Google hat es aktuell nicht leicht. Amazon und Facebook klauen dem Suchmaschinen-Riesen das entscheidende Werbegeschäft, die EU-Kommission hat im Sommer eine Rekordstrafe in Milliardenhöhe gegen Google verhängt, Präsident Trump attackiert das Unternehmen und bekannte Persönlichkeiten wie der Marketing-Guru Scott Galloway fordern die Zerschlagung.

Ich persönlich registriere diese Kritik und teile sie häufig auch. Gleichzeitig kann ich mir ein Leben ohne Googles Produkte gar nicht vorstellen. Ich war zehn Jahre alt, als Google gegründet wurde, für mich gehört die Suchmaschine seit meiner Jugend zum Alltag. In den Jahren darauf schlichen sich Gmail, Drive, Docs, Youtube, Translate, Earth, Hangouts oder Google Fotos in mein Leben ein. Ich habe das nie als Belastung, sondern immer als Bereicherung empfunden.

Mein absoluter Favorit unter den Produkten des US-Unternehmens ist Google Maps. Möchte ich mit dem Auto zu meiner Familie nach Hamburg fahren, checke ich vor Abfahrt den Kartendienst auf meinem Smartphone. Ist ein Großteil der Strecke rot markiert, weil viel Stau ist, bleibe ich noch ein paar Stündchen zuhause. Vor einigen Monaten – ein Flixbus war auf der A24 umgekippt – hat mir die von Google Maps vorgeschlagene Umleitung einen stundenlangen Stau erspart. Danke Google! Wie viele Daten du von mir sammelst, ist mir in diesen Momenten total egal.

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Vor zwei Jahren war ich mit meinem Mann mehrere Wochen im Urlaub auf Bali und Lombok. Anstatt uns den langweiligen Führungen für Touristen anzuschließen, sind wir auf einem Moped durch die abgelegensten Dörfer und über kleine Feldwege gefahren und haben so die Inseln erkundet – alles mit Hilfe von Google Maps, das auch in der indonesischen Pampa funktioniert, in der es kaum Netz gibt. 

Google Maps ist auch so stark, weil die Konkurrenz so schwach ist. Apple Maps ist mühsam und die Navigationssysteme in den noch so modernen Autos sind nach wie vor eine absolute Katastrophe. Wer kauft sich heute bitte noch ein TomTom? Zugegeben: Den Kartendiensten Waze und Here habe ich noch nie eine echte Chance gegeben, auf meinem Smartphone darf nur Google Maps einen Teil meines limitierten Speicherplatzes blockieren.

Googles Allheilmittel ist natürlich die Suchmaschine, die heute ihren 20. Geburtstag feiert. Ich benutze sie, wann immer nötig. Habe ich Fragen – und sind sie noch so intim oder dämlich–, stelle ich sie Google. Die Suchmaschine weiß Sachen über mich, die sonst niemand weiß. Sie kennt Wissenslücken, die ich nie offen zugeben würde.

Der bereits erwähnte Marketing-Professor Scott Galloway vergleicht Google in seinem Buch „The Four“ mit einer Religion. So weit würde ich für mich persönlich nicht gehen, aber Galloway schreibt: „Das Vertrauen, das wir in Google setzen, ist unerreicht.“ Dem kann ich zustimmen. Google sei in diesem Sinne für uns ein „moderner Gott“, so Galloway.

Seine Begründung: „Es hat hellseherische Absichten und führt eine Liste unserer Gedanken und Absichten. In unseren Suchanfragen berichten wir Google Dinge, die wir nicht einmal unserem Priester, unserem Rabbi, unserer Mutter, unserem besten Freund oder unserem Arzt anvertrauen würden.“ 

Wer würde freiwillig seinen engsten Vertrauten verstoßen? Ich nicht. Happy Birthday, liebes Google! Du nimmst viel von mir, aber du gibst mir auch viel.

Bild: Screenshot Bearbeitet