Bei „Das Ding des Jahres“ gibt es nicht viel mehr als Ideen.

„Ultra gute Produkte! Faszinierend, was hier für eine Qualität steht! Ich kann alles gut gebrauchen!“, fasst Joko Winterscheidt die Erfindungen zusammen, die zum Auftakt der dritten Staffel von „Das Ding des Jahres“ präsentiert werden. Leider können die Kandidaten nicht viel mehr als Lob gewinnen. Hier wird nicht investiert, kein Produkt landet im Handel und Reichweite gewinnen die Startups auch nicht wirklich. Da stellt sich die Frage, wozu die Sendung eigentlich existiert.

In jeder Folge treten acht Erfindungen in vier Duellen gegeneinander an. Das Studiopublikum entscheidet über den Duellsieg und wählt am Ende eine Erfindung ins Staffelfinale. Dort gibt es 100.000 Euro zu gewinnen. Die früher vergebene Medienunterstützung im Wert von 2,5 Millionen Euro entfällt. Die Jury soll die Produkte testen und nach der Abstimmung ihre Meinung abgeben, so Lena Gercke im Gründerszene-Interview.

Neben Gercke spielt Joko Winterscheidt den Pausenclown, während Amorelie-Gründerin Lea-Sophie Cramer und Rewe-Chefeinkäufer Hans-Jürgen Moog die Marktchancen eines Produkts einschätzen sollen. Bei Moog klingt das so: „Kann ich mir gut vorstellen, das im Regal zu haben.“ Viel zu sagen hat also keiner, weder bei Duell-Entscheidungen noch inhaltlich.

Wie beim Shoppingsender – nur ohne Bestellen

Dafür musste die Prosieben-Show bereits in der Vergangenheit viel Kritik einstecken. Die Jury sei zu harmlos, die Sendung zu langatmig, die Produkte innovationsfeindlich. Zumindest bei Letztem wurde nachgebessert: Gleich zu Beginn wird der Zyklustracker Breathe Ilo gezeigt. Das Gerät kann über den CO2-Gehalt im Atem die Fruchtbarkeit voraussagen. Das Startup hinter dem Produkt, Carbomed, konnte bereits fünf Millionen Euro einsammeln. Die Produktionsfirma Raab TV hat also ein echtes Startup gefunden.

Doch sofort stellt sich die Frage, was der Auftritt dem Unternehmen bringt. Die Jury kann nicht investieren, um eine Beteiligung geht es also nicht. Das Produkt wird auch nicht im Einzelhandel platziert, der Vertrieb also nicht vergrößert. Bleibt also nur der Wunsch nach mehr Bekanntheit? Dafür ist die Marke – anders als bei „Die Höhle der Löwen“ – nicht präsent genug zu sehen. 

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Vielleicht geht es um die Unterhaltung, die Erfindungen zu testen? Blöd nur, dass weder Sendung noch Jury Interesse an den Produkten oder Erfindern zeigen. Die zweite Erfindung, der Pups-Filter Oxxxo Bodykat, wird beispielsweise in einem Einspielfilm seriös von seinem Entwickler Leopold Trimmel präsentiert. Prosieben lässt es sich aber nicht nehmen, Furzgeräusche zu unterlegen. Beim Produkttest interessiert sich Rewe-Einkäufer Moog für die verwendeten Materialien. Trimmels Antwort ist nicht zu verstehen, weil Winterscheidt und Gerke sich lieber mit einem übergroßen Modell des Analventils bekämpfen. Sowieso reden ständig alle durcheinander. Das Gespräch mit dem Erfinder wird abgebrochen. Das ist nervig, nicht unterhaltend.

Alles schon mal gesehen

Die einzige echte Neuerung dieser Staffel ist die Kategorie „Jugenderfinder“, welche außer Konkurrenz läuft. Doch auch hier fehlt der Mehrwert. Wahrscheinlich soll der Niedlichkeits-Faktor steigen. Tatsächlich lädt es zur Fremdscham ein, wenn ein Achtjähriger eine Erfindung mit auswendig gelernten Witzen anpreist.

Laut Prosieben-Sprecher Christoph Körfer sei die Kategorie aufgrund hoher Nachfrage eingeführt worden, wie er auf Anfrage von Gründerszene mitteilte: „Es haben sich immer mehr Jugendliche mit ihren Erfindungen beworben. Für ProSieben war es deshalb nur logisch, diese jungen Tüftler und Erfinder einzuladen.“ Das entspricht aber wohl nicht der Wahrheit: Die jugendlichen Teilnehmer wurden extra von Raab TV angefragt, wie der 15-jährige Benedikt Veit im Gespräch mit Gründerszene erzählte. Die Produktionsfirma wurde auf ihn aufmerksam, weil er mit seiner Erfindung Preise gewann. 

Andere Gründer hat man aus der Kartei gezogen: Breathe Ilo  etwa war 2019 schon beim österreichischen DHDL-Pendant “2 Minuten, 2 Millionen” zu sehen. Der direkte Duellgegner Oxxxo Bodykat trat dort ebenfalls auf. Die Sendung wird bei Puls4 ausgestrahlt, einem Schwestersender von Prosieben. Innovativ ist das nicht.

„Das Ding des Jahres“ ist keine Gründershow, das wurde klar kommuniziert. Die Sendung scheitert jedoch bereits an ihrem Anspruch, zu unterhalten. Die Produkte dürfen nicht begeistern, die Erfinder werden kaum ernst genommen. Dadurch bleiben am Ende der zweieinhalb Stunden langen Sendung Fragen, die man auch bei manchen Produkten stellen kann: Wozu existiert das? Braucht man das wirklich? Ist das noch gut oder kann das weg?

Bild: Getty Images / Jonathan Kitchen