Schreibt sie gerade eine Bewerbung? Möglich wär’s.

Einladend funkelt der kleine Knopf auf der Internetseite eines großen deutschen Logistikunternehmens. Die Stelle eines „IT-Koordinators“ ist nur noch einen Fingertipp entfernt. Denn auf dem Button der Bewerbungs-Homepage prangt der Schriftzug „Bewerben mit LinkedIn-Profil“.

Nur einen Klick später landen Kontaktdaten und die wichtigsten Stationen im Lebenslauf automatisiert im Bewerbungsformular des Unternehmens – übertragen aus dem eigenen Social-Media-Profil im Internet. Nicht einmal von einer S-Bahn-Station zur Nächsten hat der Vorgang gedauert – und schon ist der neue Job in greifbarer Nähe.

Immer mehr Karriereseiten von großen und kleinen Unternehmen sind nicht mehr nur für Mobiltelefone optimiert – sie laden explizit dazu ein, sich mit dem Smartphone zu bewerben. Die Devise: Wer mit den intelligenten Telefonen einkauft, sein Mittagessen bestellt oder sogar die Liebe seines Lebens findet, der kann sich übers Handy auch einen neuen Job suchen.

73 Prozent würden sich gerne mobil bewerben

Wenig verwunderlich, denn mittlerweile stammt mehr als die Hälfte des weltweiten Internet-Datenverkehrs von Smartphones. 75 mal entsperren Nutzer im Durchschnitt täglich ihre Endgeräte. „Mobile Recruiting“ nennt sich der neueste Trend für die Handynutzung und eine aktuelle Studie zeigt: 73 Prozent würden sich bereits jetzt gerne mobil bewerben, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten.

Immerhin 24 Prozent gaben bei einer Befragung der Universitäten Bamberg und Nürnberg an, dass sie sich von zu Hause bereits häufig mit dem Smartphone bewerben, 19 Prozent senden ihre Handybewerbungen sogar von unterwegs ab. Immer mehr öffnen sich Unternehmen für diese Interessenten – doch etliche Personaler setzen weiterhin auch auf klassische Lebensläufe und schmucke Bewerbungsfotos. Und so offenbart die Bewerbung per Smartphone für Nutzer noch einige Tücken.

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Bei der Personalgewinnung über Mobiltelefone ist die Bewerbung die Königsdisziplin. Deutlich über die Hälfte der deutschen Unternehmen bietet Bewerberinformationen und Stellenanzeigen bereits mobiloptimiert an. Erste Unternehmen entdecken auch Nachrichtendienste wie WhatsApp oder Push-Benachrichtigungen für sich, um potenzielle Bewerber zu locken und ständig über neue Angebote informieren zu können.

Auch die komplette Bewerbung über das Smartphone zu absolvieren, ist immer häufiger möglich. Das hat das Portal Meinestadt.de (gehört zur Axel Springer SE, die auch Gesellschafter der Business Insider Deutschland GmbH ist, dem Medienhaus von Gründerszene) bei einer Befragung von 102 Personalern herausgefunden.

Fast die Hälfte der Unternehmen akzeptieren mobile Bewerbungen

Die Ergebnisse zeigen, dass fast die Hälfte der Unternehmen mobile Bewerbungen akzeptieren, vor allem, weil sie diese Form der Bewerbung als „zeitgemäß“ empfinden und sich einen schnelleren Prozess davon versprechen. Trotzdem sind auch bei etlichen Personalern noch die klassischen Bewerbungsmerkmale gewünscht. So erwarten etwa 35 Prozent auch bei mobilen Bewerbungen ein klassisches Anschreiben, für 69 Prozent gehört ein Foto fest zu den Bewerbungsunterlagen dazu.

Die unterschiedlichen Wünsche der Unternehmen offenbaren ein entscheidendes Problem: Während bei der klassischen Bewerbungsmappe klar war, wie Anschreiben, Lebenslauf und Zeugnisse aneinandergereiht werden müssen, gibt es für mobile Bewerbungen noch keine einheitlichen Standards.

Die Wünsche schwanken von einer vollständigen Bewerbung wie per Post oder E-Mail bis hin zu einer Kurzbewerbung mit wenigen Angaben. Wer auf den Jobseiten seiner Wunschunternehmen keine konkreten Angaben zur mobilen Bewerbung findet, sollte sich deshalb vorher lieber gezielt informieren – auch wenn das den Reiz einer spontanen Bewerbung von unterwegs einschränkt.

Doch während eine Chat-Nachricht oder Online-Bestellung leicht von der Hand geht, sollte man sich gerade bei Smartphone-Bewerbungen nicht vom Reiz der Spontanität verführen lassen. Trotz Schnelligkeit darf die Gründlichkeit nicht vernachlässigt werden.

Mehrheit der Personaler nicht mit der Qualität zufrieden

Die Umfrage von Meinestadt.de zeigt, dass über die Hälfte der Personaler aktuell nicht mit der Qualität der eingehenden mobilen Bewerbungen zufrieden ist. Der Ratschlag einer Personalerin ist deshalb klar: „Auch bei mobilen oder Kurzbewerbungen muss man sich Zeit nehmen und die Bewerbung gewissenhaft prüfen.“

Auf der kleinen Smartphone-Tastatur schleichen sich etwa besonders gerne Rechtschreibfehler ein – neben der Korrektur des Betriebssystems sollten Handy-Bewerber deshalb über den zusätzlichen Einsatz einer Rechtschreibprüfung nachdenken.

Wer die wichtigsten Daten und Fakten auf dem Handy eingetippt hat und sogar seinen Lebenslauf aus einem Online-Netzwerk importieren konnte, kommt auch auf dem Smartphone kaum darum herum, seine Qualifikationen mit den passenden Nachweisen zu untermauern. Doch wie kommen die Dokumente auf das Endgerät?

Wer Referenzen oder Zeugnisse auch bei mobilen Bewerbungen bereitstellen muss, kann seine Dokumente über Cloud-Speicherdienste wie Google Drive oder Dropbox auf das Telefon laden. Wer seine Unterlagen noch nicht digitalisiert hat, sollte beim Einscannen Wert auf Qualität legen.

Viele Personaler beschwerten sich über schlecht lesbare Unterlagen, die die Seriosität von mobilen Bewerbungen deutlich schmälern können. Auch hier bietet zusätzliche Software an: Spezielle Scan-Apps fürs Handy erlauben etwa automatische Licht- oder Farbkorrekturen und kümmern sich um die Begradigung der Dokumente. Wer sich hier entsprechend vorbereitet, hat gegenüber einem schnellen Schnappschuss die Nase vorn.

Nach den Unterlagen ist vor dem Kennenlernen

Mit diesen Grundvoraussetzungen kann schon fast der Absenden-Button auf dem Handydisplay gedrückt werden – denn ein klassisches Anschreiben findet die Hälfte der von Meinestadt.de befragten Unternehmen mittlerweile überflüssig. Die Kritik: Viele Bewerber erzählen häufig einfach ihren Lebenslauf nach.

Stattdessen freuen sich Firmen über moderne Kurzbewerbungen, in denen Jobinteressenten in wenigen Sätzen etwa ihre Motivation für die Bewerbung zusammenfassen und damit einen Einblick in ihre Persönlichkeit bieten.

Doch auch nach dem Abschicken der Bewerbung gilt: Nach den Unterlagen ist vor dem Kennenlernen – und deshalb sollten Smartphone-Bewerber vor allem darauf achten, dass nicht vor lauter Jobangeboten der Handyakku leer ist, wenn das interessierte Unternehmen am Telefon ist. Trotz mobiler Bewerbung sollte deshalb immer auch eine Mailadresse im Formular hinterlassen werden, um für Rückfragen zur Verfügung zu stehen.

Das steigende Nutzerinteresse an mobilen Bewerbungen zeigt, dass Unternehmen den Wünschen des Arbeitsmarktes rasch entsprechen sollten. Und viele Firmen beschäftigen sich bereits mit dem Trend. Die Studie der Universitäten Bamberg und Nürnberg kommt zu dem Ergebnis, dass mehr als 90 Prozent der deutschen Unternehmen denken, dass Mobile Recruiting in Zukunft noch wichtiger werden wird.

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Denn die Möglichkeiten sind noch lange nicht ausgeschöpft: Erst 5,3 Prozent der Unternehmen ermöglichen Bewerbungen über eigene Unternehmensapps. Die Kandidaten sehen darin vor allem eine mögliche Zeitersparnis und höhere Effizienz. Für vier Prozent der potenziellen Bewerber ist es sogar ein Grund, sich nach anderen Jobs umzusehen, wenn sie ihre Unterlagen nicht über das Smartphone einreichen können.

Zudem sehen jeweils 50 Prozent der Bewerber und Unternehmen noch Probleme bei der Datensicherheit und sechs von zehn Bewerbern ist die Nutzung mobiler Endgeräte schlicht zu umständlich.

Die Zukunft wird deshalb in der One-Click-Bewerbung liegen, bei dem intelligente Formulare alle notwendigen Informationen aus Dateien oder Social-Media-Profilen automatisch einlesen. Bereits jetzt ziehen jedes fünfte Unternehmen und jeder fünfte Bewerber diese sekundenschnelle Bewerbung der klassischen Variante vor.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt.de.

Bild: Getty Images / Hinterhaus Productions; Hinweis: Axel Springer ist Gesellschafter der Business Insider Deutschland GmbH, dem Medienhaus von Gründerszene. Weitere Informationen zu Business Insider findet ihr hier: www.businessinsider.de/informationen/impressum