Die Geschwister und Babypflege-Unternehmer Tilman Kreuder und Michaela Hagemann

In dieser Woche wollen wir unseren Leserinnen und Lesern zeigen, wie Startups die Zielgruppe Eltern und Kinder bedienen. Deswegen könnt ihr den Artikel über die Boep-Gründer an dieser Stelle noch einmal lesen. Der Artikel erschien zuerst am 24. Mai 2018 und wurde im Februar 2020 stellenweise aktualisiert.

Michaela Hagemann ärgerte sich über die vielen Prinzessinnenkrönchen. 2014 war die damals 24-Jährige gerade Mutter geworden und suchte in Drogeriemärkten nach Ölen und Hautcremes für ihre kleine Tochter. Dort fand sie vor allem bunte Packungen – für die Mädchen mit Krone, für die Jungs mit Auto. Ihr sei das zu künstlich und altmodisch gewesen, erzählt sie heute.

Um eigene modernere Cremes zu entwickeln, tat sich die frisch gebackene Mutter mit einem Allgäuer Naturkosmetik-Hersteller zusammen. „Natürliche Inhaltsstoffe und ein angenehmer Duft waren mir wichtig“, so Hagemann. Mit ihrem Bruder Tilman Kreuder entschied sie sich, aus der Baby-Kosmetik ein Geschäft zu machen. Der Name ihres Startups: Das Boep – kurz für „Das Babyölprojekt“.

Milliarden-Markt Baby

Der Markt der Baby- und Kinderartikel ist riesig. Allein für das Jahr 2016 bezifferte das Kölner Institut für Handelsforschung das Volumen in Deutschland auf mehr als sieben Milliarden Euro – Tendenz steigend. Und die Zielgruppe ist attraktiv: Wenn es um ihre Kinder geht, sind Eltern üblicherweise zahlungsfreudig. So springen immer mehr Startups auf das Thema auf. Das Beispiel des strauchelnden börsennotierten Unternehmens Windeln.de zeigt aber, dass der Markt allein kein Erfolgsgarant ist. Auch der Wettbewerber Babymarkt.de aus Dortmund arbeitete mehr als 15 Jahre nach dem Start des ersten Onlineshops noch nicht profitabel.

Andererseits gibt es in dem Segment kleinere Unternehmen wie den Babyartikel-Shop Tausendkind, die 2018 solide Zahlen vermelden. Bessere Chancen erhoffen sich Gründer außerdem von dem Fokus auf konkrete Produktgruppen. Dazu zählen etwa das Kinderwagen-Startup Bonavi aus Berlin oder der Frankfurter Windel-Anbieter Lillydoo.

Die Geschwister Kreuder und Hagemann wollen mit ihrer Kosmetik den Durchbruch schaffen. Kreuder arbeitete zum Zeitpunkt der Boep-Gründung noch in einer Bank, Hagemann ist Ärztin, schrieb ihre Doktorarbeit über Kinderheilkunde. Aus ihrem Ersparten kratzten die beiden 2015 die 25.000 Euro Stammkapital für die GmbH-Gründung zusammen und finanzierten mit dem Rest ihrer Ersparnisse die ersten Chargen. Die Produktion im Allgäu habe man schnell aufstocken und aus den Einnahmen speisen können. Zu denen verhalfen den Gründern auch Mama-Blogger, die die Produkte auf Instagram präsentierten. Investoren brauchten die Geschwister für ihr Unternehmen dadurch erstmal nicht.

Angel-Investments für DM-Listung

Der Verkauf über den eigenen Onlineshop lief schon mehr als ein Jahr, als Kreuder und Hagemann 2016 auf einer Messe von einem DM-Einkäufer angesprochen wurden. Mit ihm vereinbarten sie ein Treffen am DM-Firmensitz in Karlsruhe. „Anfangs konnten wir uns nicht vorstellen, DM zu beliefern. Als wir unabhängig davon kurz darauf unsere erste Bio-Supermarkt-Listung bekommen haben, dachten wir aber: Wenn wir 33 Filialen beliefern können, schaffen wir auch 1.200“, so Hagemann. Anfang 2020 seien ihre Artikel in allen rund 1.900 DM-Filialen in Deutschland erhältlich, so Hagemann, daneben in allen knapp 400 Filialen in Österreich.

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Die DM-Listung bedeutete für die Gründer das Ende ihrer Eigenfinanzierung. Um die Erstausstattung der Filialen vorfinanzieren und mehr Werbung für die Marke machen zu können, habe das Mainzer Startup zwei kleine Angel-Investments aufgenommen, sagt Hagemann. Der Großteil der Firma gehöre aber weiterhin ihrem Bruder und ihr.

Konkrete Geschäftszahlen nennt die Gründerin nicht: „Unser Umsatz ist größer als unsere laufenden Kosten, allerdings investieren wir aktuell den überschüssigen Cashflow fast komplett ins Marketing, so dass wir noch keinen Gewinn machen. Wir zahlen uns aber Gehälter.“ Neben den Gründern gehören zu Boep acht feste Mitarbeiter. „Wir brauchen keine weiteren Investments und sind seit über einem Jahr profitabel“, so Hagemann Anfang 2020 auf Nachfrage von Gründerszene.

Naturkosmetik ist gefragt

In den USA verfolgt Schauspielerin Jessica Alba mit ihrem Konsumgüter-Startup The Honest Company einen ähnlichen Ansatz wie Boep. In Deutschland werben die Macher von Pflegeprodukten sowohl für Kinder als auch für Erwachsene verstärkt mit natürlichen Inhaltsstoffen und hübschen Etiketten. Dabei sind die Produkte meist deutlich teurer als herkömmliche Kosmetik, bei Boep beispielsweise bis zu 22 Euro pro 100 Milliliter. Dennoch ist die Nachfrage nach Naturkosmetik-Markt in den letzten Jahren deutlich gestiegen Von 2007 auf 2017 hat sich der Umsatz dort fast verdoppelt.

Hagemann, die inzwischen Mutter von zwei Töchtern ist, sieht in dem Segment Wachstumspotenziale für ihre Firma: „Mit unserer Marke wollen wir uns im Baby-Bereich etablieren und mehr Kunden gewinnen. Wenn wir das geschafft haben, erschließen wir irgendwann vielleicht auch andere Zielgruppen.“

Bild: Das Boep