Nina Buschek ist Chefredakteurin des neuen Digital-Ratgebers.
Die Ärztin Nina Buschek ist Chefredakteurin des neuen Digital-Ratgebers.

Jetzt erreicht die Digitalisierung des Gesundheitswesens auch die sprichwörtliche Oma Pachulke, die seit Jahren alle zwei Wochen in ihrer Apotheke vorbeischaut und sich dort neben der Rheumasalbe die Apotheken Umschau mitnimmt. Auf dem Verkaufstresen findet sie jetzt auch den Digitalratgeber aus dem gleichen Verlag: 152 Seiten über Gesundheits-Apps, das digitale Rezept, die Apotheke der Zukunft, die elektronische Patientenakte und sogar ein Interview mit dem Gesundheitsminister Jens Spahn.

Ratgeber und digitale Plattform

Der herausgebende Verlag Wort und Bild hat das Heft in einer Druckauflage von 650.000 Exemplaren auf den Markt geworfen. Verglichen mit der ebenfalls kostenfreien Apotheken-Umschau, die monatlich 8,8 Millionen Abnehmer findet, ist das wenig – aber schon mal ein Anfang.

Das Heft ist der analoge Teil einer ansonsten digitalen Plattform mit App, E-Paper, Podcast und Newsletter. CEO Andeas Arntzen will seine Leserinnen und Leser „ermutigen, das Thema zu verstehen“, der Digitalisierung zu vertrauen und die digitalen Anwendungen dann auch zu verwenden. Dabei hat er drei Zielgruppen im Blick, wie er auf einer gestreamten Pressekonferenz in Berlin sagte: die Patientinnen und Patienten, die pharmazeutisch-technischen Assistentinnen – und die Apothekerinnen und Apotheker.

Besitzstandswahrer im weißen Kittel

Kein schlechter Schachzug, letztere über die neue Zeit zu informieren. Denn Apotheken in Deutschland galten bislang nicht gerade als Brutstätten der Digitalisierung. Die Traditionsbranche kämpft seit Jahren mit der Kampagne #unverzichtbar um ihre Besitzstände im Wettbewerb mit Online-Medikamentenhändlern wie Docmorris und deren Preiskampf. Die Zahl der Apotheken ist auch im vergangenen Jahr gesunken und hat mit 19.075 in Deutschland ihren bisherigen Tiefpunkt erreicht, so eine Statistik der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände.

Jetzt ergreift der Digital-Ratgeber auf bewährten und neuen Kanälen die Initiative. Er sensibilisiert die 160.000 Beschäftigten der Apotheken in Deutschland für die Themen der Zukunft und gibt medizinischen Laien einen Überblick zu Gesundheitsapps. „Er gibt Menschen Orientierung“, sagt Chefredakteurin Nina Buschek. Der Fokus liegt auf acht Themenbereichen von A wie Allergie bis Z wie Zyklus. Bedauerlich ist, dass einige populäre Apps fehlen, wie das vom Pharmakonzern Roche übernommene Mysugr im Bereich Diabetes oder Selfapy bei den Depressions-Apps.

Softwareunternehmen als Partner

Im Herbst könnte die zweite Ausgabe des Ratgebers folgen, sagte Arntzen. Vorausgesetzt er findet einen Sponsor. Das Geld für die Erstausgabe kam vom Apothekendienstleister Noventi. Jede zweite Apotheke in Deutschland rechnet ihre Rezepte via Noventi mit den Krankenkassen ab (Jahresumsatz 20 Milliarden Euro). Noventi, Millionen-Investor des Berliner Gesundheitsakten-Anbieters Doctorbox, hat ein elementares Interesse, dass die Digitalisierung des Gesundheitswesens gelingt.

Der erste Schritt ist jedenfalls schon einmal getan. Das Projekt könnte dazu beitragen, auch weniger digital affinen Menschen die Vorzüge der Digitalisierung im Gesundheitswesen anschaulich nahezubringen – die zentralen Inhalte gibt es sogar in einfacher Sprache, wie Nina Buschek betont.

Jürgen Stüber schreibt bei Gründerszene über die digitale Gesundheitswirtschaft. Jeden Freitag lest ihr hier die Kolumne Healthy Business, die einen Blick auf die Gesundheitsbranche wirft. Die Kolumne der vorigen Woche findet ihr hier:

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Bild: W&B / André Kirsch