Orderbird-Gründer Jakob Schreyer
Jakob Schreyer hat Orderbird 2011 gegründet und verkauft iPad-Kassensysteme an Restaurants.

Wie geht es eigentlich der deutschen Startup-Szene nach Monaten der Krise? Diese Frage lässt sich natürlich nicht pauschal beantworten, jedes Unternehmen musste in den vergangenen Wochen andere Herausforderungen bewältigen. Einige wuchsen so schnell wie noch nie, andere fürchteten täglich die Pleite.

Um zu erfahren, wie einzelne Startups die Situation bewältigen, haben wir als Gründerszene-Redaktion einen Fragebogen an Unternehmerinnen und Unternehmer geschickt. Den Anfang macht Jakob Schreyer, Gründer des Berliner Fintechs Orderbird. Das neun Jahre alte Startup entwickelt iPad-Kassensysteme für Restaraunts. Er hat unsere Fragen zu Kurzarbeit, Homeoffice, den wichtigsten Tools und Führung in der Krise geantwortet. Orderbird ist mit 30 Millionen Euro finanziert, beschäftigt 106 Mitarbeiter und bedient 11.000 Kunden. 

Jakob, welche Auswirkungen hatte und hat die Corona-Krise für Orderbird?

Die Auswirkungen des Coronavirus sind natürlich auch bei uns zu spüren, vor allem aber bei unseren Kunden. Ein großer Anteil unserer Kunden sind selbstständige Gastronomen, die von der Corona-Pandemie mit am härtesten getroffen wurden. Als Technologieunternehmen können wir genau hier ansetzen und die Gastronomen mit unseren digitalen Lösungen unterstützen, dem kontaktlosen Bezahlen beispielsweise.

Waren oder sind eure Angestellten in Kurzarbeit? 

Ja, vor allem in der Zeit des deutschlandweiten Lockdowns und der damit geschlossenen Gastronomien haben wir unsere Arbeitszeiten zum Beispiel im Vertrieb oder Support angepasst. Aktuell sind wir 106 Mitarbeiter bei Orderbird, wovon circa 75 Prozent in Kurzarbeit sind, mit einem durchschnittlichen Arbeitspensum von 60 Prozent. Wir planen die Kurzarbeit im Juli weiter zu reduzieren und das durchschnittliche Arbeitspensum auf 80 bis 100 Prozent hochzufahren.

Musstet ihr Teammitglieder entlassen?

Nein. Wir sind als wachsendes und stabiles Unternehmen ins Jahr gestartet, daher war das bis heute nicht nötig und ist auch in absehbarer Zeit keine Option. In einigen Bereichen wie im Vertrieb, Support oder im Web-Development suchen wir sogar intensiv nach Verstärkung.

Arbeiten eure Angestellten noch im Homeoffice? 

Dass wir ein digitales Unternehmen sind, hat uns hier einen großen Vorteil verschafft. Wir konnten von einem auf den anderen Tag unsere unternehmenseigene Infrastruktur an die neuen Gegebenheiten im Homeoffice anpassen. Seit dem 22. Juni kommen einige Mitarbeiter stufenweise unter Einhaltung von Hygienerichtlinien wieder zurück ins Büro. Aktuell planen wir, erst zum Ende des Jahres wieder vollzählig ins Büro zurückzukehren.

Könnt ihr euch vorstellen, künftig komplett auf ein eigenes Büro zu verzichten?

Unsere Unternehmenskultur ist der der Gastronomen sehr ähnlich – wir lieben das soziale Miteinander und das gesellige Zusammensein. Mehrfach im Monat haben wir uns im Team bei Get-togethers, Kinoabenden und anderen Events gesehen und ausgetauscht. Und jeden Mittwoch haben sich alle „Birds“ – so nennen wir unsere Mitarbeiter – in unserem Orderbird-Café zum Frühstück getroffen. Komplett auf unser Büro zu verzichten, können wir uns daher nicht vorstellen. Aber: Die aktuelle Situation hat uns gezeigt, dass es funktioniert von unterschiedlichen Standorten aus zusammenzuarbeiten. Davon werden wir eventuell auch langfristig Teile in unser Arbeitsmodell übernehmen.

Welche Tools und Tricks haben eurem Team in den vergangenen Wochen geholfen?

Wie gesagt ist unsere Infrastruktur bereits vor der Krise digital aufgestellt gewesen: Onelogin, Confluence, Slack, Personio und Jira sind nur einige der Tools, die unsere Zusammenarbeit im Office aber auch im Homeoffice erleichtern. Für unsere virtuellen Meetings, Präsentationen und Workshops nutzen wir Google Meet. Auch unser gemeinsames Frühstück jeden Mittwoch findet jetzt virtuell statt. Wir treffen uns in kleineren digitalen Frühstücksgruppen mit Kollegen, die von Woche zu Woche neu gemischt werden und im Anschluss präsentieren unsere Abteilungen ihre Updates via Livestream.  

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Zudem treffen sich noch einige Abteilungen wöchentlich für eine Stunde zum „Virtual Socializing“. Und jeden Freitag findet gemäß unserer Speak-up-Kultur eine Q&A-Session statt, die wir #letstalkfridayafternoon nennen. Hier kann jeder Mitarbeiter vorab oder live Fragen stellen, die ihn beschäftigen – zum Beispiel „Wie lange bleiben wir voraussichtlich im Homeoffice-Mode?“ aber auch „Wie haben sich unsere Umsätze durch Corona verändert?“

Was hat in den vergangenen Wochen nicht funktioniert?

Emotionen und Feuer gehen leider bei virtuellen Meeting etwas verloren, da die Kollegen, die nicht präsentieren, einen reinen Streaming-Link erhalten und die Stimmung für die Vortragenden so leider nicht richtig zu spüren ist. Zwar ist via Chat auch parallel Feedback möglich, aber das echte Lachen und tosender Applause haben doch eine mitreißendere Wirkung als Gifs und Emojis.

Um herauszufinden was unsere Mitarbeiter wirklich beschäftigt, haben wir mit einer anonymen Online-Umfrage nach Feedback gefragt. Wir wollten wissen, wie es Ihnen im Homeoffice ergeht, was sie dabei gut finden und was ihnen dabei tatsächlich fehlt. Es stellte sich heraus, die größte Herausforderung, neben der Kinderbetreuung, ist der fehlende Kontakt zu den Kollegen. Daher arbeiten wir gerade an weiteren Kommunikationsformaten mit sozialem Fokus.

Wie seid ihr als Gründer und Führungskräfte mit der Krise umgegangen?

Generell sind wir für jeden Mitarbeiter immer erreichbar. Wir versuchen, klar und ehrlich und in unseren regelmäßigen Firmen-Updates zu kommunizieren, damit keine Unklarheiten aufkommen oder Ungewissheit über die Lage von Orderbird entsteht. 

Habt ihr auch ein Unternehmen gegründet und wollt von eurem Erfahrungen in der Corona-Krise teilen? Dann schreibt uns an redaktion@gruenderszene.de.

Bild: Orderbid