Bieten eine tiermedizinische Onlinesprechstunde an: Jan Holzapfel, David Richter.
Bieten eine tiermedizinische Onlinesprechstunde an: Jan Holzapfel (links) und David Richter

Die Katze hat Flöhe. Der Hund hat Durchfall. Das Meerschwein ist erkältet. Die Tierärztin Alice Holzapfel wurde auf Facebook, Whatsapp und am Telefon immerzu von Freunden mit solchen Problemen behelligt – Tag und Nacht. Zuerst half sie noch gern mit ihrem Fachwissen. Doch dann dachten sie und ihr Ehemann Jan: „Daraus könnten wir doch was machen.“ Telemedizin und Onlinesprechstunden, die bei Menschen immer beliebter werden, könne es auch für Tiere geben, so ihre Idee.

Alice und Jan Holzapfel waren vom Potenzial des Einfalls überzeugt: Einen Tierarzt zu finden ist mühsam, im Wartezimmer auszuharren raubt Zeit und der Transport in die Praxis belastet die kranken Tiere oft zusätzlich. Tierfreunde wollen zudem sofort einen Rat, wenn ihr liebstes Wesen leidet. Und Google hilft in vielen Fällen nicht. Das Problem: „Oft ist es für den Tierbesitzer schwierig zu erkennen, wie ernsthaft die Gesundheit seines Lieblings gefährdet ist, denn das Tier kann dem Menschen nicht sagen, was ihm fehlt“, sagt Holzapfel.

Gründer mit Startup-Erfahrung

Jan Holzapfel hatte bereits bei einer Strategieberatung gearbeitet, Unternehmen bei der digitalen Transformation begleitet und Startup-Erfahrung als Geschäftsführer bei einem Adtech-Unternehmen gesammelt. Sein Geschäftspartner David Richter arbeitete zehn Jahre lang als Softwareentwickler, bevor er die vergangenen fünf Jahre selbst ein Tech-Unternehmen aufbaute. So lag die Entscheidung nahe, selbst zu gründen. Dr. Sam nannten Holzapfel und Richter ihre veterinärmedizinische Onlinesprechstunde.

Berater gab es auch, und Business Angels, die das junge Unternehmen mit Startkapital ausstatteten. Der wohl prominenteste – und ein Studienkollege des Gründers – ist Min-Sung Sean Kim, der den Wagniskapitalfonds Allianz X des gleichnamigen Versicherungskonzerns mit aufbaute und zuvor die XLHealth AG managte, einen Berliner Health-Tech-Investor.

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Jan Holzapfel sieht Dr. Sam als Ersthelfer, nicht als Ersatz für den niedergelassenen Tierarzt. Wenige Wochen nach dem Start arbeiten vier Veterinäre für die Plattform – auf Honorarbasis, teils als Nebenjob, teils in der Elternzeit. „Weitere zehn Tierärzte sind in Wartestellung“, sagt der Gründer.

Der erste Videochat mit einem Tierarzt kostet 9,90 Euro. Allerdings fällt dieser Betrag nur dann an, wenn dem Tierhalter geholfen werden kann. Abgerechnet wird dann nach der offiziellen Gebührentabelle für Veterinäre.

Dr. Sam darf keine Medizin verschreiben

Dr. Sam beschränkt sich bislang auf die Online-Beratung. „Die Medikation ist der nächste wichtige Schritt“, sagt Jan Holzapfel – und ein zusätzliches Geschäftsmodell. Doch das scheitert bislang an der Rechtslage und dem Umstand, dass Tierärzte (anders als Humanmediziner) aus ihrer Hausapotheke heraus Medikamente verkaufen und über keine Erfahrungen im Onlinehandel verfügen.

Dr. Sam hat bereits viele Mitbewerber. VetChat, Petcoach oder Active4Pets etwa. Im Ausland haben sich solche „Virtual-Vet“-Dienste („virtuelle Veterinäre“) bereits etabliert, vor allem in Skandinavien und Großbritannien. „Auch in den USA geht es jetzt los“, sagt Jan Holzapfel.

34,3 Millionen Heimtiere (Zierfische und Terrarientiere nicht eingerechnet) leben in Haushalten in Deutschland. Somit hat fast jeder zweite Haushalt (45 Prozent) ein Haustier. Dr. Sam spricht vor allem die Katzen- (13,7 Millionen) und Hundehalter (9,2 Millionen) an, die zusammen den größten Anteil an Haustieren in Deutschland ausmachen.

Bild: Dr. Sam