Den Beckenboden trainieren, zum Beispiel für bessere Orgasmen, soll ein kleines, App-gesteuertes Gadget des britischen Startups Elvie.

Dieser Text erschien zuerst am 13. Februar 2020. Weil er besonders viele Leserinnen und Leser interessiert hat, veröffentlichen wir ihn an dieser Stelle erneut.

Unter anderen Umständen wäre folgender Fakt wahrscheinlich in die Kategorie „Unnützes Wissen“ gefallen. Oder wer braucht die Info, dass die Vagina besonders gut CBD aufnehmen kann? Dem britischen Unternehmen Daye zumindest bescherte sie die Idee zu einem der kuriosesten Hygieneprodukte der Welt.

Es stellt Tampons mit Wirkstoff aus der weiblichen Hanfpflanze her. In Ölen zum Auftragen auf die Haut steckt der Stoff schon, außerdem in Tees und Shots, in Kosmetika, selbst in Tierfutter – nun also auch in Menstruationsartikeln. Das ergibt während der Periode aus gesundheitlicher Sicht durchaus Sinn, soll CBD doch beispielsweise beruhigend und entkrampfend sowie entzündungshemmend wirken.

Tampons als Medizinprodukt

Neun von zehn Frauen litten in Großbritannien unter Regelschmerzen, schreibt Daye auf seiner Homepage. „Es geht also um ein großes, übersehenes Problem“, das es zu lösen gelte, so Gründerin Valentina Milanova. Anders als die meisten Produkte, die lediglich fünf Prozent CBD enthielten, stecke sechs Mal so viel in ihren Tampons aus Bio-Baumwolle. Zwölf Tampons – drei mit CBD, neun ohne – kosten umgerechnet rund 10,50 Euro (neun Pfund). Zum Vergleich: 48 „Pro Comfort Normal“-Tampons der Marke O.B. kosten hierzulande rund 3,50 Euro. 18 Stück der Bio-Startup-Marke The Female Company liegen ebenfalls bei rund 3,50 Euro, Einhorn verlangt für 16 Stück ungefähr 3,20 Euro.

Daye könnte den Preis seiner Tampons mit einem weiteren Umstand rechtfertigen: nämlich damit, dass es seine Artikel wie Medizinprodukte behandelt – was mit strengen Tests einhergehe, so das Startup. Denn selbst Pflaster und Handdesinfektionsmittel würden in Großbritannien strenger reguliert als Hygieneprodukte für die Frau. Über die Tampons hinaus sollen zukünftig eine Gesundheits- sowie eine Analyse-App das Angebot von Daye vervollständigen.

So ungewöhnlich die Idee zu CBD-Tampons zunächst klingen mag: Die Investoren Index (unter anderem investiert in Slack oder Blablabar), Kindred aus London und Khosla mit Sitz im Silicon Valley konnten die Gründer bereits überzeugen. 5,5 Millionen Dollar steckten sie in das Startup und die Entwicklung der patentierten CBD-Tampons. Der Trend mit dem besonderen Wirkstoff scheint gerade in der Branche anzukommen: Das kalifornische Startup Foria Pleasure stellt ein Gleitgel mit CBD her.

Gesundheitstest dank Monatsblutung

Einen Schritt weiter gehen will Nextgen Jane. Die Idee des Startups: das in einem „smarten“ Tampon aufgefangene Blut auf unterschiedliche Krankheitserreger untersuchen. Schließlich gebe die Periode jeden Monat Informationen frei, die es zu nutzen gelte, so die Gründer und Harvard-Absolventen Ridhi Tariyal und Stephen Gire. Das Team schickt seinen Nutzerinnen spezielle Tampons, die die Frauen nach Benutzung an das Startup zurücksenden können. Dieses analysiert das daran haftende Blut etwa auf Endometriose, also gutartige, aber schmerzhafte Wucherungen des Gewebes der Gebärmutterschleimhaut oder sexuell übertragbare Krankheiten. Auch eine Anfälligkeit für Tumore sowie Krebs ließe die Untersuchung des Bluts zu, lässt das Startup wissen.

Aktuell befindet sich Nextgen Jane noch in der Betaphase. Übrigens handelt es sich bei den Produkten der Gründer um reguläre Tampons, die nur aufgrund ihrer Aussagekraft als „smart“ bezeichnet werden. Bislang konnte Nextgen Jane neun Millionen Dollar einsammeln. Einige Risikokapitalfirmen und verschiedene Business Angel investierten. 

 

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In eine ganz ähnliche Richtung, wenn auch ohne wissenschaftlichen Hintergrund, geht My Flow. Das Startup aus den USA fertigt Tampons mit Sensoren, die anzeigen, wann es Zeit ist, ein neues zu nutzen. Das dazugehörige Gerät lässt sich beispielsweise an den Hosenbund klemmen.

Milchpumpen und Kegel-Trainer für bessere Orgasmen

Bild: Elvie

So sieht die smarte Milchpumpe von Elvie aus.

Aus der britischen Hauptstadt kommt Elvie, ein Startup, das sich gleich zwei Anliegen widmet: dem einfachen und entspannten Abpumpen von Muttermilch sowie einem gesunden Beckenboden – und damit der Aussicht auf intensivere Orgasmen. Dazu entwickeln die Gründer Tania Boler und Alexander Asseily seit 2013 die ihren Angaben nach kleinste Milchpumpe der Welt, bestehend aus fünf Einzelteilen. „Elvie Pump“ komme ohne Geräusche und Kabel aus und passe in jeden Still-BH, wirbt das Startup. Nutzerinnen können darüber hinaus eine App anwenden, die beispielsweise Auskunft darüber gibt, welche Brust wie viel Milch gegeben hat. Die Idee scheint anzukommen: Aktuell müssen sich potenzielle Kunden auf eine Warteliste setzen lassen.

Der „Elvie Trainer“ ist allerdings vorrätig: Für 199 Euro können sich Frauen ihren Beckenbodentrainer nach Hause liefern lassen. In weniger als vier Wochen sorge der regelmäßige Einsatz des Geräts für eine bessere Blutzirkulation, eine schnellere Heilung nach der Geburt sowie intensivere Orgasmen. Außerdem würde Inkontinenz gelindert, die eine von drei Frauen betrifft, vor allem schwangere und solche, die gerade ein Kind bekommen haben, heißt es von dem Londoner Unternehmen.

Eingesetzt wird das Gerät wie ein Tampon. Anschließend erhalten die Nutzerinnen per App Anweisungen für Übungen, die sie mit eingesetztem Elvie Trainer durchführen sollen. Über den Nationalen Gesundheitsdienst (NHS), eines der vier öffentlich finanzierten nationalen Gesundheitssysteme in Großbritannien, können Gynäkologen das Gerät für ihre Patientinnen bestellen. Diese bekommen es dann kostenlos zur Verfügung gestellt.

Der „fortschrittlichste Vibrator der Welt“

Dem Beckenboden hat sich gewissermaßen auch das Startup Mysteryvibe verschrieben: Es entwickelt Vibratoren für Frauen, Männer und Paare. 155 Euro kostet das Premiummodell „Crescendo“, der nach eigenen Angaben erste biegbare und damit den individuellen Körperformen anpassbare Vibrator. Den Guide, wie das Gerät bestmöglich zum Einsatz kommt, liefern die Gründer Stephanie Alys, Soumyadip Rakshit, Rob Weekly und Shanshan Xu in anschaulichen Erklärbildern gleich mit.

 

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In zehn Runden hat das 2014 in London gegründete Startup bereits 6,5 Millionen Dollar eingesammelt, und zwar ausschließlich von Business Angels. Nach Angaben der Firma nutzen Kunden in 58 Ländern der Welt das Angebot. Auch diese Idee kommt mit passender App daher: Wer möchte, kann sich in einer Art Bibliothek seinen persönlichen Vibrationsfavoriten aussuchen und diesen auf sein Sexspielzeug übertragen lassen.

Bild: Elvie