W20
Beim Dinner in Berlin Tischnachbarn: Angela Merkel und Ivanka Trump.

Beim W20-Gipfel trafen sich gestern einige einflussreiche Frauen, um über die Arbeit der Zukunft zu sprechen. Auf dem Podium saßen neben Gastgeberin Angela Merkel die Chefin des Internationalen Währungsfonds Christine Lagarde, die niederländische Königin Maxima und Präsidententochter Ivanka Trump, die den obskuren Titel First Daughter trägt, der beim näheren Nachdenken aber auch nicht viel seltsamer klingt als die Bezeichnung First Lady.

So unterschiedlich die Frauen auch wirkten, so einig waren sie sich darin, dass es weltweit Nachholbedarf bei der beruflichen Gleichstellung von Frauen gibt. Und dass das deutsche System vieles richtig macht. Merkel wurde vielfach gelobt. Aber auch zu recht?

Von außen betrachtet klingen die Privilegien, die deutsche Familien genießen, gut – zumindest wenn man sie mit denen in vielen anderen Ländern vergleicht. In Deutschland haben Eltern das Recht auf staatlich subventionierte Kinderbetreuung. Sie beziehen jahrelang Kindergeld und in den ersten Monaten nach der Geburt Elterngeld. Damit können sich viele eine ausführliche Babypause leisten. Väter werden monetär gelockt, um sich an der Kinderbetreuung zu beteiligen.

Außerdem gibt es weitere Gesetze, die Eltern vor der Willkür ihrer Arbeitgeber schützen, angefangen beim Mutterschutz bis zu Teilzeitregelungen. Ganz zu schweigen von der staatlich verordneten Frauenquote in Aufsichtsräten und dem Gesetz für mehr Lohngleichheit. Und dennoch: Nur jeder Zehnte, der in Deutschland ein Unternehmen gründet, ist weiblich. Viel weniger Frauen als Männer sind in Führungspositionen. Vom niedrigeren Gehalt gar nicht zu sprechen, das Frauen im Schnitt bei gleicher Leistung wie Männer beziehen. 

Warum ist das so? Klar: Der deutsche Staat macht im Vergleich zu anderen Ländern viel, um Frauen die Arbeit zu ermöglichen. Doch das Problem ist vielschichtiger als das. 

In der kapitalbedürftigen Aufbauphase einer Firma fehlt meistens Personal, an das Gründer Aufgaben delegieren können. Die Folge: Arbeitswochen mit 60, 70 Wochenstunden sind in Startups völlig normal. Die Kaffeeküche im Büro wird zum Wohnzimmer, die Mitarbeiter zur Ersatzfamilie. Für Kinderbetreuung bleibt wenig Zeit. 

Und das wissen auch die Investoren. Sie erwarten Einsatz und Hingabe von den Unternehmern, bis in die Abendstunden. Ähnlich sieht es im höheren Management von Unternehmen aus – auch wenn es fraglich ist, wie effektiv ein solcher Arbeitseinsatz ist. 

Als Königin Maxima auf dem Panel davon sprach, dass man Frauen als „Haushaltsmanager“ ernst nehmen müsse, wirkte das erstmals befremdlich. Das Wort Haushaltsmanager klingt antiquiert, wie aus der Zeit gefallen. Und dennoch trifft es einen Kern, auf den weder die deutsche Gesetzgebung noch viele Unternehmen vorbereitet sind. 

Denn viele hochqualifizierte Frauen übernehmen einen großen Teil der Familienarbeit, aus welchen Gründen auch immer. Sei es, weil sie es wollen, müssen oder denken, es zu müssen. Für sie ist deswegen häufig nur ein Job in Teilzeit ein Option, egal auf welchem Hierarchielevel. Gleichzeitig wird von ihnen, sobald sie Führungsverantwortung tragen, oft erwartet, dass sie in Vollzeit arbeiten. Ein Dilemma.

Wenn die Politik wirklich mehr qualifizierte Kräfte dazu bewegen will, Führungsverantwortung zu übernehmen, sollte sie auch darüber nachdenken, wie sich das in Teilzeit bewerkstelligen lässt. Erst, wenn Jobsharing und wirklich flexible Arbeitszeiten auch in höheren Positionen normal sind, werden die Firmen leichter die Arbeitskräfte dafür gewinnen können, die sie suchen: die besten, unabhängig vom Geschlecht. Und das Land könnte bald auch mehr Gründerinnen zählen. 

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