Insgesamt ist die Zahl der weiblichen Gründer gar nicht so gering: 2010 waren rund 37 Prozent aller Gründer bundesweit weiblich. Die Welt der Internet-StartUps ist allerdings ganz klar männlich dominiert. Oder wie viele weibliche Gründer von Internet-Startups fallen Ihnen ein? Haben Frauen weniger Ideen, eine übergroße Risiko-Aversion oder woran liegt’s? Die Gründe für die geringe Zahl weiblicher Startup-Gründer sind vielfältig. Aber keineswegs unveränderliche Tatsachen.

Gründerin, Gründerinnen, weiblicher Gründer, weibliche Gründer, Internetbranche, Startup

Frauen gründen anders als Männer

Es ist ein alter Hut, aber nicht minder richtig: Frauen gründen anders als Männer. Das liegt vor allem am weiblichen Risikobewusstsein: Frauen gründen kleinere Unternehmen als Männer und ihre Unternehmen sind seltener auf schnelles Wachstum ausgelegt.

Im Schnitt gründen Frauen auch aus weitaus pragmatischeren Gründen als Männer: Es ist nicht unbedingt die bahnbrechende Geschäftsidee, sondern eher die Erkenntnis, dass eine Gründung die bessere Erwerbsalternative ist. Das gilt insbesondere für Frauen, die zum Beispiel nach einer Familienzeit wieder einsteigen wollen oder sich nach längerer Arbeitslosigkeit selbstständig machen.

„No risk, no fun“ gilt nicht für Frauen

Frauen sind im Durchschnitt tatsächlich risiko-averser als Männer, was sich auch im Umgang mit der Finanzierung bei Gründungen zeigt: Frauen fragen weniger Kapital nach, wenn sie gründen. Während Männer sich durchaus eine große Kreditfinanzierung holen, verlassen sich Frauen eher auf alternative und überschaubarere Geldquellen.

Wenn sie Kredite und Finanzierungen verhandeln, sind Frauen dann wesentlich weniger selbstbewusst als Männer. Das weibliche Risikobewusstsein führt aber auch dazu, dass Frauenunternehmen im Durchschnitt eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit haben als die von Männern gegründeten.

Männerdomäne Internet

“Frauen sind auf Internet-Konferenzen so selten wie der sibirische Tiger” konstatiert FAZ-Bloggerin Violandra Temeritia von Ávila. Ein kurzes Brainstorming zu weiblichen Gründern in der Internetbranche bringt eine kurze Liste:

Auch unter führenden Bloggern, die sich mit Internet- und Startup-Themen befassen, gibt es kaum Frauen. Bis auf wenige Ausnahmen sind es fast ausschließlich Männer, die zum Thema publizieren.

„Warum so wenig Gründerinnen?“ ist die große Frage.

„Weil Internet Startups etwas gefühlt Technisches sind?“ vermutet Robert Basic. Und im technischen Bereich, egal ob in der Ausbildung oder in Unternehmen, sind Frauen immer noch klar unterrepräsentiert, die Debatten hierzu sind Legion.

Dabei scheint gerade die Internetbranche prädestiniert für Gleichberechtigung. Sonja Ludscheidt (Mitgründerin von Local.li) dazu: „Ich behauptete damals wie heute, die Internetwirtschaft ist für Unternehmensgründer die Branche mit der größten Chancengleichheit für Männer und Frauen. Die Branche ist im Verhältnis zur Industrie noch immer jung und lebt von der Kreativität mutiger Menschen.“

„Die Kreativität mutiger Menschen“ – genau hier könnte der Grund für die geringe Anzahl weiblicher Gründer von Internet-Startups liegen. Das erwähnte weibliche Risikobewusstsein und der Hang zu „pragmatischen Gründungen“ lässt weniger Frauen als Männer als Gründer in die Internetszene einsteigen. Auch der eher vorsichtige weibliche Umgang mit Finanzierungen könnte ein Erklärungsansatz sein, schließlich basieren viele Internet-Geschäftsmodelle auf dicken Finanzierungen.

Was tun? Ist die zweite große Frage. Sheryl Sandberg, COO bei Facebook, hat bei der TED eine sehr spannende Rede zum Fehlen weiblicher Führungskräfte gehalten. Sie hat drei Tipps für Frauen, ihr Führungs- und Gründungspotenzial zu verwirklichen.

Ab in die erste Reihe!

Frauen unterschätzen ihre eigenen Fähigkeiten systematisch und stellen ihr Licht gerne mal unter den Scheffel. Anders als Männer, die sich ihre Erfolge gerne selbst zuschreiben, führen Frauen den eigenen Erfolg oft auf externe Faktoren zurück. Frauen brauchen – zumindest wenn sie unter Männern unterwegs sind – mehr Selbstbewusstsein. In den USA verhandeln 57 Prozent aller männlichen Berufseinsteiger ihr Gehalt, während nur sieben Prozent der Frauen dies tun. Sandbergs Fazit: Setzt Euch durch!

Echte Partner

In der Businesswelt haben Frauen laut Sandberg schon einen wesentlich höheren Grad an Gleichberechtigung erreicht als im Privaten: In den meisten Haushalten sind es immer noch die Frauen, die den Löwenanteil der Hausarbeit und der Kinderbetreuung übernehmen. „Make your partner a real partner!“ sagt Sandberg dazu. Nur so hat Frau tatsächlich eine Chance, die eigenen Karriere genauso voranzubringen wie ihr Partner.

Keine Auszeit vor der Auszeit

Sobald Frauen auch nur anfangen, über das Thema Kinder nachzudenken, beginnen sie, sich zurückzulehnen, ist Sandbergs Erfahrung. Die eigene Karriere, der eigene Aufstieg hat plötzlich nicht mehr die gleiche Priorität wie vorher, obwohl die Kinder noch gar nicht da sind. „Don’t leave before you leave“ sagt Sandberg hierzu und rät, den Fuß schön auf dem Gaspedal zu lassen, auch in der Schwangerschaft.

Mit Kindern kommt es Frauen dann nur zugute, wenn der Job stimmt: „Wenn Sie ein Kind zu Hause haben, mit dem sie Zeit verbringen wollen, muss Ihr Job schon sehr spannend und lohnend sein“, so Sandberg. Und das sind Gründungen und Führungspositionen in aller Regel.

Fazit: Mehr Mut, mehr Selbstbewusstsein, mehr Weiblichkeit!

Die Internetwirtschaft ist überwiegend männlich, gerade was Gründer und Führungspersonen angeht. Die Gründe und Fakten dazu überraschen nun nicht unbedingt – die Frage ist vielmehr: Sollten partout mehr Frauen in der Internetwirtschaft gründen bzw. in Führungspositionen arbeiten? Ja! Aus einem einfachen Grund: Gemischte Teams funktionieren am besten, wie wir auch in der Praxis immer wieder wahrnehmen.

Frauen sind keineswegs die besseren Gründer oder besseren Führungskräfte, aber sie bringen Fähigkeiten ein, die Männern oft abgehen. Es ist ja nicht so, dass gar keine Frauen in der Web-Welt arbeiten, mag man argumentieren. Richtig, aber Einfluss nehmen lässt sich eben am besten in verantwortungsvollen Positionen, weniger vom Sekretärinnenstuhl aus. Und ein bisschen mehr Weiblichkeit – Pragmatismus, Bodenhaftung, Risikobewusstsein– täte der Internetbranche an der einen oder anderen Stelle sicher gut.

Erfreulich ist doch, dass die Internetwirtschaft eigentlich eine Branche ist, die mit einer verhältnismäßig großen Chancengleichheit aufwarten kann. Frauen mit Gründungsideen, Gestaltungswillen und Führungspotenzial kann man da nur sagen: Let’s rock!

Bildmaterial: Clarita