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Das sieht nach Idylle aus: Die Alanus Hochschule befindet sich in Alfter, einem Dorf bei Bonn.

Als gäbe es nicht schon genug, das angehende Gründer beherrschen sollen. Buchhaltung hier, Steuerrecht da, und noch müssen sie auch noch – malen? Unbedingt! Denn wenig fördere das ganzheitliche Denken so sehr wie die Auseinandersetzung mit dem Musischen, findet Stephan Hankammer, Professor an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter bei Bonn.

Die 2003 als staatliche anerkannte Kunsthochschule bietet zwar klassische Studiengänge wie Betriebswirtschaftslehre an und damit auch Fächer wie Controlling und Marketing. Der Zusatz „Wirtschaft neu denken“ aber zielt auf die Tatsache ab, dass hier vieles dem Standardcurriculum entspricht. Eine ganze Menge jedoch nicht.

Abschlüsse an Business Schools sind bei angehenden Gründerinnen und Gründern heiß begehrt, versprechen sie doch eine steile Startup-Karriere. Gründerszene zeigt in dieser Woche unter anderem, welche Angebote es in Deutschland gibt, was hinter dem Mythos WHU steckt, warum ein Alumnus eine Eisdiele startete und welche Alternativen es zu teuren MBAs gibt.

Denn während sich viele Unternehmen erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit mit einem nachhaltigen Ansatz beschäftigen, arbeiten Professoren und Studierende der Alanus nach eigenen Angaben bereits seit Jahren darauf hin, dass sich angehende Gründerinnen und Gründer mit neuer Perspektive in die Wirtschaftswelt begeben. Dabei würden kunstpraktische Übungen helfen.

Ein Ziel des Studiums? „Ganzheitliche Denk- und Verständnisansätze liefern“

„Mit dieser Perspektive wird die Persönlichkeitsentwicklung der Studierenden viel stärker in den Mittelpunkt gerückt. Das fördert, ganzheitliche Denk- und Verständnisansätze zu liefern“, so Hankammer, der die Kernprofessur für nachhaltige Unternehmensführung und Entrepreneurship innehat, gegenüber Gründerszene.

Die eigenen Grenzen überschreiten

Da die kunstpraktischen Übungen in der Gruppe stattfinden, würde eine Dynamik erlebt, die man auf das wirtschaftliche Geschehen übertragen kann. Heißt: Ade, Schwarz-Weiß-Denken. Dafür sollen etwa auch Veranstaltungen im Studium Generale zu Ethik, Philosophie sowie Bildungs- und Gesellschaftswissenschaft sorgen. Und das stoße auf Zuspruch.

Bei einem Treffen von Ehrenamtlern in Köln lernte Alexandros Klintsaris Studenten der Alanus kennen. „Ich war zu diesem Zeitpunkt sehr unzufrieden in meinem alten Studiengang, da mir der Raum für kritische Diskussionen und der Bezug zur Nachhaltigkeit und auch Wirtschaftsethik fehlte“, so der 22-Jährige gegenüber Gründerszene. Nach einem Hospitationstag an der Hochschule entschied er sich, in Alfter weiter zu studieren.

„Es geht nicht darum, am Ende des Studiums besonders gut zeichnen oder schauspielern zu können. Beide Module verfolgen das Ziel, die eigenen Grenzen bewusst auszutesten und bewusst zu übertreten“, sagt Klintsaris. Das Thema Achtsamkeit, das innerhalb der Kunstmodule vermittelt wird, habe ihn sehr geprägt. „Der Versuch, wie ein Künstler zu denken, hilft ungemein dabei, ein innovatives Geschäftsmodell zu entdecken.“ 

Sieht eher nach Landleben als nach Uni-Campus aus.

Und darum gehe es vielen Studierenden, selbst wenn sie Controlling & Co. zunächst wenig interessieren mag. „Zu uns kommen junge Leute, die nicht klassisch BWL studieren wollen“, so Hankammer. „Manche hatten sogar gar kein Interesse an dem Fach.“ Viele Studentinnen und Studenten glaubten aber daran, dass Unternehmen und Organisationen einen entscheidenden Beitrag zum sozialen Wandel leisten können und wollten sich selbst aktiv daran beteiligen – auch mit einem eigenen Startup. 

Eine „Entrepreneurship-Orientierung“ sei zunehmend ausgeprägt unter den Studierenden, so der Lehrende. Fächer wie „Ästhetik der Organisationsgestaltung“ konzentrierten sich beispielsweise auf die Frage, wie sich Büroräume künftig gestalten ließen – und wie sich das auf die Organisationskultur auswirke.

Das Studium in Alfter Rund 500 Euro pro Monat kostet das Studium an der Alanus Hochschule. Wer sich für einen wirtschaftlichen Studiengang interessiert, kann zwischen BWL und Nachhaltiger Wirtschaft wählen. Möglich ist es, mit einem Praxispartner zusammenzuarbeiten, also die praktischen Phasen in einem Unternehmen wie der Drogeriemarktkette DM zu verbringen. Einige Unternehmen übernehmen die Studienkosten.

210 junge Frauen und Männer nehmen im Jahr ein Bachelor-Studium in den drei betriebswirtschaftlichen Fächern der Hochschule auf. 20 bis 25 sind es in den Master-Kursen. Insgesamt zählt die Hochschule circa 1600 Studierende in mehr als 20 Studiengängen. Trägerin der Hochschule ist die Alanus Hochschule gGmbH, deren alleinige Gesellschafterin die Alanus Stiftung ist. Ähnlich ausgerichtete Studiengänge bieten zum Beispiel die Zeppelin-Universität am Bodensee und die Jacobs University in Bremen an.

Ab dem zweiten Semester können Studierende einen Schwerpunkt auswählen, darunter beispielsweise „Social Innovation und Business Design“ oder „Nachhaltiges Wertschöpfungs- und Logistik-Management“. Das Studienangebot entscheidet sich insofern, als dass Studentinnen und Studenten einen sogenannten Praxispartner wählen können – nicht immer, aber überwiegend solche, die sich selbst schon seit Jahrzehnten mit einer neuen wirtschaftlichen Betriebsweise beschäftigen. So wie Alnatura, DM, Weleda und die GLS Bank, die sich auch an der Gründung des Fachbereichs an der Alanus einsetzten.

„Es handelt sich um ein enges Netzwerk mit den Bio-Pionieren Deutschlands“, so Stephan Hankammer weiter. Alnatura-Gründer und CEO Götz Rehn ist einer der Honorarprofessoren. Er leitet das Institut für Sozialorganik am Fachbereich Wirtschaft.

Auftritt in „Die Höhle der Löwen“

Das Interesse an den Entrepreneurship-Kursen steigt zwar, aber erst wenige Alanus-Absolventen haben bekannte Startups hervorgebracht. Einer der prominenteren Gründer: Elias El Gharbaoui, der 2017 seinen Bachelor in Betriebswirtschaftslehre abgeschlossen hat, gründete das Startup Elimba – das Zuschauern der „Höhle der Löwen“ vielleicht bekannt vorkommt.

Im Sommer vergangenen Jahres trat der 23-Jährige in der Show auf, um seine Ideen von hochpreisigen Bio-Kakaokugeln zum Auflösen in Wasser oder Milch vorzustellen. Investor Nils Glagau zeigte sich interessiert, investierte am Ende aber doch nicht. So bleiben der Alanus-Alumni, seine Mutter und Geschäftspartner Konstantin Stagge die drei Gesellschafter.

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Alexandros Klintsaris ist sich sicher, dass er nach Ende seines Studiums einen ähnlichen Weg einschlagen wird wie sein Kommilitone – zumindest, was die Achtsamkeit für die Umwelt anbelangt. „Ich weiß, dass ich meinen persönlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten möchte – und an der Alanus wird mir das Gefühl vermittelt, dass ich zu einem positiven Wandel beitragen werde“, sagt er. Er nehme zudem mit, dass sein Leben „auch in Zukunft vom ständigen Lernen begleitet sein“ werde.

Student Alexandros Klintsaris: „Verstehe ich, wie mein Geld investiert wird?“

Seine aktuellen Favoriten in Sachen Gründungsbranche? Die Persönlichkeitsentwicklung und nachhaltige Fintechs. „Ich möchte mit der Hilfe von ökonomischer Bildung dafür sorgen, dass jeder von uns eine autonome Entscheidung treffen kann und wir für folgende Fragen sensibilisieren: Verstehe ich, wie mein Geld investiert wird? Sind die Gebühren gerechtfertigt? Ist das Finanzprodukt wirklich nachhaltig?“ Ökonomische Bildung sollte aus der Sicht des 22-Jährigen frei zur Verfügung stehen.

Apropos ökonomische Bildung: Aktuell suche die Alanus nach Firmen aus dem klassischen Mittelstand, die Interesse daran hätten, mit der Hochschule zusammenzuarbeiten. „Also Unternehmen, die sich zum Beispiel Gedanken darüber machen, wie sie Nachfolgeregelungen angehen lassen“, sagt Professor Hankammer.

Bilder: Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft 
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