Gründeten Evalu 2016: Romano Wolf, Raphael Blistein, Maximilian Gloël und Benedikt Seitz (von links)

Mit ihren weichen Einlegesohlen sorgten Benedikt Seitz und Maximilian Gloël Anfang 2018 für viel Aufmerksamkeit in der Laufszene. Der integrierte Sensor darin erkannte, wie stark eine Läuferin beim Joggen welchen Fuß belastet, wie viele Schritte sie pro Minute schafft, wie hart oder weich sie auf dem Boden aufkommt. Auf dieser Basis gab eine mit dem Sensor verbundene App Empfehlungen zum Trainingsstil. Branchenmagazine und Zeitungen testeten die Sohlen, darunter das Laufblatt Runner’s World, das sie als „empfehlenswert“ beurteilte.

Viel Trubel für ein kleines Münchner Startup. Jetzt geht aus dem Insolvenzregister hervor, dass Evalu bereits im vergangenen Dezember Insolvenz angemeldet hat. Was ist passiert? Die Mitgründer Seitz und Gloël erzählen im Gespräch mit Gründerszene von einer geplatzten Finanzierungsrunde. Gegen Ende 2017 habe das Startup den Kontakt zu einem Investor hergestellt bekommen. Mit ihm habe man sich zunächst in einem Term Sheet auf Bedingungen für eine Series-A-Finanzierung geeinigt. Gut 5,2 Millionen Euro sollte Evalu von dem Geldgeber aus Singapur bekommen, um die Produktion der Sensoren skalieren und in die anstehende Laufsaison starten zu können. Über die Zahl der bis dahin verkauften Sohlen wollen die Gründer nicht sprechen.

Die Zusammenarbeit sei gut angelaufen; der Investor, dessen Name der Redaktion vorliegt, habe Kontakte zu asiatischen Herstellern geknüpft, so Seitz. Doch dann habe er den Notartermin mit Verweis auf angebliche Fehler im Vertrag immer weiter nach hinten verschoben. Vier Monate hätten sich die Verhandlungen noch hingezogen, bis schließlich feststand: Die Millionen werden nicht fließen. Die Gründer werfen dem aus ihrer Sicht dubiosen Geldgeber vor, sie „bewusst hingehalten“ zu haben – „immer mit der Aussage, man werde in Evalu investieren“.

Neues Geschäftsmodell, aber zu viele Altlasten

Das Geld aus der ersten Runde im Jahr 2016, an der sich auch der High-Tech Gründerfonds (HTGF) beteiligt hatte, sei zum Zeitpunkt des Verhandlungsabbruchs so gut wie aufgebraucht gewesen. 18 Mitarbeitern sei daraufhin gekündigt worden, in den folgenden Monaten stiegen auch die Mitgründer Romano Wolf und Raphael Blistein aus dem operativen Geschäft aus. 

Weil kein Geld mehr da gewesen sei, um neue Sensoren produzieren zu lassen, habe Evalu anderweitig Umsatz machen müssen. Das Startup schwenkte auf B2B um, setzte fortan auf einmalige Analysen per Sensor-Sohle in Unternehmen – mit anschließender Beratung durch einen freien Laufcoach und die App. Betriebskrankenkassen sollten die Gesundheitsmaßnahme finanzieren.

Das reichte aber offenbar nicht aus, um bestehende Verbindlichkeiten zu bedienen und das Unternehmen wieder auf festen Boden zu bringen. Weil auch die bestehenden Gesellschafter kein Geld hätten nachlegen wollten („Ihnen war das Risiko der neuen Situation zu hoch“, so Seitz), mussten die damaligen Geschäftsführer vor knapp zwei Monaten zum Insolvenzgericht gehen. „Wir haben vorher über Monate zu zweit gekämpft, um der Firma wieder eine Perspektive zu geben – daran sind wir aber gescheitert“, resümiert Gloël.

Jetzt werde ihre Firma abgewickelt. Trotzdem wollen beide weiter machen – auch wenn ihnen das laufende Verfahren spürbar zu schaffen macht. Die erarbeitete Technologie soll nicht in der Schublade verschwinden. Gloël: „Wir haben gesehen, dass da viel möglich ist. Jetzt schauen wir, wie wir uns neu aufstellen können. We will be back“, kündigt er an.

Beide hätten nach der Insolvenzanmeldung Beratungsprojekte angenommen, um sich finanziell wieder zu fangen. Laufen gehen sie immer noch. Am 14. April wollen sie am Marathon in Paris teilnehmen.

Wir haben Evalu ebenfalls Anfang 2018 getestet – und waren überwiegend zufrieden: 

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Bild: Evalu