Mark Schneider ist seit Januar 2017 CEO von Nestlé

Er kauft und kauft und kauft. Seit rund einem Jahr ist der Deutsche Mark Schneider CEO von Nestlé. Und seit der die Geschäfte des Schweizer Lebensmittelunternehmens lenkt, wächst das Markenportfolio des Konzerns kontinuierlich. An neun Startups hat sich Nestlé im vergangenen Jahr beteiligt oder sie gar komplett übernommen, fünf davon aus dem US-amerikanischen Raum. Schaut man sich die übernommenen Firmen genau an, so verraten die Übernahmen eine Menge über die strategische Ausrichtung von Nestlé. Und die Serie geht weiter.

Der Nahrungsmittelkonzern investiert in junge Unternehmen mit hippen Produkten wie kalt gebrühtem Kaffee oder vegan-vegetarischem Öko-Essen. Damit  steigt Nestlé in eine neue Zielgruppe ein. Ganz gezielt, wie Schneider erklärt. „Um den immer rascher werdenden Veränderungen am Markt gerecht zu werden, verschärfen wir unseren Fokus auf Innovation, operative Effizienz und Portfoliomanagement“, erläuterte der 52-Jährige seine Wachstumsstrategie beim Investorentag im September. „Wir werden wachsen, indem wir den Konsumententrends voraus sind und Marken und Produkte anbieten, die die sich wandelnden Bedürfnisse der Menschen erfüllen, besonders den Wunsch nach einem besseren und gesünderen Leben.“

Der Warenkorb füllt sich

Und diese Pläne setzte Schneider schnell um. Die Einkaufstour begann direkt nach seinem Eintritt in die Führungsetage des Schweizer Konzerns mit der Übernahme des ägyptischen Unternehmens Caravan Marketing, das löslichen Kaffee herstellt. Im März 2017 ging der Tierfutter-Shop Terra Canis an die Schweizer über. Die Münchener Gründerin Brigitta Ornau erlebte daraufhin einen Shitstorm. Ihre Kunden warfen ihr Geldgier vor, weil sie sich mit dem Großkonzern einließ.

Nach einer kurzen Pause kaufte Nestlé die israelische Marke Materna Laboratories auf, die zu Maabarot Products gehörte. An dem Produzenten für Kleinkindernährung hatte Nestlé bereits 51 Prozent über ihre Tochtergesellschaft Osem gehalten. Für die restlichen Anteile legten die Schweizer Medienberichten zufolge noch einmal bis zu 160 Millionen US-Dollar drauf. Noch im selben Monat beteiligte sich Nestlé am US-Kochboxen-Versender Freshly. 77 Millionen Dollar hat das Startup in der Finanzierungsrunde eingesammelt, die der Schweizer Lebensmittelkonzern angeführt hatte.

Im September wurde das Portfolio von Nestlé gleich um zwei hippe Unternehmen erweitert: Sweet Earth, das vegane Lebensmittel auf Proteinbasis herstellt, und Blue Bottle Coffee. Rund 500 Millionen US-Dollar habe Schneider Medienberichten zufolge für 68 Prozent an der kalifornischen Kaffeekette hingeblättert. Im Folgemonat übernahm der Konzern das Startup Vitavis Laboratories, einer Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln mit Sitz in San Francisco.

Im November kaufte Schneider das US-Unternehmen Chameleon Cold Brew ein und erweiterte damit Nestlés Kaffeesparte. Im Dezember gab der Nahrungsmittelkonzern bekannt, den kanadischen Hersteller für Nahrungsergänzungsmittel Atrium Innovations für 2,3 Milliarden Dollar in bar erwerben zu wollen. Laut Nestlé soll die Übernahme Anfang 2018 stattfinden. Es gibt außerdem Gerüchte, dass die Schweizer Interesse am Lebensmittelhersteller Hain Celestial sowie dem deutschen Pharmaunternehmen Merck hätten. Auf Nachfrage von NGIN Food wollte Nestlé jedoch keine Auskunft über die möglichen Käufe geben.

20 Milliarden Franken für Übernahmen und Rückkäufe

Auf dem Investorentag erklärte CEO Schneider zudem, Nestlé wolle in den folgenden drei Jahren zusätzliche 20 Milliarden Schweizer Franken für Fusionen und Übernahmen sowie Aktienrückkäufe ausgeben. Die Sparte Nahrung und Getränke solle weiterhin Kern der Unternehmensstrategie bleiben, allerdings wolle sich Schneider mehr auf Nutrition, Gesundheit und Wellness konzentrieren, um die Konsumententrends aufzugreifen. Gerade durch die Übernahmen in 2017 sind vor allem die Bereiche Kaffee, Tierfutter, Babynahrung und Wasser gewachsen. In den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres ist Nestlé um 2,6 Prozent gewachsen. Bis 2020 plant Schneider ein organisches Wachstum im mittleren einstelligen Bereich.

Der Schweizer Konzern hat 2016 global 82,1 Milliarden Euro umgesetzt. Die USA sind der größte Absatzmarkt von Nestlé. Das Süßwarengeschäft macht dort jedoch nur drei Prozent des Umsatzes aus, weltweit sind es rund 14 Prozent am Gesamtumsatz. Daher wollen die Schweizer die Süßigkeitensparte in den Staaten noch bis Ende März abstoßen, wie ein Sprecher NGIN Food bestätigte. Medienberichten zufolge sind der italienische Süßwarenhersteller Ferrero sowie die größten US-Konkurrenten Hershey und Mars an einem Deal interessiert. Die Angebote für das US-Geschäft liegen Berichten zufolge bei bis zu 2,5 Milliarden Dollar.

In die strategische Ausrichtung, nicht lukrative Geschäftsfelder zu verkaufen, fielen auch die US-Eisteemarken Sweet Leaf Tea und Tradewinds. Im Dezember kommentierte das Tochterunternehmen Nestlé Waters North America, man wolle sich noch mehr mit gesunden Getränken am Markt positionieren. Zuckriger Eistee und Süßigkeiten gehören also künftig nicht mehr zum Produktportfolio der US-Sparte. Es darf durchaus als Signal gesehen werden, wenn ein Großkonzern wie Nestlé nicht mehr hier, sondern in gesundheitsorientierten Bereichen die Wachstumsmärkte der Zukunft sieht. Ob die Kunden den Kurs von CEO Schneider 2018 bestätigen, werden die nächsten Monate zeigen.

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