Marc Specht (l.) und Michael Stephan wollen diesen Roboter in der Altenpflege einsetzen.
Marc Specht (links) und Michael Stephan wollen diesen Roboter in der Altenpflege einsetzen.

Statt mit einem Pflegerin oder einem Pfleger sollen sich alte Menschen in der Zukunft auch mit einem Roboter unterhalten. Der 1,20 Meter große humanoide Roboter des japanischen Telekommunikationskonzerns Softbank kann Smalltalk machen, stellt Rätsel-Fragen, erzählt Witze, singt, tanzt und kann demnächst auch Tai-Chi – jedenfalls soweit man das von Robotern sagen kann.

„Pepper nimmt Pflegekräften Tätigkeiten ab, für die man keine Ausbildung braucht“, sagt Michael Stephan, Geschäftsführer des Healthtech-Unternehmens Bos&S in Berlin-Adlershof. Die Abkürzung im Firmennamen steht für benutzerorientierte Software und Systeme. Stephan ist davon überzeugt, dass Roboter wie Pepper in der Geriatrie eine Zukunft haben: Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt und die der Pflegenden sinkt. Dennoch glaubt er, dass Roboter Pflegekräfte nicht ersetzen können. „Sie arbeiten aber mit ihnen zusammen.“

Antworten auf Alltagsfragen

Roboter haben das Potenzial, Pflegekräfte zu entlasten. Denn Demenzkranke stellen oft wiederholt stereotype Fragen: Wie wird das Wetter? Wann gibt es Mittagessen? Was gibt es zu essen? Solche Fragen beantwortet die Maschine im Zweifel geduldiger als ein Mensch. 

Dazu hat das Berliner Unternehmen den Roboter mit Sprach- und Bewegungssequenzen programmiert, die im Pflegealltag von Bedeutung sind. Maschinelles Lernen oder gar Künstliche Intelligenz kommt dabei allerdings noch nicht zum Einsatz. „Sämtliche Programme sind in der Maschine gespeichert, nicht in einer Cloud“, sagt Stephan.

Das Unternehmen experimentiert derzeit mit dem Roboter, der Gesichter und Emotionen erkennen kann. Er könnte Patienten direkt mit ihrem Namen ansprechen und sie daran erinnern, etwas zu trinken oder ihre Medikamente einzunehmen. Dazu müsste Stephan den Roboter aber mit seiner Pflegesoftware vernetzen. 

Debatte im Ethikrat 

Wäre da nicht ein juristisch höchst kompliziertes Problem: die Datenschutzgrundverordung (DSGVO). „Diese erfordert eine schriftliche Einwilligung für die Verarbeitung personenbezogener Daten“, sagt Marc Specht, der Marketing-Chef des Unternehmens. Und dazu sind Demenz- oder Alzheimer-Kranken in der Regel nicht in der Lage. Auch für einen amtlichen Vormund ist es schwer, den mutmaßlichen Willen eines nicht mehr geschäftsfähigen Demenz- oder Alzheimerkranken einschätzen zu können – ein schwieriges Thema, dem der Deutsche Ethik-Rat seine Jahrestagung am 26. Juni widmet. Dabei geht es um die Frage, wie Mensch und Maschine verantwortungsvoll miteinander interagieren können.

Auch darüber hinaus könnte Künstliche Intelligenz die Pflege optimieren, heißt es bei Bos&S. „Sie könnte Vorhersagen im Patientenmanagement treffen oder Nebenwirkungen von Medikamenten analysieren und dem Arzt automatisch Warnsignale senden“, sagt Michael Stephan. Hier arbeitet das Unternehmen mit einem Berliner Startup zusammen, dessen Namen das Unternehmen aus Wettbewerbsgründen nicht nennen will.

Auch vom Roboter-Hersteller Softbank Robotics erhofft sich das Unternehmen innovative Impulse. Schließlich gehört auch der US-Spezialist Boston Robotics (hier ein Video) seit 2017 zu dem japanischen Konzern.

Hohe Akzeptanz für Pflegeroboter

Allerdings: Bis zum flächendeckenden Robotereinsatz in der Pflege dürfte es noch einige Jahre dauern. „Ungefähr so viel wie ein gut ausgestatteter VW Golf“ koste die Maschine, sagt Specht. Er rechnet aber mit fallenden Preisen und verhandelt bereits mit Krankenkassen. Dort scheint man diese technologische Entwicklung genau zu verfolgen. In einer Studie der Techniker-Krankenkasse aus dem Jahr 2018 sagten 58 Prozent der Versicherten, sie würden sich von einem Roboter unterstützen lassen. Jeder Vierte nahm an, dass Roboter in zehn Jahren Pflegebedürftige unterstützen.

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Bos&S wurde bereits 1992 gegründet und ist am Standort Adlershof auf etwa 100 Mitarbeiter gewachsen. Das Unternehmen hat eine Software entwickelt, mit der Pflegedienste ihre Arbeit dokumentieren und abrechnen können – bis hin zur Dokumentation von Wunden und Medikationen. In der Zukunft, hoffen Stephan und Specht, könnte Roboter Pepper an diese Software angedockt werden. Das Unternehmen gehört der Noventi-Gruppe an.

Bild: Jürgen Stüber