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Als „härtesten Job, den sie je hatte“, bezeichnete Sophie Chung ihr Dasein als Gründerin in einem Interview. Chung ist Ärztin und Chefin des Berliner Startups Junomedcial. Für medizinische Behandlungen, zum Beispiel dermatologische, vermittelt ihr Unternehmen weltweit zwischen Patienten, Ärzten und Krankenhäusern. Denn immer mehr Menschen reisen im Zuge der Globalisierung für ärztliche Behandlungen ins Ausland – um Kosten zu sparen oder eine bessere Behandlung zu bekommen.

Offiziell gestartet ist Junomedical im Mai 2016 in Großbritannien. Deutschland folgte im Monat darauf, Irland, Österreich und Australien kamen kurze Zeit später hinzu. Heute ist das Unternehmen nach Angaben von Chung in über 20 Ländern aktiv und arbeitet dort mit Medizin-Experten zusammen. 20 Mitarbeiter seien derzeit an Bord, so die 33-Jährige.

Auf der diesjährigen Heureka-Konferenz von Gründerszene blickte Chung auf die vergangenen zwölf Monate zurück. In fünf Punkten erklärte sie, was sie in der Zeit seit Bestehen ihres Startups gelernt hat – und warum sie lieber auf kostspielige Team-Events verzichtet.

  • Move fast and be pragmatic. Chung sagt: „Die letzten zwölf Monate haben sich für mich wie drei Jahre angefühlt.“ Der Weg, den ihr Startup zurückgelegt habe, sei nur deshalb machbar gewesen, weil das Team sehr schnell gewesen sei und nicht versucht habe, in jedem Bereich perfekt zu sein. Meistens habe man schnelle Kompromisslösungen gefunden, die nicht bis ins kleinste Detail ausgereift gewesen seien, dafür aber funktioniert hätten. Allein die User-Experience auf Patientenseite habe das Team frühzeitig zu optimieren versucht. „Innerhalb von vier Tagen hatten wir eine Landing Page und das Facebook-Marketing in Australien geplant und durchgebracht, das war für uns ein komplett neuer Kontinent und ein komplett neuer Markt“, erzählt Chung. Heißt im Kern: Hätte das Modell in Australien nicht funktioniert, wären nur wenige Arbeitstage umsonst gewesen.
  • Work your ass off. Immer wieder müsse man Tag und Nacht arbeiten, um seine Ziele zu erreichen, so Chung. Als erstmals Patienten die Plattform nutzten, hätten die Telefone nicht mehr stillgestanden – und jeder im Team habe mit anpacken müssen, um die Nutzeranfragen telefonisch und per Mail zu managen. 
  • Don’t give up. Bei den Pitches für die erste Finanzierungsrunde habe sich Chung häufiger gefragt, ob die Medizintourismus-Idee wirklich gut sei: „Viele sagen dir, dass das, was du vorhast, nicht funktionieren wird und dass dein Ansatz nicht der richtige ist.“ Gründer sollten dieses Feedback zwar reflektieren, aber auch im Kopf behalten, dass es wohl schon jemand anderes gemacht hätte, wenn die Idee zu offensichtlich gut wäre. „Die meisten Dinge werden beim ersten Mal nicht funktionieren. Beim zweiten Mal auch nicht. Wenn das passiert, sollte man so lange weiter probieren, bis es klappt“, sagt die 33-Jährige.
  • Don’t waste money. Manchmal, so Chung, würden Gründer vergessen, dass das Geld, das auf ihren Firmenkonten liegt, gar nicht ihnen gehört. „Auch in unserem Startup steckt externes Risikokapital“, sagt Chung. Trotzdem sei etwa das Büro des Unternehmens einfach gehalten und vor allem mit Ikea-Möbeln eingerichtet. Der teuerste Einrichtungsgegenstand sei die Kaffeemaschine. Auf ausgefallene Team-Events werde beispielsweise verzichtet. Ganz unstrittig dürfte diese Einstellung nicht sein. Das räumt auch Chung ein, sagt aber: „Ich glaube, dass es möglich ist, intern eine gute Atmosphäre zu schaffen – auch ohne viel Geld dafür auszugeben.“
  • Find your warriors. Gründer brauchen Menschen, die an sie und ihre Vision glauben, die ihnen sagen, wenn sie einen Fehler gemacht haben und ihnen auch mal inhaltliche Ratschläge geben, sagt Chung. Man müsse wissen, wer einem helfen könne. Einmal habe sie niedergeschlagen im Büro gesessen und sich gefragt, warum sie das alles überhaupt noch mache. „Dann ist eine Junior Managerin auf mich zugegangen und hat mir gesagt, dass wir einfach alle gemeinsam solange zusammensitzen würden, bis es klappt. Diese Sorte Menschen braucht man als Gründer. Ein Unternehmen aufzubauen ist nun mal ein Team-Marathon und nicht etwas, das du alleine machen kannst“, so Chung.

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Bild: Chris Marxen/Gründerszene