Startup-kompatible Führung sollte Mitarbeitern weder den Weg zu ihren Zielen vorgeben, noch sie bei der Erreichung kontrollieren, sondern Orientierung geben und die gegenseitigen Erwartungen abstecken. Eines der wichtigsten Tools in einem solchen Führungssystem sind Mitarbeitergespräche. Dieser Artikel stellt die wichtigsten vor.

Mitarbeitergespräche

Ein strukturierter Gesprächsrhythmus mit Mitarbeitern gehört zu den effizientesten Führungstools überhaupt, gerade für Startups. Unabhängig davon, wie komplett das Führungssystem im Ganzen schon ist – Werte, Kriteriensystem, Unternehmenskultur – lässt sich die Performance und Zielerreichung von Mitarbeitern über eine Kommunikationsstruktur exzellent steuern:

Erwartungsgespräch

Kick-off nach dem Onboarding, spätestens zwei Wochen nach Arbeitsbeginn, sollte ein Erwartungsgespräch mit einem neuen Mitarbeiter sein. Ziel dieses Gesprächs ist die konkrete Mitarbeiterrolle, die von beiden Seiten getragen wird. Zur Rolle gehören natürlich die relevanten Aufgaben und Verantwortungsbereiche, aber ebenso Verhaltenserwartungen.

Das Erwartungsgespräch ist die wichtigste Grundlage für die Bindung des Mitarbeiters, denn nur, wenn die gegenseitigen Erwartungen bekannt sind, können sie erfüllt werden und kann überhaupt Zufriedenheit entstehen. Erwartungsmanagement dient letztlich dazu, den gemeinsamen Interpretationsspielraum einzugrenzen und sollte im Ergebnis beziehungsweise in der Dokumentation sowohl die gemeinsam festgelegten Ziele, bestimmte Handlungsrichtlinien, als auch ein paar Meilensteine für die erste Zeit im Unternehmen enthalten.

Die Dokumentation ermöglicht es beiden Seiten, die Zielerreichung zu einem späteren Zeitpunkt zu überprüfen und abzusprechen, inwieweit Erwartungen erfüllt, unter- oder übertroffen wurden.

Status-Quo- und Feedbackgespräch

Nach den ersten sechs Wochen bietet sich ein Status-Quo-Gespräch an; der Zeitpunkt ist früh genug, um Fehlentwicklungen noch beikommen zu können, es ist aber genug Zeit vergangen, um eine erste valide Einschätzung vorzunehmen. Hier ist dann Spielraum zum „Nachsteuern“, wenn beispielsweise bestimmte Verhaltensweisen immer wieder auffallen oder Missverständnisse bezüglich der Rolle und/oder Aufgaben bestehen.

Ein erstes Feedback- beziehungsweise Potenzialgespräch sollte nach zirka drei Monaten stattfinden. Hier sind Entwicklungen valide einschätzbar und beide Seiten können realistisch entscheiden, ob sie weiter miteinander arbeiten möchten oder nicht.

Grundsätzlich setzt eine Entscheidung für die weitere Zusammenarbeit im Startup-Umfeld das Übertreffen der Erwartungen voraus, also Begeisterung auf beiden Seiten. Ein „es läuft okay“ reicht im Startup nicht aus, insbesondere, weil es in jungen Unternehmen massiv auf Eigenverantwortung ankommt.

Entscheidungsgespräch

Ein letztes Gespräch vor Ende der Probezeit klärt schließlich genau, worauf sich beide Seiten einstellen können. Entscheidet man sich für eine Einstellung, können die Erwartungen hier noch einmal konkretisiert werden und eine bewusste, gemeinsame Entscheidung über die Zukunft getroffen werden. Wenn der Mitarbeiter während der ersten sechs Monate mit Jour Fixes und Trainings begleitet wurde, lässt sich die Entscheidung fundiert und klar treffen. Aber auch nur dann!

Endgültige Einstellungsentscheidungen in Startups aufgrund diffuser Bauchgefühle zu treffen, kann sehr gefährlich werden, weil dann nicht klar ist, warum ein Mitarbeiter verlässlich ist, warum ihm Verantwortung übertragen wird und wohin die Reise für ihn tatsächlich geht.

Gesprächsstruktur

Im Alltag sollte jeder Mitarbeiter einen Jour Fixe pro Woche haben, also ein Meeting mit seinem Ansprechpartner/Vorgesetzten. Eine Stunde Jour Fixe pro Woche ist wenig Zeit, die aber enorm hilft, proaktiv statt reaktiv zu führen. Wichtig ist hier die Regelmäßigkeit und Institutionalisierung, denn nur so ist sichergestellt, dass Probleme oder Engpässe nicht erst sichtbar werden, wenn es schon zu spät ist. Der wöchentliche Jour Fixe dient der Spiegelung des Status Quo und der Identifizierung von Engpässen auf Mitarbeiterseite. Um das zu erreichen, hilft eine klare Agenda:

Struktur für den Jour Fixe

  1. Status-Quo-Zielerreichung beziehungsweise Maßnahmenumsetzung: Wie weit sind Aufgaben ausgeführt, gibt es Fragen oder Probleme? Wie gestalten sich die vereinbarten To-Dos?
  2. Wo ist aktuell der größte Engpass des Mitarbeiters? Hier ist Raum für „Hilfe zur Selbsthilfe“ – wenn es im Zeitmanagement hakt, muss eventuell neu priorisiert werden; wenn Informationen fehlen, müssen Briefings überdacht werden oder Wege der Informationsbeschaffung und –dokumentation besprochen werden und so weiter.
  3. Informationsweitergabe: Welche den Mitarbeiter und seine Aufgaben betreffenden Infos, zum Beispiel aus Gremien oder Kundengesprächen, müssen weitergegeben werden?
  4. Wahrnehmungen: Welche Ergebnisse, Verhaltensweisen waren in der letzten Woche besonders positiv, welche weniger? Hier geht es nicht um eine Bewertung des Mitarbeiters, sondern um Gegenseitigkeit! Im Sinne der gegenseitigen Entwicklung muss hier auch der Mitarbeiter ansprechen, wie er seinen Ansprechpartner wahrnimmt, was ihm positiv oder negativ auffällt.
  5. Happy News: Was lief in der letzten Woche besonders gut, womit können wir besonders zufrieden sein? Was haben wir gelernt, was sind vor uns liegende Meilensteine?

Potenzialgespräche

Ist ein Teammitglied eingestellt, sollten neben den Jour Fixes Potenzialgespräche geführt werden. Das bietet sich einmal jährlich, besser noch alle sechs Monate an. Besprochen werden hier wiederum die gegenseitigen Erwartungen beziehungsweise der Erfüllungsgrad der besprochenen Ziele. Das ist natürlich wichtiger Input für den Mitarbeiter, aber gleichzeitig auch für das gesamte Unternehmen.

Deshalb zählt für die Gesprächsführung auch vor allem Offenheit. Sklavisch an der eigenen Agenda zu hängen, generiert selten wirkliche Einblicke in die Arbeit des Mitarbeiters. Ein guter Einstieg ist daher immer, den Mitarbeiter seine Eindrücke, Learnings, Erfolge und Fehler schildern zu lassen und ihn zum Feedback zu ermuntern.

In eigener Sache: Astrid Matzke bietet übrigens im Rahmen der Gründerszene-Seminarreihe ein Seminar zum Thema Bewerbungsinterviews richtig führen an.