Zwischenrufe und scharfe Wortgefechte im Finanzausschuss des Bundestags. Das sonst ruhige Gremium geriet in Aufregung, als es in der Sitzung am Mittwoch um Ziffer 34 des Beschlusses des Bundesrats vom 6. Juli 2012 zum Jahressteuergesetz 2013 ging. Es ist der Vorschlag, gegen den die fast 2.000 Unterzeichner des Startup-Manifestos kämpfen: Die Einführung einer Steuer gegen Unternehmertum.

Steuer Unternehmertum Finanzausschuss Bundestag

Rettung könnte aus Österreich kommen

Der Bundesrat schlägt in Reaktion auf ein EuGH-Urteil vor, Streubesitzanteile, das heißt, Beteiligungen unter zehn Prozent, fortan umfangreich zu besteuern. Der Höchststeuersatz beliefe sich in Einzelfällen auf bis zu 75 Prozent, hieß es in der gestrigen Sitzung.

Der Vorschlag des Bundesrates wurde scharf kritisiert: „Der Bundesrat schießt über das Ziel hinaus, wenn er Dividenden- und Veräußerungsgewinne gleich stellt“, so Heinz-Jürgen Tischbein vom Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Denn die EuGH-Entscheidung, auf die der Bundesrat seinen Vorschlag stützt, bezieht sich ausschließlich auf Dividendengewinne. Dass der Bundesrat auch die für die Startup-Industrie relevanten Veräußerungsgewinne besteuern will, hat einen anderen Grund: mehr Steuereinnahmen.

Um die vom EuGH festgestellte Europarechtswidrigkeit zu beseitigen, schlugen die Experten eine Lösung nach dem österreichischen Modell vor. Dieses benachteiligt nicht Inländer – das würde der derzeitige Vorschlag des Bundesrates massiv tun – sondern stellt ausländische Anteilseigner gleich.

Danach wäre eine Erstattung der Kapitalertragssteuer an ausländische Anteilseigner möglich, wenn tatsächlich eine Benachteiligung entstanden ist. Dies würde nur in wenigen denkbaren Ausnahmefällen gelten, dann, wenn eine Anrechnung für ausländische Anteilseigner nicht möglich sein sollte.

Standpunkte der Gründerszene von Industrie gestützt

Auch wenn das Wort „Startups“ nur einmal während der vier Stunden langen Sitzung fiel, bekam die Industrie die Rückendeckung der Experten wie dem BDI, dem BVI und Ernst & Young. Denn der Vorschlag trifft ebenfalls Konzerne, Stiftungen steuerbefreite Pensionskassen und Kommunen. Doch wären Startups in besonderer Weise betroffen: Die vorgeschlagene Änderung des Bundesrates trifft Konzerne nur in Ausnahmefällen, für Startups stellt sie jedoch den absoluten Regelfall dar. Daher sind Initiativen der Startup-Szene extrem wichtig, um sich Gehör für die Interessen bei der Politik zu verschaffen.

Vor allem auch vor dem Hintergrund, dass die Einführung der Steuer gegen Unternehmertum noch lange nicht vom Tisch ist. Entgegen der Expertenempfehlungen ergriff Lorenz Jarass das Wort für die Steuer gegen das Unternehmertum und verwies unter anderem auf Steuerausfälle, die jedoch in der Sitzung nicht beziffert wurden.

Startup-Manifesto wird übergeben

Am kommenden Dienstag zwischen 14 und 15 Uhr wird das Startup-Manifesto übrigens in Berlin offiziell an die Bundesregierung übergeben – wer das Manifesto unterzeichnet hat und dabei sein will, schreibt eine Mail an redaktion@gruenderszene.de, Gründerszene kann wenige Plätze vergeben.

Bild: Deutscher Bundestag/ Katrin Neuhauser