Um die besten Talente fürs eigene Unternehmen zu begeistern, müssen Recruiter echtes Sales-Potenzial mitbringen. Sechs Tipps, um A-Player aktiv an Bord zu holen.

Recruiting Sales Tipps

Wenn Recruiting zur Sales-Aufgabe wird

Schaut man sich die Realität an, ist Recruiting in den meisten Organisationen immer noch ein überwiegend administrativer Prozess. Die Bewerbungen gehen ein und werden im Rahmen eines üblichen Bewerbermanagement-Prozesses bearbeitet.

Während das bei großen Unternehmen mit starker Marke momentan noch funktionieren mag, können sich das kleinere, jüngere Unternehmen schlicht nicht mehr leisten. Zumal sich echte A-Player heute gar nicht bewerben müssen, sondern in vielen Fällen direkt rekrutiert werden, von umtriebigen Unternehmen oder Headhuntern.

Angesichts dieser Marktsituation und vorausgesetzt, man ist auf der Suche nach A-Playern, bleibt im Recruiting nur: Proaktiv die Unternehmensvozüge in die Welt tragen und ja – das Unternehmen als Arbeitgeber und die einzelnen Stellen als Traumjobs „verkaufen“. Dafür lassen sich altbewährte Sales-Prinzipien sehr gut aufs Recruiting und insbesondere auf das Employer-Branding übertragen.

Sechs Sales-Tipps, um A-Player aktiv an Bord zu holen

1. Angebot verknappen!

Was jedem Sales-Manager ein altbekanntes Tool ist, kann wohldosiert auch im Recruiting Wunder wirken. Im Sales sind Produkte und Dienstleistungen zu Super-Sonder-Konditionen nie in unerschöpflichem Ausmaß erhältlich, sondern limitiert und man sollte am besten (und sichersten) sofort zuschlagen. Ähnliches gilt auch in der Vermarktung von Stellen. Ein Unternehmen sollte niemals den Anschein erwecken, etliche Stellen offen zu haben, die es bereits lange zu besetzen versucht.

Cleverer ist es, das Stellenangebot zu verknappen und nur besonders attraktive Stellen gezielt herauszustellen und zu vermarkten. Generell kann es außerdem nie schaden, eine gewisse Exklusivität in der Kommunikation mitschwingen zu lassen á la „wir haben extrem harte Kriterien“, „wir nehmen nur die Besten“, „bei uns arbeitet ein hochkarätiges Team aus…“.

2. Das Gefühl einer freien Entscheidung vermitteln!

Niemand mag das Gefühl, überredet worden zu sein. Menschen möchten Entscheidungen selber treffen und das sollte man unbedingt auch im Recruiting beherzigen: Talente sollte man immer das Gefühl vermitteln, dass sie Entscheidungen selber getroffen haben. Und im Idealfall ist das natürlich auch so. Wir reden ja hier von „überzeugen“ und nicht von „überreden“.

Die höchste Kunst ist es übrigens, dem Talent das Gefühl zu geben, dass er oder sie selbst auf die Idee gekommen ist sich zu bewerben. A-Player zu „Initiativbewerbungen“ zu motivieren, insbesondere auf Veranstaltungen und Networking-Events, kann hier ein guter Weg sein.

Eigentlich braucht man als Unternehmensvertreter (und das betrifft nicht nur die Recruiter des Unternehmens!) nicht viel mehr zu tun, als die Vision des Unternehmen gekonnt zu übermitteln, vielleicht noch die Werte zu betonen, von denen sich das jeweilige Talent womöglich angezogen fühlt – und in einem Nebensatz zu erwähnen, dass man gerade wächst und gute Leute gebrauchen kann. Hier kann sich dann jedes Talent ein und ein zusammenzählen und selber auf die Idee kommen, sich zu bewerben.

3. Mit einer Vision überzeugen!

A-Player erwarten von einem Unternehmen mehr als eine freie Stelle, 40 Stunden Beschäftigung die Woche und ein geregeltes Einkommen. Auffällig viele von ihnen suchen nach einem Unternehmen mit Bedeutung. Sie suchen nach Produkten und Dienstleistungen, deren Nutzen sie ganz klar erkennen und hinter denen sie stehen können.

Zudem suchen sie oft nach einem höheren Unternehmenszweck, einer übergeordneten Vision, die dem Unternehmen und damit auch ihrer Arbeit einen tieferen Sinn stiftet. Ganz im Sinne eines guten Verkäufers sollte also ein Recruiter nicht nur Unternehmen und Stelle vermarkten, sondern vor allem die Vision in den Vordergrund stellen. Visionen können eine ungeahnte Überzeugungskraft haben – und damit ist nichts in Richtung „wir wollen die nächste 100-Millionen-Company werden“ gemeint.

4. Nahbar sein!

Sicher war Arroganz im Recruiting noch nie angemessen (und sollte auf keinen Fall mit Exklusivität verwechselt werden). In einem Setup, wo sich Talente ihren Arbeitsplatz aussuchen können, wird nicht wertschätzendes Verhalten geradezu zum Todesurteil für Unternehmen. Nahbarkeit und der Aufbau von Sympathie sind in seinem Verkaufsprozess das A und O. Denkweisenà la „schließlich haben wir die Stelle“ sollten demnach schleunigst aus den Köpfen der Entscheider gestrichen werden – die inzwischen ja vor allem Talentjäger sein sollten.

Talente suchen heute Nahbarkeit, Offenheit und eine hohe Wertschätzung ihrer Person seitens des Unternehmens. Selbst eine eventuelle Absage sollte so wertschätzend und ehrlich formuliert sein, dass die Talente im Nachhinein noch positiv vom Unternehmen sprechen. Das schlimmste Signal, das man als Unternehmen senden kann (und dennoch sehr verbreitete Realität) ist, dem Bewerber gar keine Rückmeldung zu geben.

5. Schnell sein!

Wer zu langsam ist, wird keinen großen Fisch fangen. Erstklassige Kandidaten haben mehrere Angebote und warten nicht zwei Wochen auf eine erste Eingangsbestätigung und vier Wochen auf eine eventuelle Einladung zum Gespräch.

Die Prozessgeschwindigkeit ist oft erfolgsentscheidend: Wie schnell bestätigt man dem Kandidaten den Bewerbungseingang, wie fix gibt man eine erste Rückmeldung und lädt zum Kennenlerngespräch ein, wie effizient moderiert man den gesamten Einstellungsprozess?

Sicher ist: Wer schnell ist, bekommt die besten Talente. Ein guter Sales-Manager würde potentiellen Kunden ja auch nie vier Wochen Bedenkzeit lassen, in denen sie es sich womöglich anders überlegen und bei besseren Angeboten zuschlagen, getreu dem Motto „wenn nicht hier, dann eben woanders“. Wer in einem quälend langsamen Recruitingprozess übrig bleibt, sind die B-Player auf dem Markt.

6. Pitchen!

Was für einen Sales-Manager das täglich Brot ist, wird auch im Recruiting einen immer wichtigeren Stellenwert einnehmen: das Pitchen. Während man in der Anbahnungsphase noch nicht zu offensiv sein sollte, um den Exklusivitätscharakter zu wahren und sich keinesfalls anzubiedern, darf man (und muss man sogar) in weiteren Gesprächen ganz klar herausstellen, was das Unternehmen zu bieten hat.

Hiermit ist natürlich keinesfalls gemeint, dass man die Vorzüge in einem 20-minütigen Monolog herunterbetet und den Bewerber damit womöglich verscheucht. Ebenso wie in einem gelungenen Salesprozess geht es vor allem darum, die Aspekte zu betonen, die dem Talent besonders wichtig sein könnten und im jeweiligen individuellen Fall das größte Überzeugungspotenzial haben.

Bild: U.S. Navy Imagery | CC-Lizenz