Wollen keine Kommentare wie „Clickbait“ oder „Fake“: Die Influencer Bianca Claßen, Simon Desue und Dagmar Kazakov (von links).
Wollen keine Kommentare wie „Fake“: Die Youtuber Bianca „Bibisbautypalace“ Claßen, Simon Desue und Dagmar „Dagi Bee“ Kazakov (v. l.).

Influencer offenbaren auf Social Media ihr Privatleben: Ihre Abonnenten wissen etwa, welchen Bikini die Online-Berühmtheiten im Sommerurlaub tragen, welche Bettwäsche bei ihnen gerade aufgezogen ist und was es bei ihrer Hochzeit als Dessert gab.

Wer Privates Hunderttausenden oder gar Millionen von Zuschauern zeigt, muss mit Kritik rechnen. Fiese Kommentare liest man auf Instagram und Youtube ständig, Influencerin Bianca Claßen (ehem. Heinicke) etwa musste unter Fotos von ihrer Schwangerschaft lesen: „Hoffentlich eine Fehlgeburt“. Auch das Berliner Gründer-Ehepaar Alina Schulte im Hoff und Julian Zietlow, das sich und seine Produkte auf Youtube vermarktet, berichtete gegenüber Gründerszene von Beleidigungen unter seinen Videos. Zuweilen müsse sie Sprüche wie „Ihh, sieht die eklig aus“ unter ihren Beiträgen lesen, sagte Schulte im Hoff.

Clickbait? Doch nicht bei mir! 

Doch offenbar sähen die Kommentarspalten einiger Youtuber noch mieser aus – würden sie nicht gewisse Kommentare blocken. Das Onlinemagazin Vice entdeckte in einer Recherche, dass es bei der Videoplattform einen Zensurmechanismus gibt: Youtuber können vor bestimmte Begriffe einen Uploadfilter legen. Möchte jemand beispielsweise keine Kommentare mit dem Wort „dumm“ unter seinen Videos, so kann er Beiträge mit diesem Begriff sperren. Für den Verfasser bleibt der Kommentar sichtbar – für alle anderen Youtube-Nutzer ist er verborgen.

Und was blockieren Bibisbeautypalace, Dagi Bee und Co.? Redakteure von Vice sahen sich dafür die Kanäle von 15 Influencern genauer an und probierten verschiedene Begriffe aus. Bei elf Youtubern (Standart Skill, Ungespielt, Jarow, Viktoria Sarina, Leon Machère, Dagi Bee, Bibisbeautypalace, Julienco, Simon Desue und Luca) entdeckten sie gesperrte Wörter. Der am häufigsten geblockte Begriff: „Clickbait“. Die Zuschauer dürfen also nicht kritisieren, dass der Inhalt eines Videos nicht das hergibt, was der Titel verspricht.

„Schleichwerbung“ und „Abzocke“ sind Tabu

Am zweithäufigsten blocken die Influencer Kommentare, die ihre Echtheit in Frage stellen. Youtuber und Instagramer geben sich gern authentisch; dass gewisse Szenen und Posen zu Werbezwecken gestellt sind, möchten viele nicht zugeben. So sperrt Dagmar Kazakov vom Kanal Dagi Bee etwa die Begriffe „Fake“ und „unauthentisch“, Bianca Claßen mit ihrem Kanal Bibisbeautypalace „geklaut“.

Ihr scheint zudem wichtig zu sein, nicht für die Vermarktung ihrer eigenen Produkte kritisiert zu werden (unter anderem verkauft sie Duschgel). Unter ihren Videos können Nutzer nicht mit den Begriffen „Schleichwerbung“, „teuer“ und „Abzocke“ kommentieren, außerdem nicht mit „niveaulos“. Die Influencerin war in der Vergangenheit dafür kritisiert worden, Minderjährige dazu zu animieren, ihr Taschengeld für überteuerte Produkte auszugeben.

Insbesondere das Thema Schleichwerbung ist für Influencer ein pikantes Thema: Schon häufig standen Social-Media-Größen wegen (mutmaßlich) fehlerhafter Werbekennzeichnungen vor Gericht, etwa Cathy Hummels

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Am meisten Begriffe blockte in der Vice-Recherche Simon Unge, der sich auf Youtube Ungespielt nennt. Auf seinem Kanal finden sich Livestreams, in denen man sieht, wie Unge Videospiele spielt, und wie er Videos anderer Youtuber kommentiert. Das kommt offenbar gut an, Ungespielt hat 3,3 Millionen Abonnenten. Die können weder mit „dislike“, noch mit „gelogen“, „Fake“, „Schleichwerbung“ oder „Clickbait“ kommentieren. Ebenfalls gesperrt: „CDU“ und „AfD“. Politik werde oft „aggressiv“ diskutiert, so Unge gegenüber Vice – das stresse ihn. Allerdings kündigte er an, er werde den Uploadfilter entfernen. 

Hass und Hetze sind auf Youtube ohnehin verboten. In den Community-Richtlinien des Unternehmens heißt es, Hassrede sei „nicht zulässig“. „Aufrufe zu Gewalt gegen Einzelpersonen oder Gruppen“ würden gelöscht, genauso wie Kommentare mit „rassistischen, religiösen oder anderen Beleidigungen“. Mit dem Blockieren bestimmter Begriffe wollen die Influencer wohl vor allem Kritik an ihren Geschäftstätigkeiten abwehren.

Bilder: Getty Images / Adam Berry / Freier Fotograf; TF-Images / Kontributor; Brian Dowling / Kontributor