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Steht der Kauf einer Firma an, so wird mit Hilfe der Unternehmensbewertung ein finanzieller Wert ausgehandelt, auf den sich Eigentümer und Neuanwerber einigen müssen.

Substanzwert und Betriebswert: die zwei Säulen der Unternehmensbewertung

Der potentielle Käufer eines Unternehmens hat bisher nur begrenzt Einblick in die täglichen Arbeitsabläufe. Daher erstellt er eine Unternehmensbewertung, indem er eine marktabhängige Investitionssumme (Substanzwertverfahren) mit der Kalkulation möglicher Erträge ab dem Zeitpunkt der Übernahme (Ertragswertverfahren) gegenübergestellt. Außerdem werden die Betriebsergebnisse in Rückblick auf die vergangen drei, die kommenden zwei Geschäftsjahre und die aktuelle Finanzlage untersucht. Suf der anderen Seite zieht der derzeitige Eigentümer nicht nur den Sachwert, den die Zahlen festlegen heran, sondern ebenso auch die Anzahl der Mitarbeiter und ihrer Leistungen. Nach der Einigung beider Parteien spricht man vom repräsentativen Unternehmenswert.

Keine Unternehmensbewertung ohne Kulturwertverfahren

Controlling-Experten sind sich jedoch einig, dass die Unternehmensbewertung nur durch die Analyse des nahezu wichtigstens Firmenguts erfolgen kann: der Unternehmenskultur. Arbeitet das Team zusammen, indem die Stärken des Einzelnen in den richtigen Bereichen eingesetzt wird? Wie ist die Beziehung der Belegschaft zur Führungsebene? Die Höhe des Customer-Life-Values (also wie zufrieden die Mitarbeiter in ihrem Arbeitsverhältnis sind), desto erfolgsversprechender kann das Konzept des Unternehmens in der Verhandlung mit dem Kunden realisiert werden.

Beispiel

Es wird von folgender Situation ausgegangen:

Herr Lehmann ist leitender und alleiniger Geschäftsführer einer IT-Firma in Stuttgart. Er ist 65 Jahre alt, möchte demnächst in den Ruhestand übergehen.
In der Familie Lehmann fand sich kein passender Nachfolge und auch die derzeitigen Angestellten haben kein Interesse an der Führungsposition.

Im aktuellen sowie im nächsten Geschäftsjahr werden voraussichtlich 200.000 Euro erwirtschaftet. Vereinfacht kann angenommen werden, dass sich diese Überschüsse verstetigen.

Aktuelles GJ 2016 (in T€):
Umsatz: 1500
Aufwand: 1100
Überschuss: 400

GJ 2017 (in T€):
Umsatz: 1800
Aufwand: 1400
Überschuss: 400

1) Ertragswertverfahren:

1a) Eine erste Unternehmensbewertung wird von Herrn Lehmann selbst mit Hilfe des Ertragswertverfahrens durchgeführt. Da die Überschüsse für 2016, und voraussichtlich auch für 2017, 400.000 Euro betragen, wird in der Berechnung eine Verstetigung dieses Wertes für die darauffolgenden Geschäftsjahre angenommen.

Einnahmeüberschüsse: 400 T€ p.a. / Kapitalisierungszinssatz*: 20 % = 1,2

GJ: 400/1,2= 364
GJ: 400/1,22= 278
GJ: 400/1,23= 231
GJ: 400/1,24= 193
GJ: 400/1,25= 161
folgende GJ: (400/0,1)/1,25= 1.607

Ertragswert = 364+278+231+193+161+1.607 = 2.834 T€ > Die Vorstellung des Verkaufspreises beträgt somit 2,8 Mio. Euro.

1b) Potentielle Käufer berechnen den Ertragswert mit einem höheren Kapitalisierungszinssatz.

Einnahmeüberschüsse: 400 T€ pro Jahr / Prognosezeitraum: 5 Jahre / Kapitalisierungszinssatz*: 25 % = 1,25 >

1. GJ: 400/1,25 = 320
2. GJ: 400//1,252 = 318
3. GJ: 400//1,253 = 205
4. GJ: 400//1,254 = 164
5. GJ: 400//1,255 = 132

EW= 320+318+205+164+132 = 1.139 T€
> Verkaufspreis (vorgeschlagen vom Käufer): 1,1 Mio.

In den Verhandlungen zwischen Herrn Lehmann und dem Käufer einigte man sich auf einen Ertragswert von 1,6 Mio. Euro.

2) Das Substanzwertverfahren:

Der Substanzwert der Firma IT-Lehmann erfolgt durch folgende Formel:
Wert der Vermögensgegenstände (Marktpreise) / die Höhe der Verbindlichkeiten bzw. Schulden / Schulden) = 1000T€ / 500 T€ = 500 T€

3) Finaler Unternehmenswert:

Für die Ermittlung des Unternehmenswertes wird nun der Ertragswert und der Substanzwert kombiniert:

0,7 x Ertragswert + 0,3 x Substanzwert
= 0,7 x 1.600 T€ + 0,3 x 500 T€ = 1270

Der Unternehmenswert beträgt folglich 1,3 Mio. €.

(Die Beispiel-Rechnung orientiert sich an der Unternehmensnachfolge.Sachsen.)