Nun also doch: Die Befragung von Facebook-Chef Mark Zuckerberg vor dem Europäischen Parlament wird am Dienstagabend live im Internet übertragen. „Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass er dieser erneuten Bitte nachkommen wird“, twitterte Parlamentspräsident Antonio Tajani am Montag.

Zunächst hatte Zuckerberg nur einer Anhörung hinter verschlossenen Türen zugestimmt, nachdem er ursprünglich sogar nur seinen Vizechef für Öffentlichkeitsarbeit Joel Kaplan nach Brüssel schicken wollte.

Zwei Themenkomplexe, die sich nicht ganz sauber voneinander trennen lassen, dürften die Befragung bestimmen:

1. Wie geht Facebook mit den neuen europäischen Datenschutz-Regeln um?

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO; engl. GDPR) tritt am 25. Mai in Kraft und bereitet nicht nur europäischen Unternehmen Kopfzerbrechen. Auch Facebook muss erklären, inwiefern es gedenkt, sich den neuen Regeln anzupassen. Bei seiner Befragung vor dem US-Kongress stand in Zuckerbergs Notizen der Satz: „Don’t say we already do what GDPR requires“. Das werteten Beobachter als Hinweis, dass Facebook eben nicht vorbereitet ist.

Vor kurzem bat das soziale Netzwerk seine Nutzer, ihre Datenschutzeinstellungen zu überprüfen. Dabei stieß vielen Usern unangenehm auf, dass Facebook plötzlich wieder nach der automatischen Gesichtserkennung fragte, die in Europa eigentlich 2012 nach Protesten deaktiviert worden war. Auch muss Zuckerberg sich – hoffentlich am Dienstagabend in Brüssel – fragen lassen, ob die Kriterien für gezielte Werbung bei Facebook mit der DSGVO konform sind – und falls nicht, inwiefern sie angepasst werden sollen.

Außerdem: Was passiert mit Informationen, zu denen man Facebook nun nachträglich den Zugriff entzieht, werden sie vollständig und rückwirkend gelöscht? Und was hat der kürzliche Umzug von User-Daten auf Server außerhalb der EU mit der kommenden Verordnung zu tun? Handelt es sich um eine Ausweichtaktik, um Strafen zu vermeiden?

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2. Was folgt aus dem Cambridge-Analytica-Skandal?

Auch hier geht es um die Daten der Facebook-Nutzer – und die Frage, ob und wie sie eingesetzt werden können, um Wahlen zu manipulieren. Europas oberste Datenschützer, die EU-Kommission und das Parlament wollen ein zweites Cambridge-Analytica-Debakel verhindern, nicht zuletzt mit Blick auf die Europawahl 2019.

Die Abgeordneten sollten Zuckerberg deswegen nicht nur fragen, wie er dies zu verhindern gedenkt, zum Beispiel indem politisches Targeting für die Nutzer besser erkennbar gemacht wird. Der Facebook-Chef sollte auch erklären, wie viel Umsatz sein Unternehmen in den vergangenen Jahren mit politischer Werbung gemacht hat und woher genau das Geld kam.

Vor diesem Hintergrund wird es auch interessant sein, zu sehen, wer in Brüssel am Dienstagabend welche Fragen stellt. Vor allem die Grünen im Europaparlament hatten sich für die öffentliche Befragung stark gemacht, der liberale Fraktionschef Guy Verhofstadt hatte gar gedroht, das Treffen zu boykottieren, sollte es hinter verschlossenen Türen stattfinden. Dafür wiederum hatten die konservative EVP, größte Fraktion im Europäischen Parlament, sowie die rechtsextremen Parteien zunächst gestimmt.

Ob die Anhörung und die Fragen der Abgeordneten wieder für so viel Belustigungen sorgen werden, wie beim letzten Mal vor dem US-Kongress, wird sich zeigen.

Die Befragung von Mark Zuckerberg vor dem Europäischen Parlament wird ab 18:20 Uhr hier und auf Facebook live übertragen.

Bild: Getty Images / Chip Somodevilla