Das Gründerteam von Plusdental: Constantin Bisanz, David Khalil, Peter Baumgart und Lukas Brosseder (v.l.)
Das Gründerteam von Plusdental: Constantin Bisanz, David Khalil, Peter Baumgart und Lukas Brosseder (v.l.)

Gerade Zähne und das möglichst schnell, günstig und unkompliziert – das versprach das Berliner Startup Plusdental (ehemals Sunshine Smile), als es 2017 an den Start ging. Das Konzept: Kunden bestellen online ein Set, mit dem sie zuhause einen Abdruck ihrer Zähne machen. Diesen Abdruck schicken sie an das Startup zurück, das basierend darauf im eigenen Labor eine passende Zahnspange herstellt. Diese durchsichtige Schiene bekommt der Kunde per Post, alle acht Wochen gibt`s dann eine neue, dem Behandlungsfortschritt angepasste Spange. Nach vier bis zwölf Monaten hat der Kunde gerade Zähne, ohne dafür ein einziges Mal einen Kieferorthopäden besucht zu haben. 

Zahnkorrekturen von zuhause aus, das war der USP von Plusdental. Investoren wie Holtzbrinck Ventures und Nebenan.de-Gründer Christian Vollmann finanzierten die Idee mit einer Millionensumme. Umso überraschender ist, dass Plusdental sein Geschäftsmodell innerhalb der vergangenen Monate umgestellt hat: Das Startup schickt seine Kunden für den Zahnabdruck nun zu Ärzten. Außerdem benannten sich die Berliner um, von Sunshine Smile zu Plusdental. Was steckt hinter den Änderungen? Wir haben mit Peter Baumgart gesprochen, der Plusdental mit Constantin Bisanz, David Khilal und Lukas Brosseder gegründet hat. 

Peter, euer Startup hieß bis vor kurzem Sunshine Smile, jetzt habt ihr euch in Plusdental umbenannt. Wieso?

Mit dem neuen Namen kommen wir dem näher, was Patienten sich von unserer Behandlung versprechen, nämlich eine medizinische Behandlung. Diese bekommen sie ja von unseren Partnern, den niedergelassenen Zahnärzten. Hierfür ist der neue Name einfach deutlich besser geeignet als Sunshine Smile. Der hatte eher einen Lifestyle-Charakter. Außerdem tummeln sich auf dem Markt einige Wettbewerber, die auch „Smile“ im Namen haben. Davon wollen wir uns abheben.

Eine weitere Änderung: Kunden müssen nun den Abdruck ihrer Zähne beim Arzt vornehmen lassen anstatt ihn zuhause selbst anzufertigen. Wann habt ihr das Geschäftsmodell umgestellt?

Damit angefangen haben wir schon vor einem Jahr. Wir haben das Konzept damals mit ein paar Zahnärzten testweise neben unserem früheren Vertriebsweg betrieben. Anfang des Jahres hatten wir zehn Partnerpraxen und inzwischen sind es knapp 40.

Wieso habt ihr das Konzept denn umgestellt?

Wir haben das Geschäftsmodell ja nicht komplett umgestellt, sondern erhalten die Abdrücke der Kunden jetzt einfach über einen anderen Weg als zu Beginn. In unserer Testphase hat sich gezeigt, dass die Kunden einen Arzttermin präferieren. Wenn wir den Kunden beides zur Auswahl stellten – entweder ein Abdruck-Set zu bestellen oder einen Termin beim Zahnarzt zu machen – entschieden sich die meisten für einen Termin. Hier und da kommt das Abdruckset noch zum Einsatz, beispielsweise wenn Patienten weit entfernt von Partner-Zahnarztpraxen leben.

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Es kursiert der Vorwurf, ihr hättet das aufgrund von Kritik von Zahnärzten gemacht. Das stimmt also nicht?

Nicht so ganz. Es ist eher so, dass wir unsere Behandlung so auf den aktuellen State-of-the-art der Zahnmedizin bringen können. Das Abdruckset funktionierte zwar sehr gut, aber ein vom Zahnarzt gefertigter intraoraler 3D-Scan ist einfach moderner und digitaler.

Trotzdem ist ein verpflichtender Arztbesuch genau das, was ihr anfangs nicht wolltet. Seid ihr enttäuscht?

Wir haben uns ja nicht explizit gegen einen Arztbesuch vor Ort gesträubt. Wir wollten einfach das machen, was am besten funktioniert für Patienten. Anfangs dachten wir, das sei das Abdruckset für zuhause. Enttäuscht sind wir deswegen nicht, wir haben uns lediglich weiterentwickelt.

Welches Feedback bekommt ihr generell aus der Zahnarzt-Branche?

Das ist durchaus gemischt. Ärzte, die mit Invisalign (einem großen Hersteller von Zahnschienen, Anm. d. Red.) kooperieren, sehen uns vermutlich eher kritisch. Aber ich kann mir vorstellen, dass auch sie durch unsere TV-Werbung und unser Marketing profitieren, weil wir damit ja insgesamt kosmetische Zahnkorrekturen mit Zahnschienen pushen. Viele Ärzte haben aber auch Interesse an einer Zusammenarbeit mit uns. 

Werden eure Partner-Ärzte finanziell beteiligt?

Natürlich werden sie für ihre Dienstleistungen angemessen kompensiert, also für die Scans, die Fotos und die Anamnese.

Also habt ihr jetzt höhere Kosten als vorher?

Das kann man so nicht sagen. Mit dem Abdruckset hatten wir ja auch Kosten, weil ein Arzt bei uns vor Ort sich die Abdrücke anschauen musste. Das Set musste außerdem bezahlt werden und der physische Scan musste digitalisiert werden. In Summe halten sich die Kosten die Waage.

„Wir sind nicht am Ende der Fahnenstange, das ist klar.“ 

Eure Behandlung kostet bis zu 2.700 Euro, sie soll 70 Prozent günstiger sein als bei einem Kieferorthopäden. Wieso?

Einerseits sind es Skaleneffekte, weil wir uns rein auf dieses Produkt konzentrieren. Zahnärzte verbringen einen Großteil ihrer Zeit mit administrativen Tätigkeiten, während bei uns fast alles automatisiert ist, wie sich das für ein Startup in der Tech-Branche gehört. Außerdem haben wir es geschafft, die ärztlichen Kontrollen telemedizinisch abwickeln zu können, indem die Ärzte den Behandlungsfortschritt über Fotos der Patienten kontrollieren. Und wir produzieren die Zahnschienen selbst, anstatt sie teuer bei einem Dritthändler einzukaufen.

Welche Marge habt ihr für die Zahnschienen?

Das kann ich leider nicht sagen.

Ihr kooperiert jetzt mit 40 Praxen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Für ein flächendeckendes Netzwerk müssen es noch deutlich mehr Partner werden. Was ist euer Ziel bis Jahresende?

Dass wir nicht am Ende der Fahnenstange sind, ist klar. Aber für diese Art der Behandlung sind Patienten auch bereit, weiter zu reisen als für eine normale Prophylaxe oder Kariesbehandlung. 40 Standorte in der DACH-Region sind schon eine relativ gute Abdeckung, finde ich. Es gibt aber noch viele weiße Stellen auf der Landkarte, die wir füllen müssen. Ich halte insgesamt eine Zahl von unter 1.000 Partnerpraxen für realistisch.

Ihr habt innerhalb von zwei Jahren 10.000 Patienten behandelt. Seid ihr damit profitabel?

Das kann ich nicht kommentieren. Aber dass wir in einer Wachstumsphase sind und Ende 2018 eine Finanzierungsrunde abgeschlossen haben, lässt vielleicht Rückschlüsse darauf zu, ob wir profitabel sind.

Voriges Jahr entstand um das Geschäft mit Zahnschienen ein regelrechter Hype. Flaut der jetzt ab?

Nein, das sehe ich nicht so. Weltweit und auch in Europa kommen jeden Monat ein, zwei Spieler dazu. Kosmetische Medizin ist ein Riesentrend. Die Anbieter, die jetzt führend sind – wozu wir sicherlich gehören –, haben sich in der Masse deutlich abgesetzt und die anderen schwimmen in deren Strom mit. Die haben gar nicht vor, damit Marktführerschaft zu erlangen. Wir sehen das sportlich, denn Wettbewerb macht die Sache nur spannender. Ich gehe davon aus, dass wir unsere führende Position behaupten können.

Bild: Sunshine Smile