Die einen machen Hausaufgaben, andere lieber ihr eigenes Ding: Davis Zöllner (17) und Berkay Ugur Cankiran (18) sind davon überzeugt, dass beides gleichzeitig möglich ist. Sie arbeiten an einer digitalen Visitenkarte.

Als der Schulunterricht durch den ersten Corona-Lockdown im Frühjahr stark eingeschränkt wurde, sahen Davis Zöllner und Berkay Ugur Cankiran es als Chance und bauten ihr Unternehmen auf. Die damals 16 und 17 Jahre alten Schüler haben sich im Januar 2020 auf einem Unternehmer-Event in Potsdam kennengelernt. Dort stellten sie fest, dass sie nicht nur beide aus der Nähe von Hamburg kommen, sondern auch eine gemeinsame Leidenschaft teilen: ihr eigener Chef zu sein.

Cankiran hatte zu dem Zeitpunkt schon Erfahrung mit dem Programmieren und experimentierte mit NFC-Chips – die Technologie, die etwa auch beim kontaktlosen Bezahlen mit Apple Pay zum Einsatz kommt. Zöllner erkannte das Potenzial, als Cankiran ihm während des Events per Chip seine Kontaktdaten aufs Smartphone übermittelte. Der heute 17-jährige Zöllner und sein 18-jähriger Geschäftspartner verkaufen mittlerweile NFC-Sticker fürs Smartphone über ihren Onlineshop und stehen kurz vor der Unternehmensgründung. Cankiran hat dieses Jahr Abitur gemacht, Zöllner ist 2021 dran.

Im Interview berichtet Zöllner, welche negativen Erfahrungen er bereits mit Investoren machen musste, welche Hürden man als minderjähriger Unternehmer zu nehmen hat und wo die Reise mit dem Startup Taag Solutions hingehen soll.

Wie bekommt man es unter einen Hut, gleichzeitig Schüler und Gründer zu sein?

Das Thema Gründen hat mich schon lange interessiert. Ich wollte seit der zehnten Klasse unabhängig mein Ding machen. Du brauchst dafür aber auf jeden Fall ein gutes Zeitmanagement. Ich stehe früh auf und mache vor der Schule die Hausaufgaben, damit ich den Nachmittag frei habe, um mich voll auf die Unternehmenssachen konzentrieren zu können. Dann telefoniere ich zum Beispiel und erstelle manchmal bis Mitternacht noch Präsentationen.

Woher weißt du, wie man als Unternehmer vorgeht?

Am Anfang wusste ich ehrlich gesagt gar nichts. Weder haben mir die Rechtsformen etwas gesagt, noch wusste ich, wie man Angebote erstellt oder eine Slide sinnvoll aufbaut. Bei mir war es so, dass ich viele Freunde habe, deren Eltern selbstständig sind. Von denen konnte ich viel lernen. Als ich dann erfahren habe, dass auch Berkays Eltern Unternehmer sind, war ich direkt überzeugt, es mit ihm zusammen auszuprobieren.

Wie wollt ihr die 25.000 Euro Stammkapital für die Gründung stemmen?

Entweder gründest du eine GmbH oder fängst erst mal mit einer UG an. Wir haben uns für die UG entschieden. Als Berkay und ich uns kennengelernt haben, waren wir beide noch nicht geschäftsfähig. Darum hatten wir vorab mit einigen Investoren gesprochen und auch schon Termine mit Anwälten für die Gesellschafterverträge einer GmbH. Allerdings hatte es dann doch nicht geklappt. Der Investor, der das Stammkapital aufbringen sollte, ist abgesprungen.

Woran ist es gescheitert?

Ich möchte hier nicht so tief ins Detail gehen. Allerdings kann ich sagen, dass man als Gründer aufpassen muss, auf wen man sich einlässt. Bei Investoren muss man darauf achten, dass sie nicht nur das Kapital mitbringen, sondern auch etwas zum operativen Geschäft beitragen können. Außerdem sollte man mit einem Anwalt über die Stimmrechtverteilung sprechen, bevor man mit Investoren loslegt. Berkay und ich setzen jetzt erstmal auf die UG. Wir stehen aber weiterhin mit anderen Investoren im Kontakt. Uns war wichtig, dass wir erst mal zu zweit gründen können und nicht erst auf Investoren warten müssen. Das mit den Gesellschaftern regeln wir dann danach.

Wie funktioniert eine Gründung, wenn man noch nicht volljährig ist?

Du kannst als Minderjähriger gründen. Das ist aber leider ein sehr komplizierter und bürokratischer Prozess, was ich persönlich überhaupt nicht vertretbar finde. Du brauchst einen Bescheid vom Gericht. Der Richter holt sich dann eine Stellungnahme vom Jugendamt, vom Schlulleiter und dem Klassenlehrer – und am Ende muss der Richter dich dann als geschäftsfähig erklären. Und du musst vor Gericht einen kompletten Business-Plan vorlegen, damit denen klar wird, was du überhaupt vor hast.

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Hat es bei dir geklappt?

Ich bin zuversichtlich, dass ich kommende Woche noch die Genehmigung bekomme, damit wir den Notartermin machen können. Man muss dazu sagen, dass es schwerer ist, so etwas in einer Großstadt zu machen. Ich komme zum Glück aus einem Randbezirk von Hamburg. Darum ist nicht das Hamburger Amtsgericht zuständig, sondern mein Bezirk. Die haben nicht so viel zu tun, weshalb hier die Anträge schneller durchgehen.

Was ist bei Taag Solutions das Business-Modell?

Es geht darum, dass man mit den NFC-basierten Stickern kontaktlos und digital Visitenkarteninformationen austauschen kann. Im 21. Jahrhundert noch Papierzettel zu nutzen und im Büro zu sammeln, ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Wir sehen das größte Potenzial darin, mit Smartphone-Hüllenherstellern zusammenzuarbeiten und da gleich den Sticker mit zu verteilen. Außerdem wollen wir den Service für Firmenkunden anbieten. Wir stehen hier bereits im Austausch mit Investoren aus der Branche.

Der Sticker mit dem verbauten NFC-Chip wird aufs Smartphone geklebt. Bild: Taag Solutions

Wie viele Sticker habt ihr schon verkauft?

Wir haben mehrere hundert Stück über den Onlinehhop Mytaag.com verkauft. Uns ist wichtig, dass wir nicht erst ein halbes Jahr lang einen Business-Plan schreiben, sondern gleich die Produkte testen. Bis jetzt sind wir mit dem Feedback zufrieden.

Ein Sticker kostet rund zehn Euro, was fällt da an Marge ab?

Darauf möchte ich nicht im Detail eingehen. Mit der Marge können wir unsere Kosten decken und haben etwas Profit. Unser Fokus liegt vorab aber erstmal nicht auf Profit. Eher wollen wir schnell wachsen und den Preis für den Kunden attraktiv halten. Es ist eine einmalige Anschaffung. Man kauft den Sticker und wir garantieren, dass die auch für immer funktionieren. Wir bauen gleichzeitig den Service weiter aus, um die Kontaktdaten zu verwalten. Der Plan ist, auf Grundlage der Daten, die wir über die App verwalten, auch eine Art Social-Media-Plattform aufzubauen.

Was meinst du damit?

Bei sämtlichen Netzwerken ist es doch so, dass man immer selbst einen Account haben muss, um beispielsweise auf Instagram mit jemanden in Kontakt zu treten. Bei uns ist es so, dass wir eine Schnittstelle zwischen den sozialen Plattformen sind. Das heißt: Man braucht nicht notwendig einen eigenen Taag-Account, um die Social Media Informationen von anderen zu erhalten. Wir haben eine Web-App entwickelt, wo man seine Informationen bearbeiten kann, die dann auf dem Sticker gespeichert werden. Du kannst also schnell mal deine Unternehmensposition ändern, ohne dafür neue Karten oder einen neuen QR-Code generieren zu müssen.

Wie wollt ihr euer Geschäftsmodell zukünftig ausbauen?

Beispielsweise indem man das Modell auf Hundehalsbänder überträgt, um bei einem Ausreißer zu checken, wem der Hund gehört.

Wie hat Corona eure Unternehmensabsichten beeinflusst?

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass es aus unternehmerischer Sicht für uns von Vorteil war. Wir haben uns im Januar 2020 kennengelernt. Haben aber während der Corona-Zeit das Business aufgebaut. Das war ideal – denn ich musste zeitweise nicht zur Schule gehen und konnte mich voll auf Mytaag konzentrieren. Berkay hat sein Abitur gemacht, konnte aber auch viel von zuhause arbeiten. Es war für uns definitiv von Vorteil, dass wir in der Corona-Zeit begonnen haben. Sonst wären wir nicht so schnell gewesen.

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Bild: Berkay Ugur Cankiran