Fehlerkultur

Aufbau einer Fehlerkultur lohnt sich

Schon als Kind haben Mitarbeiter gelernt, dass fehlerhaftes beziehungsweise falsches Verhalten zu meist negativen Folgen führt. Entsprechend risikoavers handeln sie in der Regel im Beruf, sichert sich mehrfach ab und lähmt mit übertriebenem Perfektionismus, der fast automatisch in Aufschieberitis endet, nicht nur für sich selbst, sondern auch seinen Manager und die Organisation.

Daher kann es sich durchaus lohnen, im Unternehmen bewusst eine Fehlerkultur aufzubauen, denn Erfolg definiert sich in den meisten Fällen nicht über Fehlerlosigkeit, sondern über Ergebnisse. Und (überdurchschnittliche) Ergebnisse lassen sich nunmal leichter in einem Umfeld realisieren, in dem Fehler zugunsten von Mut, Selbständigkeit und Proaktivität beziehungsweise auch Geschwindigkeit akzeptiert werden.

Außerdem sammelt man durch die eigenen Fehler relevante Erfahrungen. Damit sind sie die Grundlage für Entwicklung und Wachstum. Fehler sind ein Teil des Weges zum Erfolg und sollten daher auch unter diesem Aspekt betrachtet werden.

Eine Erkenntnis, die insbesondere für Startups wichtig ist, denn

  • insbesondere neugegründete Unternehmen müssen wachsen und sich professionalisieren
  • insbesondere sie müssen besonders schnell agieren und können sich eine Lähmung durch Aufschieberitis nicht leisten und
  • in Startups arbeiten in der Regel überdurchschnittlich viele junge Mitarbeiter – und wo unerfahrene Mitarbeiter wichtige Aufgaben übernehmen, müssen Fehler fast einkalkuliert werden

Kurz: Wer schneller vorankommen will als die anderen, wird fast automatisch Fehler machen, weil er sich mehr trauen und schneller handeln muss. Wer sich nicht traut, Fehler zu machen, nimmt sich die Chance für Lernen und damit Wachstum und damit auch die Chance auf Erfolg. Daher lohnt es sich, als Organisation über den Aufbau einer Fehlerkultur nachzudenken, weil sie nicht nur zu konkreten Ergebnisverbesserungen beitragen kann, sondern gleichzeitig auch – wenn konsistent ausgeführt – ein Investment in die Entwicklung der eigenen Mitarbeiter ist.

Eine kleine Anekdote (* entnommen aus dem Buch „Die Gesetze der Gewinner“ von Bodo Schäfer) aus dem Hause IBM verdeutlicht es am besten: Tom Watson, der Gründer von IBM, soll einmal zu einem Mitarbeiter, der einen sehr schwerwiegenden und teuren Fehler gemacht hatte und dann Angst vor einer Kündigung hatte, gesagt haben: „Sie entlassen? Nicht, nachdem ich gerade zehn Millionen Dollar in Ihre Ausbildung investiert habe.“

Regeln für die Einführung der Fehlerkultur

Natürlich ist dies nicht der „Budgetrahmen“ für Fehler im Startup – vielmehr hilft die Geschichte dabei, den Ausbildungsaspekt von Fehlern zu beleuchten. In der Praxis geht es dann darum, zwischen Investitionen in notwendige Erfahrungen und Ressourcenverschwendung im Rahmen des Managements der Mitarbeiter zu unterscheiden. Daher benötigen Startups unbedingt auch klare Regeln bei der Implementation einer Fehlerkultur:

Es lohnt sich bei Start eines Mitarbeiters klar zu kommunizieren, dass Fehler akzeptierter Teil von Entwicklung und Erfolg sind, solange es a) keine „dummen“ Fehler sind (das heißt, im Sinne von Verstößen gegen den gesunden Menschenverstand), b) man aus ihnen eine Lehre zieht und c) sie nicht wiederholt. Jeder Fehler, der gegen eine dieser Regeln verstößt, wäre entsprechend nicht mehr Investment, sondern Ressourcenverschwendung und müsste daher Konsequenzen mit sich bringen. Jeder andere Fehler wäre dagegen eher neue Erfahrung als Fehler und damit akzeptiert.

Als Führungskraft kann man zusätzlich auch betonen, dass es lieber gesehen wird, wenn der Einzelne sich traut, gewisse Risiken einzugehen, um dadurch schneller voranzukommen und dadurch eine gewisse Selbständigkeit und Proaktivität entwickelt, als sich ständig abzusichern. Es ist auch wichtig zu betonen, dass – sollte dabei ein Fehler passieren – niemanden der Kopf abgerissen wird, sondern man sich dann gemeinsam um die Lösung möglicher entstandener Probleme kümmern wird.

Aus Fehlern lernen

Wichtig für die Etablierung einer Fehlerkultur ist, sich im Falle eines Fehlers eben genau an das Kommunizierte zu halten. Es wäre fatal, eine Fehlerkultur im Onboarding zu versprechen und dann bei Kleinstfehlern die Beherrschung zu verlieren oder sich in der Schuldfrage zu verlieren. Stattdessen ist es sinnvoll, im gemeinsamen Jourfixe oder Gespräch mit dem Mitarbeiter nochmal kurz zu betonen, dass es zwar nicht gut, aber ok ist, Fehler zu machen, und sich dann direkt der Lektion (was kann man beim nächsten Mal besser machen beziehungsweise wie können wir den Fehler in Zukunft vermeiden?) beziehungsweise der Lösung der entstandenen Probleme (was ist in dieser Situation die beste Reaktion?) zuzuwenden.

Wer dagegen wochenlang in der Analyse und dem Bedauern von Fehlern bleibt, macht sie meist größer, als sie sind – es lohnt sich daher, schnell die Opferrolle zu verlassen beziehungsweise dem Mitarbeiter dabei zu helfen und auf die Situation bestmöglich zu reagieren (die Dinge sind, wie sie sind – was machen wir jetzt daraus?).

Auf diese Weise vermeidet man Schuldzuweisungen und schlechte Gefühle und signalisiert damit dem Mitarbeiter, dass nicht der Fehler selbst das Problem ist, sondern nur der falsche Umgang mit dem Fehler (zum Beispiel zu langes Verharren in der „Schockstarre“) ein Problem wäre. So erkennt der Mitarbeiter, dass es wichtig und möglich ist, auf jeden Fehler angemessen zu reagieren und nimmt damit die Angst vor künftigen Fehlern.

Mit diesem Vorgehen schafft man Vertrauen und setzt so in der Regel einen Positiv-Mechanismus beim Mitarbeiter in Gang, da er künftig deutlich mehr Risikoaffinität und damit Proaktivität entwickeln wird, gleichermaßen aber auch die Grenzen des Systems kennt.

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