CEO und Mitgründer Davis Prien bringt bietet Videosprechstunde für Hundehalter jetzt auch in Deutschland an. Sein Startup für Telemedizin hat er 2016 in Schweden gegründet.
CEO und Mitgründer Davis Prien bietet Videosprechstunde für Hundehalter jetzt auch in Deutschland an. Sein Startup für Telemedizin hat er 2016 in Schweden gegründet.

Telemedizin hat seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie mit dreistelligen Wachstumsraten einen wahren Boom erlebt. Auch in der Tiermedizin erfreuen sich solche Angebote zunehmender Beliebtheit, das zeigt die Aktivität von Investoren und Startups. Jetzt drängt ein schwedisches Startup auf den deutschen Markt.

Der Besuch bei einem Veterinär bedeutet für das kranke Tier und seinen Halter Stress: das Einsperren in eine Transportbox, die Fahrt mit dem Auto, die fremde Umgebung, fremde Menschen. Dabei sei ein physischer Praxisbesuch bei drei Vierteln aller Krankheitsfälle von Haustieren überflüssig – so eine Auswertung des schwedischen Startups Firstvet, das sich nun zur Expansion auf den deutschen Markt entschlossen hat.

Monatlich 20.000 Videosprechstunden

Im Ausland haben sich solche Virtual-Vet-Dienste bereits etabliert. Firstvet wurde 2016 in Schweden gegründet, expandierte in den Folgejahren nach Dänemark, Finnland, Großbritannien und Norwegen. Das Startup hat nach eigenen Angaben mehr als 300.000 Kunden gewonnen und führt monatlich 20.000 Videosprechstunden durch. Nun also ist Deutschland an der Reihe.

Ein Jahr früher als Firstvet in Europa kam der Telemedizindienst Televet in den USA auf den Markt. Diese Plattform aus Austin im US-Bundesstaat Texas hat bereit Finanzierungen in Höhe von umgerechnet mehr als 6,2 Millionen Euro (sieben Millionen US-Dollar) eingestrichen ­– zuletzt umgerechnet 3,6 Millionen Euro (fünf Millionen US-Dollar) in einer A-Runde.

In Deutschland dagegen ist dieses Geschäftsfeld noch nicht stark ausgeprägt. Außer einzelnen Veterinärpraxen bietet das Düsseldorfer Startup Dr. Sam seit gut einem Jahr Videosprechstunden für Tiere und ihre Halter an. Gründer Jan Holzapfel erwartet „ein größeres zweistelliges Wachstum pro Jahr“ und strebt für 2021 „eine Mitgliederzahl im fünfstelligen Bereich“ an. Das Startup erhalte monatlich 5.000 Anfragen und habe bislang mehr als 20.000 Beratungen durchgeführt, heißt es in einer Mitteilung, die Gründerszene vorliegt. Damit erreicht Dr. Sam in mehr als einem Jahr so viele Kunden wie Firstvet in einem Monat.

Telemedizin für Tiere als Abonnement

Im Mai 2020 gab Dr. Sam eine siebenstellige Finanzierungsrunde bekannt. Neben Bestandsinvestoren (Nanz Family Office, Panter AG, Datalab, VEGA Ventures, Min-Sung Sean Kim vom Samsung Catalyst Fund sowie dem Gründerteam von Caspar Health) gewannen die Gründer neue Kapitalgeber hinzu, darunter Joayance Partners aus den USA und die Mavericks Founders.

Dr. Sam finanziert sich über ein Abo-Modell (ab 29,90 Euro pro Quartal für ein Tier) und will damit offenbar Kunden dauerhaft an die Plattform binden. Firstvet bietet zum Start seine Video-Sprechstunden einen Monat lang kostenfrei an. Danach fallen Gebühren an, die sich an der Gebührenordnung für Veterinäre orientieren. Das sind 22 bis 25 Euro, wobei auf die Notfallgebühr (59,50 Euro) verzichtet wird.

Der Markt für telemedizinische Veterinärdienste ist riesig: In jedem zweiten Haushalt in Deutschland lebt ein Haustier – insgesamt sind es 34 Millionen (ohne Zierfische und Terrarientiere). Statista zufolge lebten 2019 14,7 Millionen Katzen und 10,1 Millionen Hunde in deutschen Haushalten.

Jürgen Stüber schreibt bei Gründerszene über die digitale Gesundheitswirtschaft. Jeden Freitag lest ihr hier die Kolumne Healthy Business, die einen Blick auf die Gesundheitsbranche wirft. Die Kolumne der vorigen Woche findet ihr hier:

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Bild: FirstVet