Henning Huenerbein lächelt in die Kamera.
Der Teenager Henning Hünerbein ist Unternehmer und hat jetzt einen Ratgeber übers Gründen geschrieben.

Früher waren legendäre Persönlichkeiten wie Steve Jobs ein Idol für Gründende. Für die Generation Z scheint das nicht mehr zu gelten – sie ist stattdessen ihr eigenes Vorbild. Diesen Eindruck gewinnt man zumindest, wenn man Henning Hünerbeins Buch „Jung. Erfolgreich. Digital. Die Unternehmer der neuen Generation“ liest.

Hünerbein ist selbst erst 18 Jahre alt und führt seit drei Jahren sein eigenes Unternehmen. Mit seinem Ratgeber möchte er anderen Jugendlichen und jungen Erwachsenen helfen, selbst ein Startup zu gründen. Der Autor ist also Teil seiner eigenen Zielgruppe, weshalb er einen einzigartigen Einblick in deren Denkweise geben kann.

Über den Autor: Henning Hünerbein (Jahrgang 2002) entwickelte mit 13 Jahren seinen ersten Youtube-Nachrichtenkanal. Mit 15 erstritt er sich die volle Geschäftsfähigkeit vor Gericht und startete das Osnabrücker News-Portal Osnalive. Seit 2020 ist es eine Tochter von Hünerbeins Agentur 42Channels. Zu ihr gehören auch der Videodienst Newsbuzz, der TV-Sender mit Bildmaterial aus der Region Osnabrück versorgt, und der Verlag 42Publishing, in dem Hünerbeins Buch erschienen ist.

In sechs Ratgeberkapiteln behandelt Hünerbein die für sehr junge Gründerinnen und Gründer relevanten Punkte eines erfolgreichen Startups: Etwa die Ideenfindung, die rechtlichen Hürden für Minderjährige und den Teamaufbau. Die Kapitel sind jeweils durch Interviews mit bekannten Junggründern unterbrochen. So kommen zum Beispiel Rubin Lind von Skills4School, Philipp Kalweit von Kalweit ITS oder Moritz Lechner von Freebiebox zu Wort.

Zusätzlich enthält das Buch ein Gründer-ABC mit den wichtigsten Begriffen. Das ist knackig und gut verständlich geschrieben, wie etwa die Definition des Begriffs „Fördermittel“ zeigt:

„Dieser Begriff bezieht sich auf die Finanzierung Deines Startups. Fördermittel oder auch Förderdarlehen kommen meist von staatlicher Seite und dienen der Unterstützung innovativer Ideen. Im Normalfall erhalten diese Unterstützung jene Unternehmer, deren Businessplan vorteilhaft für die wirtschaftlichen oder politischen Ziele des Staates ist. Diese Fördermittel kannst Du offiziell bei Behörden oder Kammern beantragen.“

So ticken die Gründer der Gen Z

Zugleich zeigt sich hier eine Schwäche des Buches: Es fehlt an Tiefgang. An welche Behörden oder Kammern genau sollten sich junge Gründer wenden? Wie treten sie am besten mit diesen in Kontakt und was ist dabei zu beachten?

Die Interviews wiederum bieten zu viel Selbstdarstellung. Es fehlen kritische Fragen – etwa wie Rubin Lind der Rückkauf der Skills4School-Insolvenzmasse gelang und wie er sich dabei fühlte.

Im Ratgeberteil bleibt Hünerbein vage. Dabei hätte er durchaus seine eigene Erfahrung einbringen können: Wie hat er seine Umfirmierung durchgeführt? Wonach hat er sein Team ausgewählt? Welche Fehler würde er versuchen zu vermeiden? Mehr Alltagsrealität würde das Beschriebene greifbarer machen. Das Buch liefert aber erste Anhaltspunkte für die tiefere Eigenrecherche bei Google. Bei seiner Zielgruppe vielleicht kein ganz falscher Ansatz.

Das Cover von Hünerbeins Buch zeigt nur Männer.
Auf dem Buchcover: Nur Männer.

Hünerbeins Schreibstil ist mitreißend und motivierend, er strahlt eine jugendlich-hoffnungsvolle Haltung aus. Ältere Lesende erhalten so einen Zugang zum Mindset der jüngsten Gründergeneration: Ihr geht es nicht mehr um große Visionen und noch größeres Geld, sondern darum, die eigene Passion zum Job zu machen. Gründerinnen und Gründer sollten nicht genial sein, sondern zu ihren Schwächen stehen und diese durch die richtigen Teammitglieder ausgleichen. Das junge Alter kann dabei eine Chance sein, wie Hünerbein schreibt: „Genieße es immer wieder, unterschätzt zu werden!“

Wo sind die Gründerinnen?

Eines bleibt leider auch in diesem Buch über die neue Generation beim Alten: Wie schon das Cover vermuten lässt, sind Hünerbeins Interviewpartner allesamt männlich. Enttäuschend, gerade weil auch in der Generation Z viel zu wenige Frauen gründen. Statt der Zielgruppe hier vielfältigere Vorbilder zu präsentieren, reproduziert Hünerbein tradierte Strukturen.

Dabei hat der Autor nach eigener Aussage sogar intensiv nach Gründerinnen gesucht: in Forbes-Listen, auf Social-Media-Plattformen, bei Startup Teens. Doch er habe einfach kein erfolgreiches weibliches Vorbild gefunden, wie er Gründerszene mitteilt. Dass er das zwar auf Nachfrage offen anspricht, aber nicht im Buch thematisiert, ist problematisch. So nimmt Hünerbein dem Buch unbeabsichtigt einen großen Teil seiner Wirkung. Immerhin: Er hofft, dass auch Frauen durch sein Buch inspiriert werden. Und dass sie es bei einer zweiten Auflage auf’s Cover schaffen.

Henning Hünerbeins Buch „Jung. Erfolgreich. Digital. Die Unternehmer der neuen Generation“ ist am 7. Juli 2020 bei 42Publishing erschienen. Gebunden, 15 Euro.

Bilder: Henning Hünerbein / Johannes Scheerhorn