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Keine Angst vor finanzstarken Konkurrenten: Teleclinic-Gründerin Katharina Jünger. Telemedizin.
Keine Angst vor finanzstarken Konkurrenten: Teleclinic-Gründerin Katharina Jünger.

Ungleicher könnte der Kampf der Telemedizin-Dienste kaum sein. Sie stehen in den Startlöchern und wollen den deutschen Markt erobern, wo Fernbehandlung, Onlinerezepte und digitale Krankschreibung demnächst auch für Kassenpatienten möglich sein sollen. Es wird spannend, ob Kapital oder die Insider-Kenntnis des Marktes am Ende zum Erfolg führen werden.

So sieht die Situation auf der Kapitalseite aus: Das Münchner Startup Teleclinic bietet Online-Sprechstunden an und hat seit seiner Gründung 2015 insgesamt neun Millionen Euro eingesammelt und bereitet gerade eine B-Finanzierungsrunde vor. Zava (früher Dr. Ed) aus Großbritannien hat seit 2010 von Investoren umgerechnet 31 Millionen Euro erhalten. Das schwedische Startup Kry (gegründet 2015) bringt es auf 219 Millionen Euro.

Zum Vergleich: Babylon Health, ein 2013 gegründeter Telemedizinanbieter aus Großbritannien mit internationalen Ambitionen und einer starken Basis auf dem Heimatmarkt, arbeitet mit Wagniskapital in Höhe von umgerechnet 588 Millionen Euro. Und der mit umgerechnet 480 Millionen Euro ausgestattete Telemedizindienst American Well, ein Portfoliounternehmen des Versicherungskonzerns Allianz, wird seit längerem sogar als Börsenkandidat gehandelt.

100.000 Behandlungen in diesem Jahr

Angesichts dieser erdrückenden Finanzmacht der Mitbewerber wirken die Äußerungen von Teleclinic mutig: Gründerin Katharina Jünger verweist auf eine Steigerungsrate von 400 Prozent in 2019 und will in diesem Jahr die Marke von 100.000 Behandlungen knacken. Ein Vorteil ihres Teams ist die langjährige Kenntnis des deutschen Marktes. Sie weiß, wie die Krankenkassen beim Thema Abrechnung ticken, welche Praxisorganisation die Ärzte brauchen und welche Anforderungen die Patienten an Privatsphäre und an Datensicherheit stellen.

Ihr Startup gehört zu den Vorreitern auf dem Gebiet der Fernbehandlung und hat in Pilotversuchen mit einzelnen Krankenkassen Erfahrungen in der allgemeinmedizinischen Fernbehandlung gewonnen, während Zava sich vor allem mit der Verschreibung von Verhütungsmitteln und Potenzpillen erst in Großbritannien und dann in weiteren europäischen Ländern einen Namen machte. 

Fokus auf den deutschen Markt

Anders als die Mitbewerber konzentriert sich das Team aus München auf den deutschen Markt. Dass der Konkurrenzdruck hoch ist, ficht Katharina Jünger nicht an: „Der Markt für Onlinesprechstunden in Deutschland ist mit zehn Milliarden Euro groß genug für zwei Anbieter“, sagte sie  Gründerszene. „Wir freuen uns, dass das Investoreninteresse an Telemedizin steigt. Der Markt liberalisiert sich und wird deshalb spannender. Deshalb ist es ein gutes Signal und wir fürchten keine Konkurrenz“, sagt sie selbstbewusst.

Teleclinic hat nach eigenen Angaben als erstes Unternehmen in Deutschland rechtsgültige Rezepte und Krankschreibungen angeboten. Dabei kooperiert das Startup mit Apotheken.de, ein Netzwerk von 7.000 Apotheken. Patienten entscheiden, an welche Apotheke das Rezept geschickt wird. Eine ähnliche Strategie verfolgt Zava. Diese Telemedizin-Plattform kooperiert mit dem Apothekendienstleister Noventi mit 5.000 Apotheken.

Die letzte Messe auf dem Telemedizin-Markt ist noch längst nicht gelesen. Wie CNBC am Dienstag schrieb, hat der Onlinehändler Amazon seine seit längerem erwartete Onlinesprechstunde Amazon.Care am Unternehmenssitz in Seattle gelauncht – zunächst nur für die eigenen Angestellten, die dort online und bei Bedarf auch offline behandelt werden. Kaum einer wird daran zweifeln, dass es dabei bleibt. Wenn sich Amazon.Care bewährt, könnte der Dienst auch außerhalb des Unternehmens angeboten werden. 

Jürgen Stüber schreibt bei Gründerszene über die digitale Gesundheitswirtschaft. Jeden Freitag lest ihr hier die Kolumne Healthy Business, die einen Blick auf die Gesundheitsbranche wirft. Die Kolumne aus der vorigen Woche lest ihr hier:

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Bild: Teleclinic
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