Mitarbeiterführung à la Militär und Befehlskeule gehört vielerorts der Vergangenheit an und sollte in Startups ohnehin tabu sein. Gerade junge Unternehmen sind Magneten für selbstbewusste Arbeitskräfte der Generation Y, die sich nicht in alte Führungsstrukturen und Hierarchien mit eingebautem Gehorsam zwängen lässt. Doch welche Art der Führung ist das Gebot der Stunde?

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Dienstwagen und klassische Statusbezeichnungen? Fehlanzeige!

Die gute Nachricht: Menschen aus der Generation Y sind häufig sehr leistungsbereit, hinterfragen Eingefahrenes und hängen nicht an klassischen Statussymbolen und stechuhrgenauen, fixen Arbeitszeiten. Dies ist gerade für ein junges Unternehmen ideal. Für die Führungsaufgabe heißt dies aber, umzudenken. Junge Leute suchen das Feedback und entscheiden sehr differenziert, ob sie es auch annehmen. Die Leistungsbereitschaft ist prinzipiell vorhanden, aber ob sie auch in die Tat umgesetzt wird, hängt in großem Maß davon ab, ob die Arbeit Spaß macht und Perspektive bietet.

Somit ist der Führungsjob heute deutlich schwieriger, oder sagen wir: vielfältiger. Es geht darum, zu lenken, ohne per Status anzuordnen, und um das Schaffen von Atmosphäre und Perspektive, ohne diese mit Floskeln zum theoretischen Fantasie-Gebilde zu degradieren. Führung bedeutet, sich mit den Menschen zu beschäftigen. Wenn ein Arbeitgeber nicht weiß, wie sein Mitarbeiter tickt, ist erfolgreiche Mitarbeitermotivation Glückssache. Er muss seine emotionalen Andockpunkte kennen, die Dinge, die ihn wirklich antreiben.

Die Konsequenz: Führung als Coaching!

Die Konsequenz kann nur heißen, Führung ähnlich wie ein Coaching zu betrachten. Es geht darum, durch Beobachten und Fragen den Menschen kennenzulernen, und ihn dann durch geschicktes Setzen von Eckpunkten und durch gezielte Diskussionen selbst seine Zukunft entwickeln zu lassen. Führung wird zum Dialog, der nicht vorgespielt, sondern indirekt gelenkt wird. Der Arbeitgeber malt das Zielbild, während der Mitarbeiter den detaillierten Weg dorthin selbst findet.

Die Eigenbeteiligung des Mitarbeiters in diesem Prozess erhöht die Identifikation mit der Arbeit und somit auch die Loyalität. Gerade die Tatsache, dass sie nicht jeden Fußstapfen auf den Boden zeichnen, motiviert. Vermutlich war es genau diese Freiheit, die den Arbeitgeber selbst dazu gebracht hat, ein Unternehmen zu gründen oder in einem solchen zu arbeiten.

Autorität durch Akzeptanz statt durch Status

Diesen Ansatz soll aber nicht als der Abschied von Autorität und Entscheidungsbefugnis verstanden werden. Trotzdem: Der Arbeitgeber zieht seine Autorität nicht aus dem Betonen von Status und Formalitäten. Wenn der Mitarbeiter erkennt, dass er durch ihn seinem persönlichen beruflichen Ziel näher kommt und eine für ihn interessante Aufgabe bearbeitet, gewinnt der Vorgesetzte seine Autorität durch Akzeptanz, nicht durch Status.

Entscheidungsstärke, klare Vorstellungen des Ziels und Umsetzerqualitäten sind erhebliche Bausteine für diese Akzeptanz, denn so entsteht Berechenbarkeit und Authentizität. Gerade letztere zählt mehr als der lehrbuchgerechte Fächer von Chef-Eigenschaften. Man möchte wissen, woran man ist – Schauspieler werden schnell entlarvt.

Der Coaching-Ansatz: Wer fragt, führt

Anfangs mag der hier skizzierte Ansatz durchaus Zeit kosten, denn so wie auch im „echten“ Coaching geht es zuerst darum, viel zu fragen und zuzuhören. Wer fragt, führt – das gilt auch für das Führen im Coaching-Stil. Vor allem gewinnt man so die Informationen zum Mitarbeiter selbst, die man für die passende Gestaltung seiner Arbeit braucht. Mittelfristig wird aber viel weniger Zeit als für das Führen durch Vorgaben und Kontrolle benötigt.

Wenn die Aufgabe und der Blick in die Zukunft richtig justiert sind, geht es „nur“ noch darum, diesen Weg zu begleiten und ab und zu mit Feedback oder neuen Fragen nachzusteuern, das Ziel auf Gültigkeit zu testen und erfolgreich erreichte Meilensteine angemessen anzuerkennen.

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold…

Die Diskussion über allgemeingültige Führungstheorien und Generationen birgt das Risiko, pauschale Einschätzungen über Menschen aufgrund ihres Alters oder ihrer Ausbildung zu treffen. Klar ist auch, dass es Aufgabenprofile gibt, in denen der kreative Gestalter gar nicht gefragt ist. Doch selbst hier funktioniert der Coaching-Ansatz, wenn auch in anderer Dosierung der Freiheitsgrade.

Dabei ist es häufig erstaunlich, wie sehr sich auch in einer vermeintlich homogenen Gruppe von Mitarbeitern die individuellen emotionalen Treiber unterscheiden. Darum sollten die Anfangsphase nicht zu kurz kommen – und Zuhören ist wichtiger als Reden.

Menschenverstand statt Revolution

Das alles war nun zu wenig revolutionär, eigentlich nur eine Frage von gesundem Menschenverstand und Wertschätzung? Richtig. Es geht nicht darum, einen radikal neuen Führungsansatz zu suchen, sondern darum, den für gut Befundenen im beruflichen Alltag konsequent umzusetzen – und hier stecken viele fest. Papier ist und bleibt geduldig. Wie es im eigenen Unternehmen aussieht, ist nun persönliche Gestaltungsfreiheit.

 

Der Autor freut sich über Rückmeldungen, Erfahrungsberichte oder Fragen an feedback@christianzipfel.de.

Bild: Petra Bork  / pixelio.de