Vom Farmako-Management ist nur noch Sebastian Diemer (links) übrig. Die Mitgründer Niklas Kouparanis und Patrick Schmitt haben das Startup verlassen.

Der Höhenflug eines der ersten deutschen Cannabis-Startups währte nur kurz: Knapp sieben Monate nach der Gründung steht das Frankfurter Unternehmen Farmako vor der Zerschlagung. In der aufkeimenden Cannabis-Branche ist es damit das erste Startup, das einen derartigen Rückschlag erlebt. 

Farmako war mit großen Versprechen angetreten: Man erziele bereits 20 Tage nach Start sechsstellige Umsätze, stehe bei der künstlichen Herstellung von Cannabis kurz vor dem Durchbruch und habe den weltweit größten Importdeal für 50 Tonnen Cannabis abgewickelt — um nur einige der rekordverdächtigen Ankündigungen der ersten Monate aufzuzählen. „Wir werden von hier aus ganz Europa beliefern“, prahlte der damalige Farmako-Chef Niklas Kouparanis noch im März im Gespräch mit Business Insider.

Auf den grünen Rausch folgt die Ernüchterung. Denn die Versprechen, die Farmako seinen Geldgebern, der Öffentlichkeit und potenziellen Kunden gemacht hat, haben sich fast alle als heiße Luft erwiesen. Das berichtete das Manager Magazin Ende Mai.

Farmako steht vor Demontage

Nun beginnt offenbar die Demontage des Cannabis-Startups. Nachdem die verärgerten Gesellschafter und Investoren vor gut zwei Wochen Farmako-Chef Niklas Kouparanis rausgeschmissen haben, folgt jetzt ein Unternehmensumbau, der einer Zerschlagung gleichkommt. Wie der Hauptinvestor Hertbeat Labs am Montag mitteilte, werden der Everdine-Gründer und Interims-Chef Andreas Jägle sowie die 33-köpfige Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Farmako und dessen Leiter Patrick Schmitt das Unternehmen verlassen und in ein neu gegründetes Pharma-Unternehmen wechseln. Auch das Patent zur künstlichen Herstellung von Cannabis geht an die neue Firma über.

Die Gesellschafterstruktur des neuen Unternehmens, das bisher noch keinen Namen hat, ist nahezu identisch zu Farmako: Neben Heartbeat Labs bleiben auch Schmitt und Jägle sowie der Internetunternehmer Nikita Fahrenholz mit an Bord. Nur Sebastian Diemer, der Gründer und Frontman von Farmako, wurde mit der Ausgründung offenbar ausgebootet. 

Was nach außen wie ein Etikettenwechsel wirkt, begründen die Beteiligten gegenüber Business Insider mit einer strategischen Entscheidung. Diemer sagte, die Trennung sei einvernehmlich gewesen. „Wir waren einfach nicht nah genug dran an dem Biosynthese-Thema (…). Wir waren zu optimistisch“, so der Gründer im Hinblick auf die Forschungsaktivitäten von Farmako. Er sei froh, dass sich das Startup nun wieder dem reinen Vertrieb von Cannabis widmen könne.

Eine Sprecherin von Heartbeat Labs sagte zu Business Insider, die Ausgründung habe zwar „indirekt“ auch mit den negativen Schlagzeilen zu tun. Hauptsächlich gehe es aber darum, dass sich Farmako auf sein Kerngeschäft — den An- und Verkauf von medizinischem Cannabis – konzentrieren könne. 

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Die Frage ist: Hat Farmako nach dem Abgang seines Gründungsteams und ohne seinen Forschungsarm überhaupt noch eine Überlebenschance? Fest steht: Von Farmako bleibt nicht mehr viel übrig. Nach Informationen von Business Insider besteht das Startup nur noch aus der Vertriebsabteilung, die nicht viel mehr als zehn Mitarbeiter umfasst.

Lieferengpässe und Personalprobleme bedrohen das Geschäft

Auch auf dem Papier sieht es für das einst so schillernde Startup nicht gut aus. Denn: Der einzige Lieferant für medizinisches Cannabis, mit dem das Unternehmen derzeit nach eigener Aussage zusammenarbeitet, ist die niederländische Cannabisbehörde OMC. Das OMC darf allerdings nur 125 Kilogramm Cannabis pro Jahr nach Deutschland importieren, die Menge wird gleichmäßig unter allen lizenzierten Abnehmern verteilt. Zuletzt waren das dem Vernehmen nach noch rund zehn Kilogramm pro Firma – nicht gerade viel.

Um langfristig profitabel zu sein, bräuchte Farmako weitere Lieferanten. Das Problem: Jene Mitarbeiter, die die nötige Erfahrung und Expertise hatten, um das Startup durch das komplexe, regulatorische Umfeld für weitere Importlizenzen zu navigieren, haben das Unternehmen bereits verlassen und sind zum Berliner Konkurrenten Sanity Group des Movinga-Gründers Finn Hänsel gewechselt. Und Ex-Farmako-Chef Kouparanis, der ursprünglich als Fachmann für den Cannabis-Vertrieb mit an Bord kam, ist nun auch weg. Unter diesen Umständen, so ein Insider zu Business Insider, werde das Unternehmen voraussichtlich in den nächsten 18 Monaten nicht profitabel sein können.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Business Insider Deutschland.
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Bild: Farmako