Sofatutor mit Millionenfinanzierung von Acton

Sofatutor – Startup-Gründung mit Passion

Eigentlich wollte Stephan Bayer Regisseur werden, doch dann kam es ganz anders. Aus der Liebe zum Film und mit dem Wissen um das Lernproblem deutscher Schüler und Studenten machte er 2008 das Startup Sofatutor – er gründete aus der Hochschule heraus, bekam EXIST-Förderung, hatte Business-Angels, vier Jahre später investiert nun Acton Capital einen mittleren einstelligen Millionenbetrag in die Berliner Lernplattform für Schüler und Studenten. Mit dem frischen Kapital will Sofatutor neue Marktsegmente und Absatzregionen erschließen.

Uni war eigentlich noch nie seine Passion – er wollte Filme produzieren, Geschichten schreiben, doch dann gab es da plötzlich diese Idee. Die Idee zu Sofatutor (www.sofatutor.com) entstand im Hörsaal der Humboldt Universität zu Berlin. Stephan Bayer kombinierte seine Liebe zum Film mit dem Wunsch, die 90-minütige Vorlesung einmal kurz zu unterbrechen oder sich bestimmte Abschnitte noch einmal anzuschauen. Nur vier Jahre später ist aus der Idee die größte interaktive Video-Lernplattform im deutschsprachigen Raum geworden. Seither ist er Geschäftsführer, die Universität pausiert.

„Die Idee zu Sofatutor entstand während meiner eigenen Prüfungsvorbereitung im BWL-Studium. Statt in meinen Büchern zu lernen, drehte ich mit meiner Kamera einen kurzen Film zum Stoff des Studiums und habe diesen veröffentlicht. Meine Mitstudenten fanden das super“, sagt Stephan. Nun beteiligt sich der Münchener Wachstumsfinanzierer Acton Capital Partners (www.actoncapital.de) an der Online-Nachhilfe-Plattform. „Mit dem frischen Kapital möchten wir unser Angebot für unsere Kunden deutlich weiterentwickeln.“

Sofatutor gewinnt Acton

Der Weg zu den VC-Millionen: lang. Auf dem Weg von der Uni zu Acton lebte sich Stephan mit seinem Co-Founder auseinander, fand mit Colin Schlüter einen neuen Management-Gegenpart, stellte über 50 Mitarbeiter ein und verließ das Startup-Zentrum Mitte gen Friedrichshain, um interne Produktionsräume unterzubringen.

„Als wir 2008 die Idee zu Sofatutor hatten, wusste ich nicht einmal, was Business-Angels sind, die EXIST-Förderung und die Gründungsförderung der Universität haben mir die Gründung erst möglich gemacht“, so Stephan im Gespräch mit Gründerszene. Sofatutors erstes Geld stammte aus der Exist-Gründungsförderung, dann fand das Team drei eher unbekannte Business-Angels. „Es hat uns damals viel Kraft gegeben, dass jemand genauso an unsere Idee glaubt, wie wir“, sagt Stephan.

2010 folgten als Investoren die J.C.M.B. Beteiligungs GmbH und der von der IBB Beteiligungsgesellschaft (www.ibb-bet.de) verwaltete VC Fonds Kreativwirtschaft Berlin. Mit Acton kommen jetzt weitere VC-Millionen hinzu.

Nachhilfemarkt groß

Sofatutor wurde 2008 in Berlin gegründet und hat nach Unternehmensangaben über 30.000 Nutzer und bietet mehr als 7.700 Videos mit dazugehörigen interaktiven Tests ab der 1. Klassenstufe. Erst im August hatte Sofatutor bekanntgegeben, seine Lerninhalte auf die Grundschule auszudehnen und damit von der 1. bis zur 13. Klasse die gesamte Schullaufbahn abzudecken. Sofatutor finanziert sich durch Lernende, die ein mindestens dreimonatiges Abonnement abschließen, um vollen Zugriff auf alle Filme zu erhalten.

Der Preis des Abonnements richtet sich nach dessen Laufzeit. Ab 14,95 Euro im Monat kann so unbegrenzt auf alle Lernvideos und Kurse zugegriffen werden. Das Unternehmen setzt damit auf den riesigen Nachhilfemarkt. Ein ganzer Monat Sofatutor koste oft weniger als nur eine Stunde mit einem Nachhilfelehrer, erklärt Stephan. Dadurch werde Nachhilfe auch für Eltern finanzierbar, die sich diese sonst kaum leisten könnten.

Der passende Investor

Auf dem Sofa verbrachte Gründer Stephan selbst zuletzt wenig Zeit. Die Finanzierungsrunde minimierte die Schlafstunden. Mehrere Hundert Internet-Startups buhlen in Berlin um die Aufmerksamkeit von Investoren, Sofatutor hatte nach Unternehmsaussagen zuletzt die Qual der Wahl. Die Investorensuche sei nicht ganz einfach, erklärt Stephan, das Team habe Kontakte animiert, aber auch kalt Investoren angeschrieben, die zu Sofatutor passen.

„Die Internationalisierung im deutschsprachigen Raum und der Launch der mobilen Angebote von Sofatutor sind weitere wichtige Schritte für uns. Bei der Umsetzung dieser Vision war es uns besonders wichtig, einen Investor zu wählen, der unser Angebot versteht und davon genauso begeistert ist wie wir. Mit Acton Capital Partners haben wir ihn gefunden.“ Im Zuge des Investments seien neben der bestehenden Zusammenarbeit mit dem Klett Verlag auch Kooperationen mit weiteren etablierten deutschen Größen im Bildungsmarkt geplant.

„Der Bildungsmarkt ist einer der Schlüsselmärkte der nächsten Jahre und von der Digitalisierung bislang kaum erfasst“, sagt Acton Managing Partner Christoph Braun. Investitionsschwerpunkt der Münchner Venture-Capital-Gesellschaft sind endkundenorientierte Geschäftsmodelle im Internet-Bereich. Zum Beteiligungsportfolio gehören beispielsweise die Online-Händler Mytheresa und Windeln.de und der russische Shoppingclub KupiVIP.

Sofatutor: Revolution des Unterrichts?

Was hinter Sofaturor wirklich steckt, zeigt ein Gang durch das Büro in Berlin-Friedrichshain. Acht Videoproduktionsboxen stehen in dem riesigen Büro, diese hat Gründer Stephan Bayer eigenhändig zusammengeschraubt. Die Küche wirkt familiär, am Eingang begrüßen Besucher die Fotos aller Mitarbeiter.

Wohin man sieht: Schulbücher, Bastelutensilien und Mitarbeiter. Über 50 feste Itler, Producer, Marketingmenschen und Co hat das Berliner Unternehmen bereits, darüber hinaus arbeiten zahlreiche Tutoren auf freier Basis. Unter ihnen pädagogische Talente, Lehrer im Rentenalter oder Lehramtsabsolventen. Die Tutoren werden teilweise auf Provision bezahlt, einige verdienen mehr als fest angestellte Lehrer.

Doch: Das Modell E-Learning hat Sofatutor nicht als einziges Unternehmen für sich entdeckt. Auch Scoyo (www.scoyo.com) bietet eine Online-Lernplattform für die Klassen 1. bis 7., hinter dem Startup steckt Geld von Bertelsmann. Das Leipziger Startup Lecturio (www.lecturio.de) bietet beispielsweise eine virtuelle Universität für lebenslanges Lernen. Und auch im Ausland gibt es einige Konkurrenz.

Wenn Stephan von Sofatutor erzählt, spürt man auch eine Passion für Pädagogik: Er macht sich Gedanken über die Visionen von der Bildung der Zukunft. Digitaler sei sie und der Lehrer müsse nicht in der Rolle des alleinigen zentralen Wissensvermittlers verbleiben, sondern solle als Moderator und Mediator des Lernprozesses zum individuellen Lernpartner des Schülers werden. Derzeit fokussiere sich das Unternehmen auf den Nachhilfemarkt, also das, was nachmittags nach der Schule passiere, künftig sei aber auch eine stärkere Zusammenarbeit mit den Schulen möglich, eine Integration in den Unterricht sozusagen. Der Nachmittagsmarkt sei nur als Einstieg in die digitale Bildung zu verstehen.