehmen Steuergeldern bekommt, sollte es doch nachweisen müssen, dass es einen gesellschaftlichen Nutzen hat und nicht nur dazu dient, die Gesellschafter und Stakeholder möglichst schnell zu bereichern.”

Zum Abschluss: Wie werden sozial orientierte Geschäftsideen für Startups lukrativ?

„Letztendlich muss eine Nachfrage nach dem Produkt vorhanden sein und es muss einen Mehrwert bieten – in unserem Fall den Unternehmen langfristig Geld einsparen. Anders funktioniert es leider nicht – schließlich unterliegen auch soziale Startups den Regeln des Marktes.”

Ihr wollt mit eurer gesellschaftlich relevanten Geschäftsidee eine ähnliche Erfolgsgeschichte schreiben wie sustainabill? Dann vertraut auf EXIST. Denn EXIST wird vom Europäischen Sozialfonds (ESF) kofinanziert und achtet daher besonders auf Nachhaltigkeit. Wie euch das Startup-Förderprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie auf eurem Weg in die Gründerwelt begleiten kann, erfahrt ihr hier! 

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